Dieser britischen Sub-Kultur, die im Kult-Film „Quadrophenia“ verewigt ist, hat Nina Gerstenberger, Londoner Filmemacherin mit Kirchheimer Wurzeln, ihren neuesten Dokumentarfilm gewidmet, der nun auch auf DVD erhältlich ist. Er heißt „We are the Mods“.
Nina Gerstenberger, die in Kirchheim und Ötlingen aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, wanderte 2003 nach einer Ausbildung zur Erzieherin zunächst nach Wales aus. An Großbritannien hat es ihr besonders die Musik angetan, allen voran die Band Oasis. Durch Zufall entdeckte die Kirchheimerin, die selbst Musik macht, ihre Leidenschaft fürs Filmemachen. Sie absolvierte zunächst einen Bachelor in Newport und wurde anschließend an der renommierten London Film School angenommen, wo sie zur Drehbuchautorin ausgebildet wurde. Sie gründete ihre eigene Produktionsfirma „Live Forever Productions“, drehte kleinere Dokumentarfilme und arbeitet als Drehbuch-Beraterin für andere Produktionsfirmen. Ihr Lebensmittelpunkt ist Teddington, ein schnuckliger Vorort von London, eine halbe Stunde vom Zentrum entfernt.
Nina Gerstenbergers Filmhelden, seien es die Mods aus ihrem neuesten Film oder die Fußball-Fans in einem zurückliegenden Dokumentarfilm, haben eines gemeinsam: Sie sind Antitypen, Menschen, die sich dem Mainstream widersetzen, Klischees Lügen strafen, sich anders kleiden und andere Musik hören. Wer mag, kann daraus Rückschlüsse ziehen auf die Filmemacherin selbst. Vielleicht findet Nina Gerstenberger Subkulturen aber auch einfach spannender als die Masse, die täglich tausendfach geklont durch Londons Straßen hetzt, immer auf der Suche nach dem neuesten Trend. „Mods sind Individualisten, die sich nicht von kommerziellen Trends beeinflussen lassen“, so die Filmemacherin. „Das gefällt mir.“
In der Tat kleiden und stylen sich die Mods noch genauso wie vor 50 Jahren: maßgeschneiderte Anzüge und Hemden, Parkas und lange Koteletten für die Herren, Kleider, dramatische Lidstriche und Bob-Frisuren für die Damen. Das Fortbewegungsmittel der Wahl sind Roller, meist Vespas oder Lambrettas, die gerne auch für größere Distanzen genutzt werden. Auch der Musikgeschmack der Mods ist gleich geblieben: Ihre Helden sind Bands wie „The Who“ oder „The Small Faces.“
Die Verehrung der 60er-Jahre, auch das zeigt der Film, bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Mods Ewiggestrige wären, die den guten alten Zeiten nachtrauern und zum Aussterben verdammt sind. Zwar sagt ein jüngerer Mod, von denen es übrigens viele gibt, dass er gerne einmal eine Zeitreise in die 60er-Jahre unternehmen würde, um die „Small Faces“ live zu sehen. Und ein älterer Mod bedauert, dass sich die Musik von heute kaum noch voneinander unterscheidet. „Das war das Besondere an den 60ern“, sagt er. „Jeder hatte seinen eigenen Sound.“ Allerdings lässt der Film keinen Zweifel daran, dass es für die Mods auch im England des 21. Jahrhunderts eine Zukunft gibt. Junge Mod-Bands führen die Tradition weiter und halten sie mit ihrer Musik am Leben. Und eine 17-Jährige sagt selbstbewusst in die Kamera, sie wolle die erste junge Mod-Designerin Englands werden.
Für die Filmemacherin selbst sind ihre Filmhelden Freunde geworden. „Für mich bedeutet die Mod-Szene, gleichgesinnte Leute zu treffen, die einen erstklassigen Geschmack in Sachen Musik haben. Genauso wichtig ist mir, dass Mods eine eigene Meinung haben und vertreten“, sagt Nina Gerstenberger. Sie selbst würde sich nicht als Mod bezeichnen, da sie noch andere Musik hört und sich nicht konsequent ‚Mod‘ kleidet. „Aber den Individualitätsgedanken und die Liebe zur 60er-Jahre-Musik teile ich mit den Mods zu hundert Prozent.“