31 Personen beim Motorsägen-Grundlehrgang der Bissinger Feuerwehr und der BG
Sägen, Schein und scharfe Zähne

Der Wald am Dettinger Käppele hallt vom Dröhnen der Motorsägen. Helmut Reimchens fachgerecht abgesägte Buche verhakt sich im Fallen in den Ästen eines anderen Baumes. Ein „Hänger“, wie die Fachleute sagen. Und der muss weg. Für Spaziergänger, aber auch Waldarbeiter, wäre


der Baum viel zu gefährlich, bliebe er in Schräglage einige Tage so liegen.

Bruno Sauter aus Leutkirch, der die Gruppe, zu der Helmut Reimchen gehört, im praktischen Teil des Motorsägen-Grundlehrgangs anleitet, lässt den 60-jährigen Wernauer mit der Kettensäge einen keilförmigen Drehzapfen am Fuß des Buchenstammes heraussägen und greift dann zum Fällhebel mit der Eisenkralle. Damit dreht er den gefällten Baum von der Krone des im Weg stehenden Gehölzes. Mit einem satten Krachen knallt die Buche auf den nassen Waldboden.

Schon wieder was gelernt. Denn, was sich in der Theorie für die drei Frauen und 28 Männer, die den Motorsägen-„Führerschein“ erhalten wollen, so einfach anhört, ist in der Praxis draußen im Dettinger Forst schweißtreibende Arbeit.

Doch bevor überhaupt einer der Teilnehmer daran denken darf, einen gestandenen Baum „niederzumachen“, bemerken die Frauen und Männer im Schulungsraum der Freiwilligen Feuerwehr Bissingen rasch, dass Holz ernten eine Wissenschaft für sich ist. Dass dabei weder Frust noch Langeweile aufkommen, dafür sorgen am ersten Tag des zweitägigen Kurses Josef Klöble und Friedhelm Bossert von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Baden-Württemberg. Beide vermitteln kompetent und unterhaltsam die für die Wald- und Baumwiesenbesitzer sowie Brennholzkäufer wichtige Materie: Unfallverhütung, Aufbau und Funktionsweise der Motorsäge und die verschiedenen Fäll- und Entastungstechniken.

Morgens Theorie, nachmittags Praxis: In der Fahrzeughalle des Bis­singer Feuerwehrmagazins stehen die Teilnehmer des von Feuerwehrmann Klaus Bäuchle organisierten Lehrgangs an acht Tischen und nehmen ihre mitgebrachten Motorsägen auseinander. „Wartung und Pflege“ stehen auf dem Programm. Auf den Tischen liegen rote Filzstifte, Schieblehren, Feilenhalter und Universalschlüssel, und wer bislang noch nicht wusste, wo der Luftfilter in seiner Motorsäge sitzt, der wird nun fündig.

Auf Anleitung werden die Schneidezähne mit der zylindrischen Rundfeile und der Schärfhilfe parallel zum roten Schärfgitter geschliffen und die Länge der Zähne mit der Schieblehre überprüft. Mit Pressluft pusten die Frauen und Männer in den grauen Arbeitsklamotten den letzten Dreck aus ihrer Kettensäge und setzen die Teile, mit sich und der Welt zufrieden, wieder zu einem Ganzen zusammen, denn es passt, was zusammengehört.

Friedhelm Bossert weist vor allem darauf hin, dass seit Januar im zertifizierten Wald in den Tanks der Motorsägen nur noch Alkylat-Sonderkraftstoffe verwendet werden dürfen, da diese nahezu frei von gesundheitsgefährdenden Substanzen wie Benzol, Chlorkohlenwasserstoffen und Schwefel sind. Ebenso dürfen die Ketten nur noch mit Biokettenöl geschmiert werden. „Wenn‘s auf dem Waldboden nach dem Regen in allen Farben schillert, dann wurde das falsche Öl verwendet“, erkennt der BG-Mann seine Pappenheimer. Nachdem jeder seine Motorsäge in- und auswendig kennt, die Zähnchen schön scharf sind und jeder weiß, ob er eine Allround-, eine Hobby-, eine Universal- oder eine Fällsäge vor sich liegen hat, stehen die verschiedenen Schneide- und Fälltechniken mit dem Arbeitsgerät zunächst einmal nur im Hinterkopf: Schneiden mit ein- und auslaufender Kette, Stechschnitt, schneiden von Holz unter Spannung – Entlastungsschnitt in die Druckseite sowie Trennschnitt in die Zugseite. Doch am zweiten Kurstag wird‘s ernst. Um den Lehrgang mit 31 Teilnehmern auch in der Praxis sicher über die Bühne zu bringen, holt sich Friedhelm Bossert die Verstärkung seiner BG-Kollegen aus ganz Baden-Württemberg. Fünf Mann betreuen im Dettinger Wald die fünf Gruppen mit jeweils sechs beziehungsweise sieben Personen und leiten den in der Theorie gelernten „Regelablauf“ des Baumfällens an: Zuerst Baum und Umgebung beurteilen und die genaue Fällrichtung ins Auge fassen. Dann den sogenannten Rückweichplatz für alle, die mit der Fällung beschäftigt sind, bestimmen, die Fälltechnik festlegen, Rückweich- und Arbeitsplatz von Geäst und Unterholz befreien und danach erst mit dem Fällen beginnen.

„Wichtig dabei ist, sich durch einen Rundumblick zu vergewissern, dass sich keine Spaziergänger oder andere in der Gefahrenzone aufhalten“, sagt Bruno Sauter.

„Achtung“ hallt es nun laut durch den Wald, dann, nach dem Durchsägen des Haltebands, knackt‘s vernehmlich im Stamm. Während der Holzfäller rasch zum sicheren Rückweichplatz geht, beginnt sich der Baum zu neigen und kracht Sekunden später auf den Boden.

Der Mann im grünen Schutzanzug, mit den signalroten Streifen und dem orangeroten Helm mit Gehör- und Gesichtsschutz, schaut jetzt nach oben und beobachtet die Kronen der Nachbarbäume bis sie sich nicht mehr bewegen. Es könnten durch den Fall noch hängen gebliebene Äste nachkommen. Erst dann begibt sich der Holzfäller in spe zum am Boden liegenden Riesen und entastet ihn, wie in der Theorie gelernt, mit der Motorsäge.

Seit über zehn Jahren organisiert Klaus Bäuchle entweder im Frühjahr oder im Herbst gemeinsam mit der Landwirtschaftlichen BG, die seit Januar Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) heißt, Lehrgänge für jene, die den Motorsägenschein erwerben wollen. Und den benötigt, wer ein im Wald liegendes Flächenlos klein machen oder einen Polter an der Waldstraße zu Brennholz verarbeiten will. „Wer Bäume fällt, braucht ohnehin den Schein“, sagt Forstamtsleiter Felix Reining. „Wir verlangen Modul 1 und 2“. Das entspricht dem Motorsägen-Grundlehrgang, wie er in Bissingen und im Dettinger Revier von Förster Benjamin Fischer abgehalten wurde. Freilich, einen Kurs mit 31 Teilnehmern hatte Klaus Bäuchle noch nie zu managen. Das erfordert besondere Vorbereitung. Deshalb ist der Feuerwehrmann dem Vorstand der Floriansjünger und seinen Kollegen dankbar, dass sie ihn tatkräftig unterstützten, und die Männer von der Berufsgenossenschaft freuten sich über den reibungslosen Ablauf. In der Regel sitzen maximal 25 Frauen und Männer auf den Stühlen im Bissinger Feuerwehr-Schulungsraum. Die Kurse sind sehr gefragt, weiß Bäuchle. Nicht erst, seit der Schein Pflicht ist für jeden, der seinen Brennstoff aus dem Wald bezieht.