Dettingen. „Wenn du liebst, was du tust, wirst du nie wieder in deinem Leben arbeiten“ – diese Weisheit des Philosophen Konfuzius kann Albrecht Diez nur unterstreichen. Denn seine Arbeit, für die man viel Kreativität und Idealismus benötige, würde der Gärtnermeister nie gegen eine andere eintauschen. „Ich habe den schönsten Beruf, den es auf der Welt gibt“, schwärmt der 38-Jährige. Zwar handele es sich um einen „Kreativberuf“, bei dem man nicht reich werde, betont seine Ehefrau Evelyn Diez. „Aber ich würde ihn trotzdem jederzeit wieder lernen“, fügt die Floristmeisterin hinzu.
Die Liebe zu Blumen und Pflanzen wurde Evelyn und Albrecht Diez schon in die Wiege gelegt: Die 37-Jährige stammt aus einer Familie aus Weingarten, die auf eine über 100 Jahre alte Gärtnertradition zurückblicken kann. Beruflich trat sie in die Fußstapfen ihrer Eltern – ebenso Albrecht Diez, dessen Opa vor 75 Jahren das Dettinger Unternehmen „Blumen Diez“ gründete. Heute ist der 38-Jährige Inhaber des Geschäfts.
Albrecht Diez‘ Großvater Hermann eröffnete den Betrieb im Jahr 1936 an der Teckstraße 12 in Dettingen – allerdings ging das nicht ganz problemlos vonstatten. Denn seine Eltern hielten nichts davon, dass ihr Sohn als Gärtner seine Brötchen verdienen wollte. „Sie erlaubten es zunächst nicht und bestimmten, dass er einen ,richtigen Beruf‘ lernen soll“, erzählt Albrecht Diez. Deshalb absolvierte sein Großvater zunächst eine Lehre zum Mechaniker. Von seinem Weg ließ er sich dennoch nicht abbringen. „Er schloss eine Gärtnerlehre an und fügte später den Meister hinzu.“
Schwere Zeiten musste die Familie während des Zweiten Weltkriegs erleben: Hermann Diez wurde eingezogen und kam für viele Jahre in russische Gefangenschaft. Zu dieser Zeit führte Albrecht Diez‘ Großmutter Martha das Geschäft. „Sie kannte sich zwar mit Pflanzen aus, aber sie war eben keine Gärtnerin“, erklärt Albrecht Diez. Sein Großvater erteilte seiner Frau deshalb per Post Anweisungen. „Aber die Briefe kamen oft viel zu spät an.“
Die Familie Diez überstand diese Zeit – und so kam es, dass Albrecht Diez‘ Vater Manfred auch vom „Gärtnerfieber“ gepackte wurde. Im elterlichen Betrieb machte er eine Lehre, nach der Meisterprüfung übernahm er zusammen mit seiner Frau Gudrun in den 70er-Jahren das Geschäft. Das Ehepaar erweiterte den Betrieb, indem es die Glashausfläche verdoppelte und Freilandflächen hinzukaufte.
Für Albrecht Diez stand außer Frage, dass auch er in den Gärtnerberuf einsteigt. In Ludwigsburg absolvierte er eine Ausbildung, anschließend war er 15 Jahre lang „auf Wanderschaft“ unterwegs und in unterschiedlichen Betrieben in Baden-Württemberg tätig. Eines Tages landete er in Evelyn Diez‘ elterlichem Betrieb in Weingarten. Dort lernte er seine zukünftige Frau kennen, die in Esslingen und Friedrichshafen gelernt und anschließend ebenfalls einige Jahre in unterschiedlichen Unternehmen Erfahrungen gesammelt hatte. Die Meisterprüfung legte das Paar schließlich gemeinsam ab.
Übernommen hat Albrecht Diez das Geschäft im Januar 2002, vor dreieinhalb Jahren erfolgte der Umzug an die Teckstraße 32. „Dann haben wir komplett umstrukturiert“, erinnert sich der Firmeninhaber. So wandelte sich „Blumen Diez“ von einem Produktions- in einen Endverkaufsbetrieb. „Nur noch zu einem geringen Teil ziehen wir selbst Pflanzen. Denn wirtschaftlich gesehen lohnt sich die Produktion in unserer Betriebsgröße heute nicht mehr“, verdeutlicht der 38-Jährige. Zusammen mit seiner Frau erweiterte er das Angebot und setzt seither verstärkt auf Service, Dienstleistung und Beratung durch Fachkräfte. Genau das hebe „Blumen Diez“ von Discountern ab, unterstreicht der Unternehmer. „Uns zeichnet der persönliche Kontakt zu den Kunden und unser Sortiment aus. Denn im Gegensatz zu den Discountern bieten wir auch Raritäten an, wie zum Beispiel außergewöhnliche Orchideen- oder Kakteenarten.“
Bei „Blumen Diez“ finden alle Pflanzen- und Blumenliebhaber außerdem die neuesten Trends. So sind in diesem Sommer neben den Dauerbrennern – den Geranien – schwarz blühende Petunien angesagt. Aber auch sogenanntes Naschgemüse, das man in Balkonkübeln oder in Töpfen auf der Terrasse anbaut, liegt derzeit hoch im Kurs, hat Albrecht Diez festgestellt. „Viele haben keinen Garten, möchten aber trotzdem eigenes Gemüse wie Tomaten, Gurken und Paprika ernten“, weiß der Gärtnermeister. „Eine Renaissance erleben derzeit aber auch alte Pflanzen, zum Beispiel alte Rosensorten oder ,Oma-Pflanzen‘ wie die Buntnessel, die Drehfrucht, der Bogenhanf oder Aloevera“, fügt Evelyn Diez hinzu. Sie hat außerdem beobachtet, dass in den vergangenen Jahren die Gefäße und die Präsentation der Pflanzen einen immer größeren Raum einnehmen. Früher hätten sich die Töpfe und Dekorationen eher schlicht präsentiert, heute setze man auf besondere Vasen und natürliche Deko wie Zweige oder Moose.
In den vergangenen 75 Jahren erlebte das Dettinger Geschäft Höhen, aber auch so manche Tiefen: So machte dem Unternehmen zum Beispiel die Ölkrise in den 80er-Jahren zu schaffen. Ein besonders schlimmes Ereignis geschah im Januar 2010: Damals legte der eigene Lehrling Feuer im Aufenthaltsraum der Gärtnerei. „Wir mussten den Raum komplett sanieren. Es war sehr bitter und ein großer Vertrauensbruch“, erzählt Evelyn Diez. Nicht spurlos ging zudem die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise an „Blumen Diez“ vorüber. „Der Pro-Kopf-Umsatz sank deutlich. Aber jetzt geht es langsam wieder aufwärts“, betont Albrecht Diez. Schon im Advent habe man gespürt, dass sich die Leute wieder etwas Schönes gönnen wollen, sagt seine Frau. Sie fasziniert an ihrem Beruf besonders die Tatsache, dass man die Menschen von der Geburt bis über den Tod hinaus begleiten kann. „Wir erleben sozusagen die Familiengeschichten unserer Kunden mit. Das gibt es in keinem anderen Beruf.“
Ob die beiden Töchter des Ehepaars, die zwölf Jahre alte Leoni und die drei Jahre jüngerer Lara, ebenfalls eine Karriere im Gärtner- und Floristikbereich anstreben, steht noch nicht fest. „Sie haben Ambitionen“, verrät Evelyn Diez schmunzelnd. Denn schon jetzt helfen die Mädchen ab und an im Betrieb mit. „Aber sie sind frei und sollen ihre eigene Entscheidung treffen.“