Kreis Esslingen. „Mit einem möglichen Bußgeld komme ich auf Dauer günstiger weg als mit dem Kauf eines Parkscheins“: Mit dieser Einstellung lassen es immer mehr Verkehrsteilnehmer drauf ankommen. Die bisherigen fünf Euro Bußgeld sind zu gering und schrecken viele Autofahrer nicht ab, weshalb sie sich das Parkticket einfach sparen.
Das zumindest ist der Eindruck zahlreicher Kommunen, die diesem Verhalten nun einen Riegel vorschieben wollen: Zum 1. April ist geplant, das Bußgeld für alle, die keinen Parkschein gezogen oder kein Geld in die Parkuhr geworfen haben, auf zehn Euro zu verdoppeln. Darüber hinaus soll das Knöllchen zeitlich gestaffelt teurer werden: Wer die erlaubte Parkzeit um mehr als 30 Minuten überschreitet, soll künftig 15 Euro (bisher zehn) bezahlen; für mehr als eine Stunde sind 20 Euro (bisher 15) fällig; und ab drei Stunden sind 30 statt bisher 25 Euro zu berappen. Alle anderen Bußgelder für Parkverstöße bleiben vorerst wie gehabt (siehe Kasten).
„Die geplante Bußgelderhöhung ist sinnvoll. Ich stehe voll dahinter“, sagt Marcus Deger, Ordnungsamtsleiter der Stadt Kirchheim. Die teureren Strafzettel würden hoffentlich dazu führen, dass die Parksünder künftig die Regeln einhalten und auch verstärkt die öffentlichen Tiefgaragen in Kirchheim nutzen. Außerdem dürfe das Bußgeld grundsätzlich nicht niedriger sein als ein Parkticket. Deger glaubt nicht, dass sich die Stadt – sollte der Plan umgesetzt werden – über Mehreinnahmen aus Parkverstößen freuen kann. Die Einnahmen würden in Zukunft vermutlich sogar geringer ausfallen, da durch die Bußgelderhöhung weniger Verkehrsteilnehmer die Regeln umgehen. Bei der geplanten Änderung des Bußgeldes gehe es also keineswegs um höhere Einnahmen für die Kommunen, „sondern um Verkehrserziehung.“ Je höher das Bußgeld sei, desto größer sei die Akzeptanz bei den Verkehrsteilnehmern. Dem Ordnungsamtsleiter sind mit Blick auf Länder wie Österreich oder die Schweiz, die Parksünder mit wesentlich höheren Bußgeldern zur Kasse bitten, aber auch die vorgesehenen Erhöhungen noch zu gering. „Das Bußgeld kann nicht hoch genug sein.“
Auch Reimund Elbe, Pressesprecher des ADAC Württemberg, begrüßt die Pläne. „Grundsätzlich sieht es der ADAC zwar immer kritisch, wenn an der Bußgeldschraube gedreht wird. Aber bei diesem Thema sind wir einsichtig, denn es hat auch etwas Gutes.“ Ehrlichen Verkehrsteilnehmern gegenüber sei das Verhalten so mancher „Spezialisten“, die kein Parkticket ziehen, schlichtweg unfair. Es gehe – auch hinsichtlich der Tatsache, dass die Parkgebühren in vielen Städten „exorbitant hoch“ und Parkplätze ein knappes Gut seien – um das richtige Verhältnis zwischen Parkgebühr und Bußgeld, und dieses werde durch die Erhöhung hergestellt. Elbe gibt außerdem zu bedenken, dass das Bußgeld für Parksünder seit dem Jahr 1990 nicht mehr verändert worden sei. Eine höhere Strafe würde viele Verkehrsteilnehmer abschrecken, ist er überzeugt.
In der Teckstadt gibt es derzeit 5,5 Mitarbeiterstellen im Vollzugsdienst. Hinzu kommen drei Mitarbeiter, die zu 30 Prozent im Vollzugsdienst tätig sind und Parksünder aufspüren. „Seit dem Jahr 2008 wurden zwei Vollzeitkräfte eingestellt“, informiert Deger und betont: Seit dieser Personalaufstockung und durch Umstrukturierungen innerhalb des Amts seien mehr Streifengänge möglich. Und dies zeige Wirkung: „Seither gibt es weniger Verstöße. Die Menschen spüren, dass wir konsequent überwachen.“
Das Personal des Vollzugsdienstes sei regelmäßig werktags zwischen 7 und 19 Uhr und samstags zwischen 9 und 14 Uhr unterwegs. Dabei liege der Schwerpunkt der Kontrollen auf der Innenstadt. Darüber hinaus werde gelegentlich schon ab 6 Uhr oder auch bis Mitternacht kontrolliert, und bei größeren Veranstaltungen und Festen in der Stadt gebe es „Sonderdienste“– auch in Kooperation mit der Polizei. Die Verkehrsteilnehmer könnten sich also zu keiner Zeit in absoluter Sicherheit wiegen, warnt der Ordnungsamtsleiter.
Ob die Kontrolle der Parksünder für die Stadt ein lukratives Geschäft bedeutet, dazu wollte sich Deger nicht näher äußern. Nur so viel: In der Verlustzone bewege sich die Stadt hier nicht. Viel wichtiger sei es aber, die Verkehrsteilnehmer zu erziehen, betont er.
Laut Christine Riesener, Leiterin des Geschäftskreises Recht, Sicherheit und Ordnung der Stadt Kirchheim, lassen sich die jährlichen Einnahmen aus Parkverstößen aus technischen Gründen nicht exakt ermitteln. Die Einnahmen der Stadt aus allen Verkehrsordnungswidrigkeiten, also zum Beispiel auch aus Geschwindigkeitsverstößen, hätten im vergangenen Jahr rund 900 000 Euro betragen. Davon entfielen auf Parkverstöße schätzungsweise knapp 300 000 Euro, ergänzt Marcus Deger. Aus dem Verkauf von Parktickets nahm die Stadt im Jahr 2012 etwa 310 000 Euro ein, fügt Christine Riesener hinzu.
Die Zeiten für Parksünder jedenfalls werden zum Frühjahr hin aller Voraussicht nach schlechter. Stefan Ewert, Pressesprecher des Bundesverkehrsministeriums, zweifelt nicht daran, dass die Bußgelderhöhung kommt. Der Bundesrat werde sich in den nächsten Wochen mit dem Thema beschäftigen. „Große Änderungen sind dabei nicht zu erwarten.“