Kirchheim. Wenn es um Spielhallen geht, ist Kirchheim im Landkreis Esslingen Spitze. 14 Vergnügungsstätten haben sich inzwischen rund um den Alleenring angesiedelt, viele davon in den vergangenen fünf Jahren. Zum Vergleich: Plochingen hat eine Spielstätte, Esslingen zwei, in Filderstadt gibt es gar keine. Wettbüros sind nicht eingerechnet, davon gibt es in Kirchheim zwei.
Doch während die Stadt den Wettbüros einigermaßen hilflos gegenüber steht (siehe Infokasten), soll nun zumindest eine weitere Ausbreitung der Spielhallen verhindert werden – mit einer Vergnügungsstättenkonzeption. „Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben“, sagte Bürgermeister Günter Riemer auf Anfrage des Teckboten. Der Gemeinderat hatte sich Anfang des Jahres mit dem Thema befasst und die Verwaltung aufgefordert, den Wildwuchs zu stoppen.
Mit Hilfe des Gutachtens hofft der Bürgermeister, die Zahl der Spielhallen zu begrenzen. An eine Reduzierung ist indes nicht zu denken, denn die bestehenden Spielstätten genießen Bestandschutz. Günter Riemer findet nicht, dass die Stadt zu spät reagiert hat. „Wir wurden in Kirchheim regelrecht überfahren, so wie die Mehrheit der Städte“, so der Bürgermeister. Tatsächlich weisen auch Städte wie Ulm oder Geislingen eine extrem hohe Spielhallendichte auf. Anderen Kommunen wie zum Beispiel Esslingen ist es gelungen, die Zahl niedrig zu halten. „Da hatte eben jemand ein Auge darauf“, sagt Günter Riemer. „Damit brüsten sie sich ja auch zurecht.“
„Spielhallen sind legal und können deshalb im Stadtgebiet nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden“, sagt Dr. Donato Acocella, Geschäftsführer des Lörracher Büros für Stadt- und Regionalentwicklung, das von Kirchheim beauftragt worden ist und das bereits Städte wie Ludwigsburg und Göppingen beraten hat. Die Kommunen könnten jedoch städtebauliche Begründungen finden, um gewisse Standorte für Vergnügungsstätten wie Spielhallen oder Porno-Kinos sperren zu lassen. Das gehe aber nur mit Hilfe eines städtebaulichen Konzepts. Nur so seien Transparenz und Entscheidungsfairness gegenüber den Betreibern gewährleistet. „Moral und Geschmack sind bei allem Verständnis für solche Vorbehalte keine städtbaulichen Kriterien“, sagt Acocella.
Aber welche Gründe können der Ansiedlung einer Spielhalle entgegenstehen? „Wenn an Standorten so genannte Trading-Down-Effekte auftreten, kann das ein Argument sein“, sagt Acocella. Von „Trading-Down-Effekten“ spricht man dann, wenn ein bestimmtes Stadtgebiet oder ein Straßenzug durch die Ansiedlung erheblich abgewertet wird und deshalb beispielsweise Immobilienpreise verfallen oder ghettoähnliche Strukturen entstehen. Nutzungskonflikte könnten ein weiteres Argument sein. Die würden beispielsweise dann auftreten, wenn sich Bewohner durch die Spielhallen, die meist auch in der Nacht geöffnet sind, gestört fühlten.