Für den Michaelshof ist es das größte Bauprojekt seit drei Jahrzehnten: Die Erziehungshilfeeinrichtung in Hepsisau stockt ihr am Hang gelegenes Schulgebäude um eine Etage auf. Der Clou: Um den Blick ins Tal zu erhalten, entsteht über dem Neubau ein zehn Meter breiter Steg als Aussichtsplattform.
Seit Jahren steht fest, dass der Michaelshof neue Räume braucht. „Früher konnten wir das alte Fachwerkhaus noch uneingeschränkt nutzen“, berichtet Jens Binder-Frisch, Einrichtungsleiter des Michaelshofs. Dann jedoch wurden die oberen Stockwerke aus Brandschutzgründen stillgelegt. Lediglich die Küche, die die Wohngruppen mit Essen versorgt, ein Therapieraum und ein Besprechungszimmer sind noch im Erdgeschoss untergebracht. „Das Haus so umzubauen, dass es wieder alle Auflagen erfüllt, wäre einfach zu teuer“, so Binder-Frisch. Dazu kommt, dass der Saal neben dem Fachwerkhaus in Millimeterschritten hangabwärts rutscht. „Das heißt, irgendwann würden die beiden Gebäude einfach auseinanderreißen“, beschreibt er es.
Dem kommt der Michaelshof jetzt zuvor: Das Fachwerkhaus wird abgerissen. Dafür entsteht auf der Decke des bisherigen Schulgebäudes - bisher eine gepflasterte Fläche mit Brüstung und Oberlichtern - ein Neubau. Platz finden in ihm auf über 350 Quadratmetern künftig nicht nur Küche, Lagerräume und barrierefreie Sanitäranlagen. Geplant sind auch ein Lehrerzimmer, ein Raum für Elterngespräche und ein Mehrzweckraum. Nicht zuletzt wird es ein zusätzliches Klassenzimmer inklusive Nebenzimmer sowie einen PC-Raum geben.
„Es ist schon lange notwendig, dass wir unsere Schule auch baulich an die heutigen Gegebenheiten anpassen“, sagt Jörg Krull, der die Schule für Erziehungshilfe am Michaelshof leitet. Nach und nach modernisiert die Einrichtung deshalb ihre Klassenzimmer. Aber die bisherigen Räume reichen nicht aus für zeitgemäßen Unterricht in den Kleinklassen, in denen - unabhängig von Corona - Abstände und verschiedene Arbeitsbereiche gefragt sind. Einen Computerraum zum Beispiel hat es am Michaelshof bisher gar nicht gegeben, ebensowenig wie ein Lehrerzimmer mit Einzelarbeitsplätzen. Parallel zum Neubau werden übrigens auch die Räume im bestehenden Schulgebäude unter dem Neubau umgebaut und neu aufgeteilt. „Wir haben dann zwar kleinere, aber dafür mehr Zimmer“, erläutert Jörg Krull. Unter anderem befinden sich im unteren Geschoss derzeit die Holzwerkstatt und das Atelier.
Mehr Platz gibt es nach dem Abriss des Fachwerkhauses auch auf dem Schulhof auf der oberen Ebene. „Dort soll eine Bewegungsfläche entstehen, vermutlich mit einem Basketballkorb“, sagt Jens Binder-Frisch. Einen Nachteil bringt der Neubau trotzdem mit sich: „Der freie Blick ins Tal fällt weg.“ Damit Schüler und Mitarbeiter auch in Zukunft das Panorama genießen können, hat sich der Trägerverein gemeinsam mit dem Weilheimer Architekten Andreas Schober eine ganz außergewöhnliche Lösung überlegt. „Wir bauen einen zehn Meter breiten und 25 Meter langen Steg“, verrät Jens Binder-Frisch. Er schwebt sozusagen über dem begrünten Flachdach des Neubaus und dient als Aussichtsplattform.
Günstig wird der Umbau nicht. „Ohne Abrisskosten kommen wir auf 1,8 Millionen Euro“, so der Einrichtungsleiter. Finanziert wird das Projekt vom Trägerverein Michaelshof Ziegelhütte, in dem Jens-Binder-Frisch einer von drei gleichberechtigten Vorständen ist. „Dafür mussten wir jetzt auch 30 Jahre sparen“, verdeutlicht er, welch ein Kraftakt die Schulerweiterung für den Träger ist. Lediglich auf einen Zuschuss des Regierungspräsidiums für das Besprechungszimmer kann er hoffen.
Wenn sich Jens Binder-Frisch einen Zeitpunkt für den Baubeginn wünschen könnte, dann wäre es der 29. September dieses Jahres, dem Michaelistag. Da wird nicht nicht nur der Namenspatron der Einrichtung gefeiert, sondern es findet - wenn alles glatt läuft - auch der Festakt anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Michaelshofs statt. „Das funktioniert aber nur, wenn bis dahin die Baugenehmigung vorliegt“, so Binder-Frisch. Bei gut einem Jahr Bauzeit könnte der neue Schultrakt dann schon Ende 2022 fertig sein.