Iris Häfner
Kirchheim/Notzingen. „Bei uns in Notzingen sind die Lärmgrenzwerte deutlich überschritten“, teilte Notzingens Bürgermeister Jochen Flogaus dem Gemeinderat mit. Schon seit Jahren bemüht sich die Bodenbachgemeinde, den Fernschwerlastverkehr aus dem Ort zu verbannen, bislang allerdings ohne Erfolg. Der Grenzwert liegt bei 60 Dezibel, in Notzingen wurden 65 Dezibel gemessen. Zu diesem Ergebnis kam ein Gutachten, das die Grundlage bildete, um in den Genuss von Fördergeldern für Schallschutzfenster an der Kirchheimer und Hochdorfer Straße zu kommen.
Um auf den gesetzlichen Grenzwert zu kommen, schlägt das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde vor. „Das bringt uns wegen der Topogra
fie aber nichts“, stellte Jochen Flogaus klar. Bekanntlich liegt Notzingen in einer Talsenke, weshalb die Lkws in der teilweise recht engen Ortsdurchfahrt dicht an den Häusern die Anhöhe erklimmen müssen. „Wir und die Stadt Kirchheim als Untere Verkehrsbehörde pochen daher weiterhin auf ein Lkw-Fahrverbot“, so der Schultes. Dieses Verbot soll nur den Fernverkehr fernhalten, nicht davon betroffen sind ortsansässige Firmen und Lkws mit Notzingen als Ziel.
Doch nicht nur die Bodenbachgemeinde ist von Lkws lärmgeplagt. Auch Kirchheim, Wernau, Wendlingen und Hochdorf wollen den durchfahrenden Schwerverkehr aus ihren Orten verbannen. Ginge es nach ihren Wünschen, würden so schnell als möglich auf der L 1201 von Kirchheim nach Notzingen, der L 1200 zwischen Kirchheim und Wendlingen und der L 1207 von Kircheim nach Wernau keine Lkws über 7,5 Tonnen mehr fahren. Dieses gemeinsame Vorgehen soll verhindern, dass die Brummifahrer in die Nachbarkommunen ausweichen. Außerdem steht den Fernfahrern rund um diese Kommunen ein gut ausgebautes Netz an Schnellstraßen zur Verfügung – neben der Autobahn sind es die Bundesstraßen 10 und 313.
„Das RP hat die Hürden für ein Lkw-Fahrverbot aber recht hoch gesetzt“, erklärt Marcus Deger, Leiter des Kirchheimer Ordnungsamts. Er hat ein ausführliches Schreiben an die Behörde verfasst, um den Forderungen von Kirchheim und Notzingen Nachdruck zu verleihen. Für Wernau, Wendlingen und Hochdorf ist das Landratsamt in dieser Sache tätig. Die fünf Kommunen müssen nun anhand eines Gutachtens nachweisen, dass kein Verlagerungsverkehr, beispielsweise in den Landkreis Göppingen, stattfinden wird.
„Jede einzelne Kommune muss Zahlen vorlegen, die in einem Lärmaktionsplan dargestellt sind“, erklärt Peter Zaar, Sprecher beim Regierungspräsidium Stuttgart. Die Behörde geht gerne Schritt für Schritt vor. „Das Gebot lautet: Zunächst ist das mildere Mittel, sprich der schwächere Eingriff zu favorisieren. Dies wäre in diesem Fall eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde“, so der Pressesprecher. Das RP prüfe sämtliche Möglichkeiten, nicht nur die Maximalforderung der Gemeinden, denn nicht automatisch würde sich der Verkehr auf die größeren Verbindungswege wie Autobahnen oder mehrspurige Straßen verlegen. „Wir achten darauf, dass es kein Sankt-Florians-Prinzip gibt“, so Peter Zaar. Außerdem sollen Zahlen zeigen, wie stark der Durchgangsverkehr tatsächlich ist. „Ein Verbot bringt überhaupt nichts, wenn der Ziel- und Quellverkehr 90 Prozent beträgt – überspitzt formuliert“, führt der Sprecher aus. Nicht selten liege das gefühlte und tatsächliche Verkehrsaufkommen weit auseinander.
Es müssten viele Fragen geklärt sein, ehe das RP zu einer endgültigen Entscheidung kommt. „Jeder wird bei uns gleich behandelt. Es gibt Lärmgrenzwerte, die für alle gelten – es gilt gleiches Recht für alle“, verspricht der Pressesprecher. Welche Maßnahmen letztendlich ergriffen werden, hängt vom Einzelfall ab. Eine schnelle Lösung wird es vermutlich nicht geben, die Behörde prüft die gesamte Palette. Dazu zählt beispielsweise passiver Lärmschutz mit Schallschutzfenstern, wie es ihn in Notzingen schon gibt, oder die Geschwindigkeitsbegrenzung. „Es gilt, sich langsam voranzuarbeiten und keinen Aktionismus zu betreiben. Wir brauchen harte Fakten“, sagt Peter Zaar.