Lichtverschmutzung - das klingt paradox, ist aber ganz real. Das Umweltzentrum Neckar-Fils nimmt mit dem Jahresprojekt „Das geheime Leben der Tiere bei Nacht“ dieses bisher wenig beachtete Umweltthema in den Fokus. Den Auftakt macht eine Ausstellung des Projekts Sternenpark Schwäbische Alb.
Nacht ist, wenn es dunkel ist, das weiß jedes Kind. Wahr ist das schon lange nicht mehr: Nicht nur in den Ballungsräumen wird es niemals richtig dunkel. Die Lichtglocken strahlen problemlos 100 Kilometer ins Land hinaus, mit Auswirkungen auf die Tierwelt. Ihr Tag-Nacht-Rhythmus kommt durcheinander, nachtaktiven Tieren fehlt ihre „Nachtlandschaft“. Auch Zugvögel fliegen überwiegend bei Nacht. Und es mache wenig Sinn, „Blühwiesen zu schaffen für Insekten, die nächtens dann im Lichtermeer der Laternen verglühen“, sagte Matthias Weigert vom Umweltzentrum. So gesehen knüpft das Projekt nahtlos an den „Blühenden Landkreis Esslingen“ an. Dessen Amtsleiter für Bauen und Naturschutz, Stefan Blank, signalisierte in seinem Grußwort, dass man sich der Problematik bewusst sei.
Der Landkreis will deshalb gemeinsam mit dem Umweltzentrum ein Seminar für kommunale Mitarbeiter anbieten, bei dem die Beleuchtung im öffentlichen Raum angesprochen wird. Denn bei deren Erneuerung, oft auch mithilfe von Förderprogrammen, wird der Aspekt Lichtverschmutzung häufig nicht beachtet. Im Gegenteil, oft entscheide man angesichts der energiesparsameren LED-Beleuchtung, ein bisschen mehr Licht zu machen, sagte Matthias Engel vom „Sternenpark Schwäbische Alb“. Das Projekt klärt auf, möchte die Lichtemissionen verringern und den natürlichen Nachthimmel auf der Alb erhalten.
Engel erläuterte konkret, wie eine umweltfreundliche Außenbeleuchtung aussieht, im Gegensatz zu herkömmlichen Kugelleuchten, Pilzleuchten oder schräg ausgerichteten Straßenlaternen. Diese verursachen jede Menge Streulicht zur Seite oder sogar nach oben. Stattdessen sollte man abgeschirmte Leuchten verwenden, die genau den gewünschten Bereich ausleuchten. Auch die Lichtfarbe spielt eine Rolle, bläuliches Licht ist besonders schädlich für Tiere, gelbes oder rötliches besser. Insgesamt gilt es, „das Leuchtniveau tief zu halten“. Auch die Norm für Straßenbeleuchtung sei kein Gesetz, betonte Engel, und Nachtabschaltungen durchaus erlaubt. „Einfach mal abschalten“ gilt auch im Privatbereich, wo zunehmend Solarlampen in Gärten leuchten und Bewegungsmelderlichter die halbe Nachbarschaft gleich mit erleuchten.
All dies kann man in der Ausstellung im Umweltzentrum mit ihren zwölf Informationstafeln anschaulich nachlesen. Ergänzt wird sie durch großformatige Fotografien von Till Credner, ebenfalls einer der Gründer des Sternenpark-Projekts. Der Physiker hat lange im Bereich Astronomie gearbeitet und zeigt beeindruckende Fotos, ausnahmslos in der Nacht aufgenommen. Lange Belichtungszeiten machen sichtbar, wie Lichtkegel, die öffentliche Gebäude beleuchten, zu einem großen Teil an diesen vorbei in den Himmel streuen. Firmen, Tankstellen, Kirchen, extrem helle Straßen und Gewerbegebiete werfen Licht in die Landschaft, teilweise schon im Bereich des Biosphärengebiets Schwäbische Alb. „Das ist eigentlich nicht mehr erlaubt“, so Credner. Selbst auf der Höhe der Alb komme Strahlung aus dem Tal an und blende teilweise sogar beim Fotografieren. Auf den Bildern sieht man Orte, die in einer hellen, verschwimmenden Lichtpfütze baden und weit abstrahlen; stehen Wolken über ihnen, wird das Licht zurückgeworfen und damit noch verstärkt.
Einmal die Milchstraße sehen
Der Himmel habe zwar eine ihm eigene Grundhelligkeit, erklärte Credner, aber bei Bewölkung werde es normalerweise richtig dunkel. Das gebe es „in Deutschland gar nicht mehr“ - nicht mal am Sternen-Beobachtungsplatz, den das Projekt am ehemaligen Truppenübungsplatz in Zainingen eingerichtet hat. Immerhin erlaube das neue Naturschutzgesetz Baden-Württemberg Fassadenbeleuchtung von öffentlichen Gebäuden nur noch bis 22 Uhr „und in der Vogelzugzeit gar nicht mehr“. Ob das immer eingehalten wird, ist eine andere Frage.
Constanze Hapke-Amann zählte als Stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Plochingen einige Beispiele auf, wo die Stadt bei der Umrüstung auf LED insektenfreundliche Leuchten angebracht habe. Aber es gebe noch an vielen Stellen Handlungsbedarf, beispielsweise in der Marktstraße. Sie wünschte der Ausstellung viele Besucher, denn wenn Bewusstsein da ist, kann mit einfachen Mitteln vieles verbessert werden. Dann wäre vielleicht auch wieder häufiger die Milchstraße sichtbar, die viele Menschen noch nie wahrgenommen haben.