Steingau-Quartier
So wenig Autos wie möglich auf der Straße

Parkkonzept Motorisierte Fahrzeuge sollen im Steingau-Quartier in den Tiefgaragen verschwinden oder nebenan am Nanz-Center abgestellt werden. Von Andreas Volz

Parkkonzepte in Neubaugebieten bringen Besucher und Anwohner oftmals zur Verzweiflung: Parkflächen auf öffentlicher Straße sind häufig Mangelware. Mitunter ist das sogar gewollt. So gibt es nach Fertigstellung des gesamten Steingau-Quartiers gerade mal öffentliche Plätze für neun Autos, berichtet Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer. Er hält das für einen großen Vorteil, wenn es um die Aufenthaltsqualität im Quartier geht: „Wenn sich das rumspricht, fahren die Leute gleich gar nicht rein. Es gibt da ja auch keine Durchgangsstraßen.“

Für die Bewohner selbst gebe es immerhin mehr Tiefgaragen-Stellplätze, als der Bebauungsplan für das Steingau-Quartier vorschreibt: „Der Plan geht von einem einzigen Stellplatz pro Wohnung aus. Tatsächlich aber sind es circa 390 Stellplätze in den Tiefgaragen – für etwa 350 Wohneinheiten.“ Dass die Stellplätze in Tiefgaragen untergebracht sind, ist Teil des Konzepts: „Da gab es beim Bebauungsplan längere Diskussionen. Die einen haben Parkplätze gefordert statt freier Plätze im Quartier, und die anderen haben gesagt, da darf überhaupt kein Auto reinfahren.“

Häuser rücken enger zusammen

Innerhalb dieser Bandbreite war also ein Kompromiss zu finden. Letztlich fiel dieser eher in Richtung „Autoverbot“ aus, auch wenn Autos unter bestimmten Bedingungen zugelassen sind. „Wir haben gesagt, der Grund und Boden im Steingau-Quartier ist so wertvoll, dass eine Nutzung für Parkplätze sehr unwirtschaftlich ist.“ Wenn keine Autos auf den Straßen stehen, können die Häuser auch näher zusammenrücken. Für Günter Riemer ist auch das ein Merkmal des modernen Städtebaus. Stadtplanung sei nicht mehr denkbar, ohne zugleich Mobilitätskonzepte zu berücksichtigen.

Trotzdem räumt der Bürgermeister ein: „Die ÖPNV-Förderung gelingt bisher nicht so richtig gut.“ Handicaps bei Bussen seien hohe Kosten, fehlendes Personal, Fragen des richtigen Antriebs. Hinzu kommen Erfahrungen aus Günter Riemers Berufsleben: „Im Zweifelsfall will keiner eine Bushaltestelle vor der Haustür.“

Kurze Wege lassen sich ohne Auto zurücklegen

Deshalb setze die Stadt Kirchheim beim Steingau-Quartier vor allem auf kurze Wege: „Das ist ein Motiv, das uns bewegt: Wer es nicht weit hat zur Arbeit oder zum Einkaufen, der kann auf das Auto auch häufig verzichten.“ Die Lage des ehemaligen EZA-Geländes sei dafür geradezu ideal, sagt Günter Riemer und zählt alle Vorteile auf: „Zu Fuß sind es vielleicht fünf Minuten bis zum Bahnhof, fünf Minuten zur nächstgelegenen Grundschule und zen Minuten zu den weiterführenden Schulen. Die attraktive Innenstadt sei auch nicht weiter entfernt. Und ein großes Einkaufszentrum schließe direkt nördlich ans Quartier an.

Diesem Einkaufszentrum – dem Nanz-Center – kommt auch beim Parkkonzept eine wichtige Rolle zu: Vorausgesetzt, dass alle Anwohner ihre Tiefgaragenstellplätze nutzen, beschränkt sich die Parkplatzsuche auf Besucher. Diese wiederum sind vor allem in den Abendstunden oder an Sonn- und Feiertagen vor Ort, also eher dann, wenn das Einkaufszentrum geschlossen hat. Die ebenerdige Parkfläche steht zu dieser Zeit 24 Stunden pro Tag zur Verfügung, einerseits kostenpflichtig, andererseits aber auch vergleichsweise kostengünstig.

Für manche ist das aber dennoch keine Alternative: für Handwerker etwa oder für Mitarbeiter von Pflegediensten. In diesem Fall verweist Günter Riemer auf Handwerkerparkausweise. „Und Pflegediensten gestehen wir ein kürzeres Parken durchaus zu.“ Ansonsten aber wolle die Stadt jetzt gezielt gegen „wildes Parken“ von Anwohnern und Besuchern vorgehen. „Wo das vorkommt, müssen wir es konsequent ahnden. Schließlich sollen dort keine Wildwestzustände einreißen – und sich schon gar nicht verfestigen.“

Letzteres gilt sicher auch für jedes andere Wohngebiet in Kirchheim. Günter Riemer möchte deswegen nicht ausschließen, dass Kirchheim in bestimmten Gebieten ein Anwohnerparken einführen könnte. Trotzdem betont er, dass Staat oder Kommune niemandem das „richtige“ Mobilitätsverhalten vorschreiben könnten. Um beispielsweise den Bus oder das Fahrrad attraktiver werden zu lassen, seien die Wege zu verbessern – Radwege ebenso wie die Wege zu den Bushaltestellen. Beleuchtung sei dabei ein wichtiger Aspekt, gerade auch für das Sicherheitsgefühl.