Kirchheim. „In den vergangenen vier Jahren wurde viel Geld eingeworben, und viele Menschen konnten für das Projekt begeistert werden“, freut sich Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker über das „Leuchtturmprojekt“. 170 000 Euro wurden seither weitergegeben an Kinder – eine Investition in die Zukunft und in das soziale Gefüge der Stadt. Während anfangs ein warmes Essen in geselliger Runde im Vordergrund stand, geht es heute mehr um Teilhabe an Bildung und somit am gesellschaftlichen Leben generell.
Christine Marin von „Starkes Kirchheim“ nennt ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit: „Musik trägt zur Bildung bei“, erläutert sie und verweist darauf, dass dank regelmäßiger Unterstützung einer Firma aus Schlierbach, deren Chef die legendäre Trommelgruppe der Raunerschule erlebt hatte, nun 13 Kindern die Teilnahme am Musikprofil der Raunerschule ermöglicht wird. Andere Kinder erhalten Unterstützung für Unterricht der Jugendmusikschule, wieder andere Nachhilfe oder einen Zuschuss für die Klassenfahrt. „Bedingung“ ist der Besitz eines Stadtpasses.
Hinter der Solidaritätsbewegung „Starkes Kirchheim“ steht ein engagierter Aktionskreis, der sich monatlich trifft. „Jeder bringt sein Netzwerk mit“, erläutert Sozialamtsleiter Roland Böhringer, weshalb schnell und unkompliziert Hilfe organisiert werden kann. Durch Weitersagen kommen Helfer und Hilfsbedürftige unbürokratisch zusammen, denn: „Solidarität ist ansteckend.“
„Wir können verlässlich arbeiten“, nennt Christine Marin einen weiteren Vorteil: egal, wer in Berlin oder Stuttgart regiert. – Das „Starkes Kirchheim“-Team geht seinen Weg. Das liegt auch an der finanziellen Unabhängigkeit, die zum einen die Startspende garantiert, zum anderen aber auch die anhaltende Spendenbereitschaft zahlreicher Firmen, Institutionen und Privatfirmen, die es ermöglichen, den Grundstock bislang weitgehend unangetastet zu lassen: 188 000 Euro wurden von 2009 bis 2012 eingenommen, dem stehen Ausgaben in Höhe von 171 000 Euro gegenüber, wobei jeder Cent weitergegeben wird.
Bis 2011 bestand der Löwenanteil in der Förderung des Mensa-Essens. Dann trat das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes in Kraft. Jetzt werden in Kirchheim noch Stadtpass-Kinder jenseits der Hartz IV-Grenze aus dem hiesigen Fonds unterstützt. Im Jahr 2012 nahmen Kursermäßigungen den größten Anteil ein, gefolgt von Nachhilfeprojekten, Individualhilfen und Einschulungspauschalen. Die individuelle Hilfe, zu der der Kreis dank guter Vernetzung in der Lage ist, steht im Vordergrund. „Wir wollen einzelne Kinder fördern, nicht Projekte, vernetzen aber gerne die Projekte“, bringt es Willi Kamphausen vom Aktivenkreis auf den Punkt.
Ein Dauerbrenner ist das Schulfrühstück. Seit wenigen Tagen gibt es an jeder Grund- oder Hauptschule in Kirchheim Frühstück, zwar nicht täglich, aber regelmäßig. „Es geht hier um mehr als ums Essen, es geht darum, in Empfang genommen zu werden“, erläutert Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker. Auch Kinder, die keinen Hunger haben, setzen sich gern dazu in die Runde von Mitschülern und Lehrern. „Lebensraum Schule“ nennt Willi Kamphausen das, was da durch den Impuls Schulfrühstück gefördert wird.
Die Erfahrung, wie wichtig Gespräche sind, haben viele Helfer schon gemacht. Christine Marin erzählt das Beispiel eines etwas übergewichtigen Jungen, der sich seit geraumer Zeit mit einer Mitarbeiterin zum Walken trifft. Längst geht es dabei nicht nur um Sport, sondern um wichtigere Fragen wie zum Beispiel „Was ziehe ich an zur Prüfung? Welcher Beruf ist richtig für mich?“ und Ähnliches. Nachdem die beiden bereits ein Jahr lang regelmäßig gemeinsam die Waldwege unsicher gemacht hatten, erklärte der Junge: „Ich gehe jetzt nicht mehr zur Schulpsychologin, ich habe ja Sie!“ – „Was will man mehr?“ fragt Christine Marin.
Natürlich ist der Aktivenkreis jederzeit offen für Spenden und neue Ideen. So will beispielsweise ein Optiker Stadtpass-Kinder mit Brillen versorgen. Am 2. Juni steigt wieder das Benefizradrennen, bei dem jedermann gern gesehen ist. Bereits jetzt am Sonntag, 17. März, findet um 14.30 Uhr in der Stadthalle eine Aufführung der Kleinen Hexe statt. Die Veranstaltung ist zugunsten von „Starkes Kirchheim“, Stadtpass-Kinder erhalten außerdem bis heute um 12 Uhr eine kostenlose Eintrittskarte im Haus der Sozialen Dienste.
Wer mehr wissen möchte, kann sich unter www.starkes-kirchheim.de informieren.