Bissingen. Ist‘s Kunst am Bau, gar eine Beuyssche Sozialplastik? Der geheimnisvolle Plastikeimer unter der Pultdachdecke im großen Sitzungssaal des neun Jahre alten, modernen Bissinger Rathauses sieht vielversprechend aus. Die künstlerische Installation will es, dass die weiße Decke über dem Wasserkübel leicht geöffnet ist. Fehlt nur noch im Raum ein kleines Messingtäfelchen, das Werk und Künstler nennt. Damit wäre jedwede Spekulation beendet, noch bevor sie begonnen hätte.
Bissingens junger Bürgermeister ist nicht nur sportlich, sondern auch kunstsinnig. Doch spekulativ ist er ganz sicher nicht unterwegs. Und für eine nachträgliche Kunstinstallation würde er angesichts klammer Kassen kein Geld ausgeben. Daher lautet für Marcel Musolf das Motto nicht „Kunst im Sitzungssaal“. Er stellt sich eher die Frage: „Planungsfehler oder Pfusch am Bau?“. Denn der Plastikkübel à la Joseph Beuys entpuppt sich schlicht als Auffangbehältnis für Wasser, das aus den Löchern der Akustikdecke tropft. Deshalb bleibt auch der Ratssitz unter dem Eimer vakant.
Das Phänomen freilich ist nicht neu. Die Decke „weinte“ bereits 2009 auf die Gemeinderäte herab. Es wurde, aus welchen Gründen auch immer, wohl nicht ernst genommen. Erst nach dem Bürgermeisterwechsel machte der Neue das Getropfe zur Chefsache. Die Gemeinde lässt nun die Ursache von einem Gutachter erkunden und „alles genauestens untersuchen“. Im Anschluss an das Beweissicherungsverfahren, das während der Sanierung läuft, wird es um die „rechtliche Würdigung“ gehen. Sprich, wer ist schuld? Und wer bezahlt den Schaden?
Ist dies geklärt, dann werden Gemeinderatssitzungen wieder ohne den Blick nach schräg oben über die Bühne gehen und „Kunstinstallationen“ werden wieder dort zu finden sein, wo sie ihren Ursprung hatten – im Putzraum.rum