Lenningen. Trotz dichtem Nebel und Nieselregen fand das natur- und erdgeschichtlich interessierte Publikum den Weg nach Schopfloch. Dr. Wolfgang Wohnhas, Leiter des Naturschutzzentrums, freute sich, dass Besucher aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern zum Geopark-Fest gekommen waren und die Chance nutzten, mehr über die Entstehungsgeschichte der Schwäbischen Alb zu erfahren.
Thomas Reumann erklärte, dass der Geopark Schwäbische Alb seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Die Veranstaltung leiste einen Beitrag dazu, dass sich Kinder und Erwachsene stärker mit geologischen Themen beschäftigen und ein Bewusstsein für die Kulturlandschaft vor ihrer Haustüre entwickeln, ergänzte der Reutlinger Landrat und Vorsitzende des Geoparks Schwäbische Alb. Matthias Berg vom Landratsamt Esslingen führte aus, dass das vierte Geopark-Fest mit dem Naturschutzzentrum und dem nicht weit entfernten Randecker Maar, einem ehemaligen Vulkanschlot, einen Standort gefunden hat, der Besuchern eindrucksvoll die Vielfalt erdgeschichtlicher Phänomene und Entwicklungen vor Augen führt.
Das Gebiet ist laut Matthias Berg sogar so bedeutsam, dass es von der Akademie für Geowissenschaften zu Hannover 2006 als einer von 77 Nationalen Geotopen Deutschlands ausgezeichnet worden ist. Insgesamt gebe es auf der Schwäbischen Alb sieben Nationale Geotope. Umso mehr freute sich der stellvertretende Landrat, dass mit dem Geopark-Fest diese Bedeutung nochmals unterstrichen werde.
Alexander Wörner, einer von 23 Ausstellern, die gestern im Naturschutzzentrum vertreten waren, vermittelte den Besuchern Einblicke in die Jagd mit Pfeil und Bogen. Kinder und Erwachsene erfuhren, wie die Steinzeitmenschen aus Flintsteinen Pfeilspitzen herstellten. Mit Birkenpech, das durch das Erhitzen von Birkenrinden gewonnen wurde, befestigten die Steinzeitmenschen die Spitzen am Pfeil. Der gelernte Kaufmann erklärte auch, wie vor tausenden von Jahren Baumstämme mit Steinwerkzeugen bearbeitet wurden, um aus ihnen einen Flachbogen herzustellen, mit dem Tiere in einer Entfernung von bis zu 180 Metern erlegt werden konnten. „Für die Bogensehne verwendeten die Steinzeitmenschen unter anderem Rückensehnen von Tieren“, erzählte Wörner. „Allerdings vertrugen die ein nasskaltes Wetter nicht sonderlich gut, denn die Feuchtigkeit führte dazu, dass die Sehnen sich verlängerten und ihre Spannkraft verloren.“
Am Stand des Industrieverbandes Steine und Erden erhielten die Besucher Einblicke in die Erd- und Gesteinsgeschichte. Hauptgeschäftsführer Thomas Beißwenger erklärte, wie sich durch die Kontinentaldrift vor rund 300 bis 150 Millionen Jahren unsere heutigen Kontinente bildeten und wie durch den Zusammenprall der Kontinentalschollen Faltengebirge, wie beispielsweise die Vogesen, entstanden. Insbesondere Lehrer interessierten sich für den Geokoffer des Industrieverbandes Steine und Erden. Er enthält neben unterschiedlichen Gesteinen zahlreiche Unterrichtsmaterialien wie Filme und Powerpoint-Präsentationen, die Schülern die Entstehung von Sedimentgesteinen, magmatischen Gesteinen und metamorphen Gesteinen lebendig nahe bringt.
Zahlreiche Besucher nutzten auch die Gelegenheit, an einer der Steinbruchführungen des Naturschutzzentrums teilzunehmen. Wolfgang Wohnhas und seine Kollegen berichteten, dass es auf dem rund drei Hektar großen Gelände unterschiedliche Biotope wie Wald, Büsche und Felsen gibt. Diese bieten dem Leiter des Naturschutzzentrums zufolge unterschiedlichsten Pflanzen und Tierarten eine Heimat. „Demzufolge gibt es im Steinbruch eine große Biodiversität“, sagte Wohnhas. „Zaun- und Bergeidechsen finden sich hier ebenso wie Füchse und verschiedene Schmetterlingsarten.“ Die Landschaftspflege in dem von Menschenhand geschaffenen Biotop werde seit zehn Jahren mit Ziegen bewerkstelligt. „Auf diese Weise erhält der Steinbruch genügend Sonne, sodass wärmeliebende Pflanzen wie Steinbrecher- und Mauerpfefferarten in ihm wachsen können“, sagte der Biologe.
Langweilig wurde es den Besuchern beim Geopark-Fest jedenfalls nicht. Kinder und Erwachsene konnten sich hinter das Steuer eines Minibaggers setzen, Jurafango kneten, mit Hammer und Meißel im Ölschiefer nach Fossilien suchen, Schneckensand sieben oder sich über Wandertouren auf der Schwäbischen Alb informieren.