Kein Kirchheimer Spargel mehr – Geplanter Mindestlohn macht Spargelanbauern zu schaffen
Spargelernte so früh wie lange nicht

Spargelfans können sich freuen: Der milde Winter und das warme, trockene Frühjahr sorgen heuer für eine sehr frühe Ernte. Auch in Kirchheim und Umgebung ist das edle Gemüse aus der Region schon zu haben.

Kreis Esslingen. Am 16. März begann bei der Firma Henzler die Spargelernte – so früh wie noch nie. „Seit zehn Jahren bauen wir jetzt Spargel an, und in dieser Zeit hat es das noch nicht gegeben“, sagt Guido Henzler, Betriebsleiter des Unternehmens, das rund um Kirchheim zahlreiche Verkaufsstände betreibt und auch auf dem Wochenmarkt der Teckstadt Spargel und Erdbeeren anbietet.

Die Spargelernte läuft bei der Firma Henzler derzeit auf Hochtouren. „Dieses Jahr sind wir zwei, drei Wochen früher dran als in normalen Jahren“, ergänzt der Betriebsleiter und erinnert sich an die Spargelsaison 2013: Damals habe die Ernte nach dem wettermäßig recht ungemütlichen Frühjahr erst am 16. April begonnen. „Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Lage um 100 Prozent gedreht.“ Auch die Erdbeeren sind heuer viel früher reif als sonst: Die Mitarbeiter der Firma Henzler beginnen dieser Tage damit, die süßen Früchte zu pflücken. „Meine Eltern bauen seit 1964 Erdbeeren an. Seither hat die Ernte noch nie so früh angefangen.“

Guido Henzler geht davon aus, bis zum Ende der Spargelsaison am 24. Juni das Gemüse durchgehend anbieten zu können. Damit dies klappt, werden die späten Sorten nicht mit schwarzer, sondern weißer Folie abgedeckt, erklärt er. So könne die Ernte der späten Spargelsorten hinausgezögert werden. Der Hintergrund: Die schwarze Folie zieht die Wärme eher an als die weiße. Je nach Bedarf kann das Wachstum so abgebremst oder angekurbelt werden.

Zu den Preisen sagt der Betriebsleiter, dass diese zum Saisonbeginn generell etwas höher seien. Im Lauf der Zeit würden sie abfallen. „Es kann aber sein, dass die Preise dieses Jahr hinten raus wieder anziehen“, prophezeit Henzler. Denn durch den frühen Saisonbeginn könne die Ernte auf dem einen oder anderen Spargelfeld schon Mitte bis Ende Mai zurückgehen – das Angebot werde also geringer, was sich auf die Preise auswirkt.

Spargel wird übrigens nicht jedes Jahr neu gepflanzt. Denn bei dem Gemüse handelt es sich um eine Dauerkultur, die über mehrere Jahre Ertrag bringt, erklärt der Experte. „70 Prozent erntet man ab. Den Rest muss man der Pflanze lassen, sonst gefährdet man die Ernte des nächsten Jahres.“ Ein neues Spargelfeld benötige drei Jahre, bis es erntefähig ist; je nach Sorte muss es dann nach sieben bis zehn Jahren gerodet werden. Die Spargelfelder der Firma Henzler bei der Hahnweide haben dieses Alter mittlerweile erreicht. Deshalb gibt es schon seit der vergangenen Saison keinen Kirchheimer Spargel mehr. Stattdessen wachsen auf den acht Hektar großen Anlagen Speisekürbisse. Wann die Mitarbeiter der Firma Henzler dort wieder Spargel anbauen, ist noch unklar, sagt der Betriebsleiter. Ein paar Jahre müsse man den Feldern Zeit geben. Doch die Nürtinger Firma hat genügend andere Möglichkeiten: Das Gemüse wächst auf Anlagen in Raidwangen, Neckarhausen und Denkendorf.

Was Guido Henzler derzeit viel mehr zu schaffen macht, ist der von der Bundesregierung geplante Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Dieser soll nächstes Jahr kommen – und auch für die Saisonarbeiter in der Landwirtschaft gelten. „Darüber sind wir nicht gerade erfreut“, sagt Henzler. Etwa 200 Saisonarbeitskräfte beschäftigt die Firma momentan. Die Menschen kommen aus Rumänien, Polen und Kroatien. Die Arbeiter bleiben sechs oder acht Wochen, „dann kommt die nächste Gruppe“. Für ihre Arbeit erhalten die Erntehelfer sieben Euro netto pro Stunde, informiert Henzler weiter.

Wird der Mindestlohn eingeführt, „müssen wir schauen, wie wir die Arbeitsabläufe optimieren können“. Außerdem könne man durch frühere Rodungen von Spargelanlagen und mehr Neupflanzungen eine höhere Ertragssicherheit erreichen. Die Kostensteigerung durch den Mindestlohn werde sich nicht auf die Preise für Spargel auswirken, glaubt Henzler: „Es gibt genügend Ware. Wenn einer nicht liefert, dann liefert der andere.“

Generell findet der Betriebsleiter, dass man Saisonarbeitskräfte – was den Mindestlohn anbelangt – anders behandeln sollte als Arbeitnehmer, die das ganze Jahr über in Deutschland beschäftigt sind. Natürlich sollten die Erntehelfer gerecht entlohnt werden und so viel verdienen, dass sie im nächsten Jahr gerne wiederkommen. „Daran sind wir ja selbst interessiert“, betont Henzler. Doch 8,50 Euro seien schlichtweg zu hoch.

Deshalb hätte sich der Betriebsleiter eine Mindestlohn-Ausnahmegenehmigung für Saisonarbeiter gewünscht. „Wir sind froh, dass wir ausländische Saisonarbeitskräfte haben. Sonst könnten Betriebe wie wir nicht mehr existieren.“