Kirchheim. Dass Erbfeinde tatsächlich Freunde werden können, ist seit 50 Jahren in Kirchheim gelebte Realität. Ob damit neben deutsch-französischen Sprach- tatsächlich auch
Humorgrenzen überwunden werden konnten, muss sich weisen.
Für die Aussöhnung zweier sich vorbehaltlos anerkennender Länder kann es eigentlich keinen besseren Lackmus-Test geben als die harte Konfrontation mit in ausgewählten Karikaturen eingefangenen humoristischen Kommentaren. Mit einer bis Dienstag, 30. April, währenden Ausstellung im Kirchheimer Rathaus kann das überprüft werden, denn dort sind 50 Karikaturen von deutschen und französischen Meistern ihres Fachs versammelt.
Zu den üblichen Öffnungszeiten ist eine handverlesene Auswahl provozierender und vielleicht auch polarisierender Karikaturen zugänglich. Die angesagte Reise in die Vergangenheit gewährt dabei interessante Einblicke in eine lange und beispielhaft gute Freundschaft, die nach jeder Wahl mit dem zur Tradition gewordenen Ritual eines als erste ernsthafte Amtshandlung vollzogenen sofortigen Besuch bekräftigt wird.
Die interessante Ausstellung gibt aber zugleich auch Aufschluss darüber, welch große Gegensätze überwunden werden mussten, konnten oder auch noch zu überwinden sind. Sie vermittelt zudem, dass auch nach 50 Jahren mustergültiger Eintracht immer wieder Überraschungen und unerwartete Herausforderungen für das gute Verhältnis drohen.
Was gewesen wäre, wenn tatsächlich Dominik Strauss-Kahn Präsidentschaftskandidat geworden wäre und sich nicht schon selbst vorab absolut diskreditiert hätte, ist eine der süffisant aber zeichnerisch unbarmherzig auf den Punkt gebrachten Fragen im jahrzehntelangen Überblick über die noch immer aktiv am Leben gehaltenen Annäherungsversuche des „gallischen Hahns“ und des „teutonischen Adlers“.
Von Charles de Gaulles behutsamer Annäherung an die Jugend bis hin zu „DSKs“ fiktiver „Verfolgungsjagd“ reicht das Spektrum spöttischer Betrachtungen, das auch das heikle Thema verstärkter rechtsradikaler Strömungen nicht ausklammert. Bei aller Offenheit im Umgang miteinander überwiegt aber die Hochachtung, die auch die hier versammelten herausragenden Karikaturisten ihrem Nachbarland und den dort lebenden Menschen entgegenbringen.
Dass sich nicht mehr viele der Besucher an die ersten Schritte der neu erwachsenden Partnerschaft erinnern konnten, verwundert nicht.
Karl-Heinz Rieforth, der von Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker bei ihrer Begrüßung im großen Sitzungssaal des Kirchheimer Rathauses als „tragende Säule“ und „treibende Kraft der Partnerschaft“ als offizieller Zeitzeuge genannt wurde, beleuchtete die Anfangszeit der Kirchheim mit Rambouillet verbindenden Städtepartnerschaft und entdeckte auch verschiedene andere Zeitzeugen im Publikum. Zu ihnen gehörte auch Ulrich Ehmer, der vor 50 Jahren zusammen mit vielen anderen jungen Leuten die Arbeitsgemeinschaft junger Europäer gegründet hatte.
Gastgeberin Angelika Matt-Heidecker dankte abschließend Anjrej Mouline für die gelungene, Emotionen weckende musikalische Begleitung und wünschte der Ausstellung „möglichst viele Besucher.“