Kirchheim. Von einer „guten wirtschaftlichen Situation in unserem Lande“ sprach Angelika Matt-Heidecker im Gemeinderat. „Aber trotz der sehr guten finanziellen Lage haben wir schwierige Zeiten vor uns“, sagte die Oberbürgermeisterin, bevor sie zur Erläuterung des Zahlenwerks das Wort an Stadtkämmerer Herbert Sedlaczek-Kohl übergab. Sie wies darauf hin, dass es sich um den letzten Finanzzwischenbericht des Kämmerers handle, weil er kurz vor seiner Pensionierung steht.
Herbert Sedlaczek-Kohl wiederum betonte, dass der Jahresabschluss für 2013, mit dem er begann, nur ein vorläufiger sein könne, weil die Eröffnungsbilanz noch nicht ganz fertiggestellt sei. An der Tatsache, dass nach seiner Aussage „Konjunktur und Steuereinnahmen sprudeln“, dürfte die Eröffnungsbilanz allerdings nicht viel ändern. Deshalb kann die Stadt Kirchheim für das vergangene Jahr eine stattliche Summe an Mehreinnahmen verbuchen. Allein bei der Gewerbesteuer, dem Einkommensteueranteil und den Schlüsselzuweisungen gibt es bereits einen Überschuss von knapp zwei Millionen Euro. Hinzu kommen Einsparungen bei den Ausgaben, die sich bereits bei den Punkten „Sachkosten“ und „Personalkosten“ auf 2,5 Millionen Euro summieren. Unterm Strich ergibt sich jedenfalls ein Überschuss von 8,4 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt. Der Schuldenstand im Kämmereihaushalt ist 2013 durch die planmäßige Tilgung gesunken – von 6,92 auf 6,24 Millionen Euro.
Der Finanzzwischenbericht für 2014 sieht nicht mehr ganz so positiv aus: Nach der Mai-Steuerschätzung kann die Stadt zwar mit Mehreinnahmen in Höhe von 583 000 Euro rechnen. Allerdings sind auch geringere Einnahmen bei der Kleinkindförderung und bei den Bußgeldern zu erwarten sowie höhere Ausgaben durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Alles in allem erhöht sich der Defizit-Betrag für 2014 dadurch von 880 000 auf 1,4 Millionen Euro.
Kämmerers Fazit: „Wir haben keine großen Spielräume für 2014 und werden auch nicht mehr die riesigen Sprünge nach oben haben.“ Der Schuldenstand habe sich zwar seit 2000 „stark nach unten entwickelt“. Aber ab 2015 sei der Neueinstieg in die Verschuldung geplant, die bis 2017 wieder auf rund 16,5 Millionen Euro steigen soll. Die Schulden seien notwendig „für große Investitionen, die alle ihren guten Grund haben“.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Aeugle sieht ein ordentliches Plus, auch wenn das Haushaltsjahr 2014 nicht ganz so gut ausfalle wie das Jahr 2013. Auch rechnet er damit, dass die Steuereinnahmen nicht so hoch bleiben werden. Trotzdem stellte er fest: „Wir können die Investitionen der nächsten Jahre auf einer soliden finanziellen Basis angehen.“
Dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Dr. Thilo Rose, zeigt das prognostizierte Defizit für 2014, „dass wir auf die Ausgaben schauen müssen, auch auf die laufenden Ausgaben“. In Kirchheim gebe es einerseits viele exportorientierte Unternehmen und andererseits nur wenige Unternehmen, denen die hohen Gewerbesteuereinnahmen zu verdanken sind. Somit sei die Stadt nicht nur von der allgemeinen Konjunktur abhängig, sondern auch vom Gedeihen einzelner Unternehmen. „Übermut im Ausgabeverhalten der Stadt“ sei deshalb auf gar keinen Fall angebracht.
Dr. Silvia Oberhauser, die Fraktionsvorsitzende der Frauenliste, ist stolz darauf, daran mitgewirkt zu haben, dass die Stadt trotz hoher Investitionen in die Infrastruktur einen historisch niedrigen Schuldenstand hat. Für die Zukunft sieht sie auch im Mangel eine Chance und stellt rückblickend fest: „Wir mussten immer abwägen und konnten nie aus dem Vollen schöpfen.“
Bernhard Most, der Vorsitzende der FDP/KiBü-Fraktion, bezeichnete in seiner letzten Sitzung als Kirchheimer Gemeinderatsmitglied das Gewerbe als „Keimzelle des finanziellen Erfolgs“. Deshalb müsse die Stadt das vorhandene Gewerbe pflegen und zugleich neue Gewerbebetriebe ansiedeln. Das Defizit im städtischen Haushalt für 2014 sei dagegen relativ gering, denn Bernhard Most hätte eigentlich geglaubt, dass das Erwirtschaften der Abschreibungen viel schwieriger wird. Trotzdem mahnte auch er dazu, weiterhin vorsichtig zu sein und nicht übermütig zu werden.
Andreas Schwarz (Grüne) freute sich über eine gute finanzielle Lage der Stadt: Die Steuereinnahmen seien so hoch und der Schuldenstand im Kämmereihaushalt so niedrig wie nie. Aber auch erkennt bei der Gewerbesteuer „eine gewisse Abhängigkeit der Stadt von einigen wenigen Betrieben“. Obwohl die Stadt vorsichtig sein müsse, kann Andreas Schwarz „keinen Übermut im Ausgabeverhalten feststellen“. Wenn Geld in den Raunercampus oder in die Ganztagsbetreuung investiert werde, dann handle es sich dabei jeweils um „wichtige Prioritäten“.
Ralf Gerber legte für die Freien Wähler einen Finger in die Wunde: „Selbst in Hoch-Zeiten schaffen wir es nicht, ein positives Ergebnis für 2014 zu erwirtschaften.“ Nach wie vor gebe es in Kirchheim einen Sanierungsstau. Außerdem wünschte er sich einen Bericht der Stadtverwaltung, worauf der Einnahmeausfall beim Ordnungsamt zurückzuführen sei.
Katja Seybold (CIK) stellte fest: „Wir haben vieles richtig gemacht und sind weiterhin auf einem guten Weg.“ Was die laufenden Ausgaben betrifft, forderte sie, „das auszugeben, was notwendig ist, um den sozialen Frieden in der Stadt zu erhalten“.
Abschließend goss die Oberbürgermeisterin Wasser in den Wein, indem sie bemerkte, dass der niedrige Schuldenstand vor allem auf die Neckarwerksaktien zurückzuführen sei: „So etwas haben wir nicht mehr, das kommt nicht wieder.“ Was aber den steigenden Schuldenstand betrifft, versprach sie dem Gemeinderat: „Wir werden daran arbeiten und Ihnen die Zahlen so nicht zumuten.“