Kirchheim

Abgeordnete aller Parteien rechnen mit Donald Trump ab

Amtswechsel Die hiesigen Bundestagsabgeordneten setzen auf eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten Biden – und auf einen friedlichen Mittwoch. Von Andreas Volz

Bilder, die sich morgen so nicht wiederholen sollen: der Sturm von Trump-Anhängern aufs Kapitol in Washington.Foto: Getty Images
Bilder, die sich morgen so nicht wiederholen sollen: der Sturm von Trump-Anhängern aufs Kapitol in Washington. Foto: Getty Images/AFP
Michael Hennrich
Michael Hennrich. Foto: pr

Trump ist abgehakt - zumindest bei den hiesigen Bundestagsabgeordneten. Beim Kapitel Trump geht es jetzt allenfalls noch darum, dass es am Mittwoch bei der Amtseinführung von Joe Biden möglichst gewaltfrei zu Ende gehen sollte.

Nils Schmid
Nils Schmid. Foto: pr

„Aus dem Gegeneinander unter Trump sollte wieder ein Miteinander werden“, sagt Michael Hennrich (CDU), der im Wahlkreis Nürtingen das Direktmandat innehat. Er setzt auf Biden, wenn es um den Klimaschutz geht, aber auch um die Handelsbeziehungen der westlichen Welt mit dem asiatischen Raum unter der Federführung Chinas: „Da müssen wir in Europa wieder gemeinsam mit den USA an einem Strang ziehen.“

An Trumps Präsidentschaft kann Hennrich „eigentlich nichts Gutes finden“. Was bleibe, sei der Sturm aufs Kapitol am 6. Januar: „Biden steht da vor einer gewaltigen innenpolitischen Aufgabe, die tiefe Spaltung zu überwinden. Ich hoffe, dass Trump nun beruhigend auf seine Anhänger einwirkt. Es ist ja unglaublich, dass man zu einer Amtseinführung die Nationalgarde zusammenziehen muss.“

Matthias Gastel
Matthias Gastel. Foto: pr

Nils ­Schmid (SPD) hofft ebenfalls auf einen störungsfreien Verlauf der Amtseinführung Joe Bidens am morgigen Mittwoch. Als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion und Obmann im Auswärtigen Ausschuss erwartet er vom neuen US-Präsidenten, „dass er uns Europäer als Freunde betrachtet - und nicht als Gegner, wie es Trump getan hat“. Außerdem freut sich Nils Schmid darüber, dass Joe Biden bereits angekündigt hat, zu internationalen Abkommen und Organisatoren zurückzukehren wie zum Iran-Atom-Abkommen, zum Klimaschutzabkommen von Paris oder zur Weltgesundheitsorganisation. „Er wird von Europa sicher auch fordern, gemeinsam gegenüber China zu handeln.“

Erst einmal werde Biden allerdings innenpolitische Akzente setzen: „Er muss sich um ­Corona kümmern, ums Impfen ebenso wie um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.“ Andere innenpolitische Aufgaben seien die Folgen der vergangenen vier Jahre: „Trump hat ja - wie mit einer Abrissbirne - die amerikanischen Institutionen und die Verfassung schwer beschädigt.“

Renata Alt
Renata Alt. Foto: pr

Der Grünen-Abgeordnete Matthias Gastel erwartet zunächst ebenfalls, „dass es am Mittwoch friedlich zugeht“. Die republikanische Partei müsse sich endlich zum Wahlausgang bekennen und den Wahlsieg Joe Bidens akzeptieren.

Vom neuen Präsidenten erwartet Gastel, dass es beim Klima­schutz wieder vorangeht und dass sich die Beziehungen zwischen den USA und Europa verbessern: „Ich erwarte mir mehr Verbindlichkeit und auch mehr Verständnis für die Situation und die Bedürfnisse anderer Staaten.“

Trump habe von Anfang an „auf Demagogie, Lügen und Polarisierungen gesetzt“, was zur Spaltung der Gesellschaft führte. „Er hat damit unglaublich viel Porzellan zerschlagen, in den USA wie auf internationalem Parkett.“ Deswegen habe Biden jetzt viel Arbeit im eigenen Land vor sich, denn: „In jedem Land ist Vertrauen das Kapital der Politik.“ Den Sturm aufs Kapitol will Gastel nur teilweise mit den Ereignissen von Berlin im August vergleichen: „Bei uns ist es eine Oppositionspartei, die Misstrauen gegen Parlamente sät, aber kein Staats- oder Regierungschef.“

Dass die Nationalgarde zu vielen Tausenden anrücken muss, um die Amtseinführung Bidens gegen die Anhänger Trumps abzusichern, macht Renata Alt (FDP) zunächst sprachlos. „Es zeigt aber auch, wie wachsam die Behörden sind. Eine Eskalation wie am 6. Januar darf sich auf gar keinen Fall wieder­holen. Es ist wichtig, dass aus dem Sturm aufs Kapitol die richtigen Lehren gezogen werden.“

Joe Biden lasse auf eine berechenbare US-Politik hoffen, meint Renata Alt, die ebenfalls Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags ist. Gewisse Bereiche würden sich aber nicht ändern: „Auch Joe Biden erwartet, dass die NATO-Mitglieder ihr Verteidigungsbudget erhöhen. Er wird auch den Rückzug aus Afghanistan fortführen. Das bedeutet, dass auch Deutschland seine Soldaten aus Afghanistan abziehen wird.“

Trotz einer Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus werde Biden „nicht ohne Hindernisse durchregieren“ können. Immerhin hofft Renata Alt, dass genügend republikanische Senatoren für eine nachträgliche Amtsenthebung Trumps stimmen.

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