Lokale Wirtschaft

„Akutpatienten kommen schnell dran“

*

Norbert Methke - Ärzte-Oberchef im Land
Norbert Methke - Ärzte-Oberchef im Land

Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) – keine einfache Sache angesichts einer

Irene Strifler

alternden und immer kränker werdenden Gesellschaft, hohem Anspruchsdenken sowie einer sinkenden Zahl an Ärzten. Doch Dr. Norbert Metke, Vorsitzender der KV Baden-Württemberg, zeigt sich beim Teckboten-Gespräch zuversichtlich: „Es wird immer eine Versorgung geben“, beugt er Ängsten vor. Zwar beklagten sich bei der KV immer wieder Bürger über lange Wartezeiten auf Termine bei Fachärzten. Notfälle und Akutpatienten jedoch würden immer umgehend versorgt.

Tatsache ist, dass in der medizinischen Versorgung alte Zöpfe abgeschnitten werden müssen. Sinnvolle Reformen sind gefragt. Ein Musterbeispiel wie bei weniger personellem Einsatz sogar eine bessere Versorgung der Bevölkerung erreicht werden kann, ist für Metke das Notfallpraxissystem im Kreis Esslingen. War zunächst die Notfallpraxis Kirchheim eine der ersten in Deutschland, konnten durch den Zusammenschluss mehrerer Notfallpraxen mehrere Vorteile geschaffen werden. Die Bevölkerung weiß, dass immer ein Arzt vor Ort ist. Die Ärzte wiederum haben, wenn sie für den Dienst eingeteilt sind, zwar viel zu tun. Dafür sind sie höchst selten dran. Früher dagegen teilten sie sich die nächtliche Versorgung jeweils mit nur einer Handvoll Kollegen.

Notfallpraxen sind demnächst überall im Ländle Pflicht. Widerstand regt sich an zwei Orten, darunter Göppingen. Der Ärger der Medizinier betrifft die Finanzierung. Tatsächlich werden sie nämlich zur Finanzierung mit herangezogen - allerdings in ausgesprochen geringem Maße.

Die Versorgung mit Ärzten auf dem Land bleibt ein schwieriges Thema. „Da müssen neue Arbeitszeitmodelle her“, ist die Erkenntnis von Metke, der selbst viele Jahre eine orthopädische Praxis in Stuttgart betrieben hat. Sein Traum: Vier Ärzte teilen sich einen Sitz. Das bedeutet eine volle Stelle für die Bevölkerung, und die Doktoren können miteinander ausklamüsern, wer wann da ist. Besonders Frauen komme dies entgegen, weiß Metke. Sie sind längst in der Überzahl unter den Medizinern, schrecken aber oft vor der Niederlassung zurück. Hauptgrund ist die Furcht, Beruf und Familie nicht unter einen Hut zu bringen. Dieses Problem dürfte langfristig wie in anderen Berufen auch in den Griff zu kriegen sein.

Alles in allem stellt der KV-Vorsitzende dem Gesundheitssystem beste Noten aus: „Wir haben eine große soziale Ruhe im Land, das kommt nicht zuletzt von der guten Grundversorgung“, ist Metke überzeugt. Die will er nicht durch Experimente gefährdet sehen. Zum Vorwurf der Zwei-Klassen-Medizin blickt er nach England: „Ausgerechnet in einem Land, in dem es offiziell keine Zwei-Klassen-Medizin gibt, gibt es die meisten Privatärzte“, warnt er.

Was Metke sich ebenso wie Gesundheitspolitiker Michael Hennrich (CDU) wünscht, wäre jedoch mehr Wettbewerb unter den Kassen. Der Spielraum heute betreffe nur relativ unwichtige Leistungen wie zum Beispiel reisemedizinische Impfungen: „Wie wollen wieder kassenindividuelle Verträge“, kritisiert Metke den Zwang zur Vereinheitlichung, der auch für den Versicherten kein Vorteil sei.

Für die Ärzte wurden in jüngerer Vergangenheit einige Verbesserungen erzielt, die die Niederlassungsbereitschaft fördern sollen und somit auch den Patienten zugute kommen. So ist das Risiko für den Arzt deutlich minimiert worden, für Verschreibungen in Regress genommen zu werden. Auch ist die Residenzpflicht aufgehoben, das bedeutet, dass der Arzt nicht am Ort seiner Praxis wohnen muss und überdies auch eine Zweigstelle eröffnen kann, die beispielsweise einmal wöchentlich betrieben wird.

Was bleibt, ist der Wunsch nach Teilzeit. „Wir müssen zahlenmäßig vielleicht nicht mit weniger Ärzte auskommen, aber mit deutlich weniger Zeit pro Arzt“, macht Metke klar. Nichtsdestotrotz scheint der Arztberuf zufrieden zu machen. Metke verweist auf eine aktuelle Umfrage, wonach sich über 70 Prozent der Ärzte zufrieden mit ihrer Arbeit zeigen.