Kirchheim

Alles ist Klavier

Kabarett Der Klavierkabarettist Armin Fischer zeigt in der Kirchheimer Bastion sein Können und sein Programm „Freude schöner Weihnachtstrubel“. Von Ulrich Staehle

Sein Schal, seine Hosenträger, selbst seine Socken – alles trägt das schwarz-weiße Muster von Klaviertasten. Wenn er ein großes Weihnachtsgeschenk auspackt und auf dem Boden aufrollt, kommen überdimensionale Klaviertasten zum Vorschein, ein kleines Geschenk entpuppt sich als winzige Harmonika mit schwarz-weißen Tasten.

Kein Liedersingen à la Rieu

Der Mann scheint mit Klaviertasten auf die Welt gekommen zu sein. Es ist Armin Fischer, Gast in der Bastion mit seinem Klavierkabarett unter dem Motto „Freude schöner Weihnachtstrubel“. Schon das Motto verrät: in der Bastion findet kein Weihnachtsliedersingen à la André Rieu statt, sondern es werden die Weihnachtsstimmung und der Kaufrausch kritisch hinterfragt.

Das geschieht bei Armin Fischer aber nicht mit erhobenem Zeigefinger oder beißender Ironie, sondern mit Witz und Können. Als studierter klassischer Pianist und ausgebildeter Popmusiker hat er viele Möglichkeiten, auf die er musikalisch zurückgreifen kann, um seine Kritik am Weihnachtsrummel vorzubringen. Er spielt, wenn es geboten ist, mit nur einer Hand, als wären es zwei, er spielt im Stehen, er spielt mit dem Rücken zum Klavier. Er hüpft Weihnachtslieder auf den erwähnten großen Bodentasten, er bearbeitet mit flinken Fingern die Harmonika. Daneben plaudert er noch.

Mit dieser Fülle an Möglichkeiten und seinem virtuosen Können entlockt Fischer den Tasten musikalische Zitate. Ein im Nu aufgerichteter künstlicher Weihnachtsbaum weist die Richtung: er sucht und findet in populären klassischen wie modernen Musikstücken Motive von Weihnachtsliedern, zum Beispiel in einem Klavierkonzert von Tschaikowski oder in einer Klaviersonate von Mozart. Tatsächlich sind sie da. Oder hat er sie hineingeschmuggelt?

Weihnachten – ein Albtraum?

Dass Weihnachten auch ein Albtraum sein kann, wird in einigen Liedern direkt angesprochen. In ihnen ist vom Geschenkzwang, unwillkommenen Verwandten und Geschenken die Rede. Doch der kritische Zugriff auf Weihnachtsrituale geschieht so, dass die Zuhörer schmunzeln oder schallend lachen.

Weihnachten als einziges Thema wäre auf die Dauer eintönig. Fischer wählt als Leitfaden der Programmabfolge seinen eigenen Werdegang. Das gibt ihm Gelegenheit, von seiner Tätigkeit als Barpianist auf großen Kreuzfahrtschiffen zu erzählen und musikalisch zu zitieren. Er hat sich gefühlt wie Sam im Film Casablanca. Wie gut passt der „klassische“ Song „As time goes by“ in die Bastion, in der jede Weihnachten der Filmklassiker gezeigt wird! Fischer kommt bei allen möglichen Komponisten und bekannten musikalischen Themen vorbei und macht dabei überraschende Entdeckungen. Relativ breit gerät eine köstliche Opernparodie mit dem gespreizten Opernstil und dem banalen Text. Hier kann Fischer auch noch seine stimmlichen und schauspielerischen Fähigkeiten vorführen. Als Dessert gibt es noch einen weiteren Leckerbissen: er erfüllt musikalische Wünsche des Publikums.

Nach einer Klatschorgie am Ende des reichhaltigen Abends verließen die Zuhörer die Bastion voller Staunen über das Multitalent eines Kleinkünstlers aus Ost-Westfalen.