Dass Kirchheim eine „Fahrradfreundliche Kommune“ ist, hat die Teckstadt seit 2012 schriftlich. Und geht es nach Bürgermeister Günter Riemer, soll sich für Fahrradfahrer in naher Zukunft noch einiges tun. So soll es zum Beispiel mehr Stellplätze im Bereich der Stadtbibliothek oder an der Dettinger Straße geben. Beim Thema Sicherheit setzt er künftig weiter auf Radschutzstreifen. Die werden „sehr gut angenommen“, so Riemer. Auch in der Hindenburg- und der Alleenstraße sollen solche Streifen kommen.
Derweil appelliert er an die Radler für den Bereich der Fußgängerzone, „einen vernünftigen Umgang“ zu pflegen. Denn hier müssen Radfahrer im unteren Bereich der Max-Eyth-Straße zwischen Postplatz und Alleenstraße „Schrittgeschwindigkeit“ fahren, ab der Bücherei Richtung Rathaus und dann zum Roßmarkt zwischen 8 und 19 Uhr ihr Fahrrad sogar schieben. Nur hält sich da nicht jeder dran.
Das liegt unter anderem daran, dass die Bereiche fließend ineinander übergehen und nicht ganz einfach zu erkennen sind. „Man müsste den Schilderwald ausdünnen“, sagt Dieter Hutt von der Kirchheimer Initiative „Fahr-Rad“. Gerade die Auswärtigen wüssten oft nicht, wie sie fahren müssen. Und er fügt hinzu: „Schritt-Tempo ist doch quatsch, das kann keiner einhalten. Es geht einfach um eine angepasste Geschwindigkeit.“
Bei einer Recherche vor Ort fahren am Vormittag zwei Radfahrer aus Niedersachsen auf Höhe der Volksbank durch die Marktstraße - was eigentlich verboten ist. „Wir haben uns in der Stadt verfahren“, sagt Manfred Klein, einer der beiden „Täter“. Die Beschilderung hält er für ausbaufähig, aber dass er nicht wie vorgeschrieben sein Rad geschoben hat, findet er nicht so schlimm. „Wenn Platz ist, kann man langsam fahren“, meint er. Man müsse eben Rücksicht nehmen. Die Kirchheimerin Andrea Helmer-Denzel hält sich dagegen in der Fußgängerzone grundsätzlich an das „Schiebe-Gebot“. „Wenn es frei ist, finde ich es auch o.k., zu fahren. Aber es gibt eben auch viele Unfälle, gerade mit Älteren“, sagt sie.
„Viele fahren zu schnell“
Das bestätigt auch Karl-Michael Bantlin, Vorsitzender vom City Ring, der Interessenvertretung des Kirchheimer Handels. „Wenn es leer ist, fahre ich auch auf dem Fahrrad. Aber viele fahren viel zu schnell“, befindet er. Speziell auf dem unteren Teil der Max-Eyth-Straße, wo „Schrittgeschwindigkeit“ angesagt ist. „Es wundert mich, dass da noch nichts passiert ist“, sagt er. Er selbst sei schon zwei Mal beim Überqueren der Straße fast angefahren worden.
Das Problem ist auch Fahrradaktivist Dieter Hutt bewusst. Deshalb steht er im engen Austausch mit der städtischen Verkehrskomission. Er plädiert dafür, den Beginn des täglichen Radfahrverbots um eine Stunde nach hinten auf 9 Uhr zu verschieben. „Dann können auch die Rathausmitarbeiter schneller mit dem Rad zur Arbeit kommen“, sagt er. Ein weiteres Argument: Der Lieferverkehr kann sogar bis 9.30 Uhr durch die Fußgängerzone fahren, warum also nicht auch die Radfahrer. Damit wäre viel an Mobilität gewonnen, meint er.
Ein weiterer Vorschlag der Initiative: Die Schließung des „Innenstadt-Rings“. Über den Widerholtplatz, die Widerholtstraße entlang bis zur Bastion, parallel zur Alleenstraße über die Turmstraße kommt man bereits jetzt von der Martinskirche bis zum Rossmarkt. „Dann müsste man eigentlich absteigen bis zum Wachthaus“, sagt Hutt. Dieses Stück müsste man seiner Ansicht noch freigeben, dann wäre eine Umfahrung der Innenstadt möglich. Drittens schlägt Hutt für den gesamten Alleenring eine Tempo-30-Zone vor. Das sei schon lange beschlossene Sache, müsse aber noch umgesetzt werden. Dann sei, so Hutt weiter, auch zu verschmerzen, dass ein Teil des Radwegs auf Höhe der Martinskirche wegfällt. Das soll im Zuge der geplanten Zusammenlegung der beiden getrennten Spuren der Alleenstraße an der „Insel“ passieren. Dann müsse auch der gesamte Bereich für Radfahrer Richtung Plochinger Straße neu gedacht werden. Dieter Hutt steht da gerne zur Verfügung. „Wir haben einen engen Draht zur Stadt“, sagt er. Viele Vorschläge würden angenommen. Kein Wunder: Auch Bürgermeister Riemer ist Fahrrad-Fan und zudem Vorsitzender des Netzwerks AGFK, der „Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen“.