Lokale Wirtschaft

„Aus alt mach neu“ wird immer wichtiger

Im Recyclingpark der Firma Feess Erdbau wird Aushub und Bauschutt wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt

Tonnen von Abfällen verarbeiten Walter Feess und seine Leute täglich vor den Toren Kirchheims im Rabailen.Fotos: Daniela Haussma
Tonnen von Abfällen verarbeiten Walter Feess und seine Leute täglich vor den Toren Kirchheims im Rabailen.Fotos: Daniela Haussmann

Kirchheim. Unzählige Laster passieren täglich das Eingangstor zum Recyclingpark der Firma Feess Erbau in Kirchheim. Sand, Erden, Pflastersteine und Splitt ragen auf dem etwa 30 000 Quadratmeter großen Gelände an der A 8 in die Höhe. Material, das schon einmal in Häusern, Straßen oder Brücken verbaut wurde und im Betrieb von Walter Feess aufwendig recycelt wird.

Tag für Tag fallen Tonnen von Abfällen an, die in einem rohstoffarmen Land wie der Bundesrepublik eine wertvolle Ressource darstellen. Nicht nur Restmüll, sondern auch Bauschutt, Beton, Asphalt, Kanal-, Erd- oder Baugrubenaushübe lassen sich durch Recyclingverfahren wieder in den Wirtschaftskreislauf teilweise zurückführen, wie Walter Feess betont. „Ein großer Teil von Abbruchmaterial lässt sich heute durch ein ausgeklügeltes Recycling wiederverwenden und stellt damit eine wichtige Ressourcenquelle dar“, wie der Unternehmer erläutert. „Damit müssen weniger Abfälle beseitigt werden.“ Der Grundsatz „Aus alt mach neu“ gewinne damit auch in der Baubranche mehr und mehr an Bedeutung.

Ein Qualitätsmanagement, das bereits auf der Baustelle beginne, sorge dafür, dass das aufbereitete Recyclingmaterial (RC-Material) gemäß den Vorgaben des Qualitätssicherungssystems für RC-Baustoffe (QRB) Baden-Württemberg schadstofffrei sei. Jeder Quadratmeter eines Wohnhauses, Industriegebäudes, einer Produktionshalle oder Werkstatt wird von Sachverständigen untersucht. Stichproben werden analysiert. „Mit Schadstoffen belastetes Material wird also bereits beim Abriss ausgesondert, indem die Gebäude selektiv rückgebaut werden“, so Walter Feess. Fast jede Lkw-Ladung, die den Kirchheimer Recyclingpark erreicht, kann damit nahezu vollständig recycelt und in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Etwa 80 Prozent der 50 000 Tonnen Recyclingmaterial, die bei Feess Erdbau jährlich umgeschlagen werden, lassen sich wiederverwenden. Aufbereitete Wertstoffe wie verschiedene RC-Gesteinskörnungen, Betonsplitt oder -sand werden von Bauunternehmen und Betonherstellern nachgefragt. Die Betonhersteller verwenden das aufbereitete Abrissmaterial, um Recyclingbeton herzustellen.

Meterhoch türmt sich der Bauschutt auf dem Gelände des Recyclingparks. Arbeiter kontrollieren jede Lieferung genau. Styropor, Plastik, Pappe oder Holz werden von Hand aussortiert. Hier wird das auf den Baustellen begonnene Qualitätsmanagement fortgesetzt. Grund: „Das Ergebnis des Recyclings darf keinerlei Fremdstoffe enthalten. Denn eine schlechte Fuhre kann den qualitativen Wert des gesamten Recyclingmaterials kaputt machen.“ Walter Feess und seine Mitarbeiter achten deshalb in den Recyclingparks in Ebersbach/Fils und Kirchheim genau darauf, dass Stoffe wie Teer, Asbest, Parkett oder Ölverunreinigungen von dem Material, das den Aufbereitungsprozess durchläuft, getrennt wird.

Das RC-Material sei damit entsprechend der QRB-Normen schadstofffrei. Dafür würden auch regelmäßige Kontrollen von Altlastsachverständigen sorgen, die unangemeldet Stichproben auf dem Betriebsgelände entnehmen. Mit modernen Brech- und Siebanlagen sei es möglich, aus Bauschutt belastete Feinfraktionen herauszufiltern und vom groben Material zu trennen. Linoleum- oder Kabelreste, Teile von Isolier- oder Dämmstoffen können laut Feess so selbst noch im Recyclingpark aus dem Abbruchmaterial herausgefiltert werden. Das gewonnene RC-Material könne damit einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden, darunter dem Neubau von Häusern.

Hier sieht Walter Feess ein großes Einsatzgebiet für die von ihm produzierten Zuschlagsstoffe für RC-Beton. „Schließlich ist das Bauen auf der grünen Wiese rückläufig“, berichtet der Unternehmer. „Wiesen und Agrarflächen werden heute geschützt. Das Bauen im Bestand gewinnt daher an Bedeutung.“ Insbesondere in Ballungsräumen werden, laut Feess, Gebäude und Industrie­brachen abgerissen. So werde Platz für neue Bauflächen innerhalb der Siedlungsgebiete geschaffen. Damit falle mehr Bauschutt an, der mit Blick auf die Zukunft immer weniger auf Deponien entsorgt werde. „Zukünftig steht immer weniger Deponieraum zur Verfügung“, sagt der Fachmann. „Die Wiederaufbereitung von Erde, Bauschutt und mineralischen Betonabfällen gewinnt auch deshalb an Bedeutung.“ Verschiedene RC-Gesteinskörnungen, Betonsplitt und -sand würden deshalb verstärkt von Betonherstellern eingekauft, um daraus RC-Beton herzustellen.

Der sogenannte RC-Beton ist laut Florian Knappe ein zugelassener Baustoff, der zum Ressourcenschutz beiträgt. Der Abfall- und Ressourcenschutzexperte vom Institut für Entsorgung und Umwelttechnik (IFEU) in Heidelberg betont, dass mit der Verwendung von sekundären Rohstoffen aus dem Abriss von Altbauten primäre Rohstoffquellen geschont und Eingriffe in den Natur- und Landschaftshaushalt vermieden werden. Schon allein deshalb gewinne der Rückgriff auf RC-Material im Bausektor an Bedeutung.

Auch Rolf Wizgall vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in Stuttgart bestätigt: „Wenn solche wertvollen Sekundärrohstoffe vermehrt in den Stoffkreislauf kommen, reduzieren wir die Bauschuttmengen – sie machen fast 35 Prozent des mineralischen Abfalls im Lande aus – und schonen wertvollen Deponieraum.“ Zudem lassen sich aus Sicht von Wizgall Lkw-Transporte durch kurze Wege zwischen Gebäudeabbruch und -neubau und somit Kosten und klimaschädlicher CO2-Ausstoß verringern. Darüber hinaus können dem Ministeriumsvertreter zufolge von den rund 31 Millionen Tonnen Baumassenabfällen im Jahr, was etwa drei Viertel des Gesamtabfallaufkommens im Land bedeutet, erhebliche Mengen an Baumaterial in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden.

„Der Betonsplitt entspricht der DIN 4226-100 und kann daher für die Frischbetonherstellung in Hoch- und Tiefbau verwendet werden“, sagt Walter Feess. „Betonsand und die verschiedenen RC-Gesteinskörnungen können unter anderem im Straßen- und Tiefbau zum Einsatz kommen.“ Das hätten langjährige Erfahrungen in der Schweiz gezeigt, wo insbesondere in Zürich in hohem Maße RC-Beton zur Erstellung von Gebäuden verwendet werde.

Der Kirchheimer Unternehmer ist sich sicher, dass das Recycling von Bauschutt und Erdmaterial weiter an Bedeutung gewinnt. Schon heute findet Feess für seine aufbereiteten Erden Abnehmer unter Landschaftsgärtnern. Bauunternehmer nutzen das recycelte Gestein als Untergrund für Straßen. In Stuttgart wurde ein Pilotprojekt angestoßen, im Rahmen dessen ein Wohnhaus mit 108 Wohnungen aus RC-Beton gebaut wurde. Das RC-Gestein für den RC-Beton wurde von Feess Erdbau aufbereitet. Recycler wie Feess Erbau leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz. 

Info:

Anlässlich „60 Jahre Feess“ gibt es am Sonntag, 22. Mai, einen Tag der offenen Tür im Recyclingpark Rabailen bei der Autobahnauffahrt Kirchheim-West. Ab 11 Uhr startet ein buntes Programm für die ganze Familie, das vom Baggerfahren über Baumaschinenvorführungen und ein Monkey-Karussell bis zum großen Themenpark viel für technikbegeisterte Zeitgenossen bietet. Auch Gewinnspiele, musikalische Unterhaltung und kulinarische Spezialitäten gehören zum Programm.