Ein Dingdong nach dem anderen erklang. Am Ende hatten die beiden Moderatoren rund 80 Teilnehmer in das Online-Meeting im Vorfeld des ökumenischen Kirchentages gelassen, an dem auch die Dekane des Landkreises Esslingen teilnahmen. Dies waren auf evangelischer Seite Renate Kath aus Kirchheim, Christiane Kohler-Weiß aus Nürtingen, Gunther Seibold aus Bernhausen und Bernd Weißenborn aus Esslingen. Auf katholischer Seite war Dekan Paul Magino aus Wendlingen nicht ganz alleine, auch sein Stellvertreter Volker Weber aus Neckartenzlingen war dabei. Als Moderatoren ergänzten sich Markus Geiger vom Evangelischen Bildungswerk und Emanuel Gebauer von der Katholischen Erwachsenbildung sehr gut.
Jeder hatte sich für seinen Beitrag einen Aspekt aus dem Kirchentagsprogramm ausgesucht, anschließend wurde darüber diskutiert. Das Anreißen der vielen Themen machte Appetit auf die Veranstaltungen, die es dieses Jahr vom 13. bis 16. Mai unter dem Motto „Schaut hin“ alle online - und alle kostenlos - gibt.
„Raus aus der Sofaecke, Mitmachen macht glücklich“, forderte Renate Kath in ihrem Beitrag auf. Resolutionen im Stil von „Wir fordern“ hat sie genug erlebt: „Tun sollen es dann die anderen.“ Jeder sei selbst gefragt, könne Gutes bewirken, etwa um des Klimas willen auf eine Flugreise verzichten. Renate Kath lenkte den Blick auf die Not im Libanon. Das bedeute aber nicht, dass sich jeder für den Libanon engagieren müsse. Ihr Weitblick führte zu einer spannenden Frage, die Bernd Weißenborn formulierte: Wie viel Welthorizont verträgt die Kirchengemeinde? Er wolle ja nicht die Sorgen der Einzelnen vergessen oder sie mit der Not der Welt erschlagen: „Das ist eine Gratwanderung.“
Auf eine andere Gratwanderung verwies Christiane Kohler-Weiß: Wie viele Vorschriften sind gut, wie viel Freiheit braucht die Eigenverantwortung des Menschen? Das sei nicht nur bei Corona eine Frage. Noch ein grundsätzliches Thema war das Verhältnis von Zahlen und persönlichen Geschichten. Beides sei nötig, betonte Gunther Seibold. Wer nur auf scheinbar absolute Zahlen schaut, aber nicht bedenkt, was diese Zahlen für Menschen und ihre Schicksale bedeuten, wer die Lebensgeschichten nicht kennt, werde hart und lebensfern. Wer aber nur seine eigenen Erfahrungen betrachtet, ob schön oder schrecklich, müsse diese aber anhand der Zahlen einordnen: Ist das, was ich kenne, vielleicht die Ausnahme? Oder geht es vielen so? „Ich schwanke auch zwischen beiden Welten“, sagte Paul Magino. „Ich darf nicht nur auf die Zahlen starren.“
Ein weiteres Thema war der Umgang mit der Schöpfung. Paul Magino erläuterte die ambitionierten Ziele der Diözese, sie will bis 2050 klimaneutral sein. Dazu habe es Druck von außen gebraucht, etwa von Bündnis 90/Die Grünen. Kirche müsse nach Bündnispartnern schauen. Oft wüssten die Leute an der Basis gar nicht, ergänzte Volker Weber, wie engagiert die Kirche bei Umweltfragen sei, dies müsse besser bekanntgemacht werden. Schon das „Schaut hin“ bewirke etwas, hat Gunther Seibold beobachtet: „Eine Kirchengemeinde, die ihren Energieverbrauch misst, verbraucht im nächsten Jahr weniger.“ Bernd Weißenborn lobte das große Engagement vieler Ehrenamtlicher, etwa für die kirchliche Umweltzertifizierung „Grüner Gockel“.
Paul Magino berichtete davon, wie Minister Gerd Müller den Kirchenleuten seine Ideen für ein Lieferkettengesetz erläuterte. Was nun nach dem Zusammenstreichen übrig sei, sei „nur noch ein Abklatsch“. Es sei gut, dass es wenigstens dieses Gesetz gebe, aber es brauche Nachbesserungen: „Wir müssen dranbleiben.“
Das nächste Thema war die gute Nachbarschaft. Gunther Seibold ermunterte, sie nicht als „Sozialkontrolle“, sondern unter positiven Aspekten zu betrachten, nicht dem Trend entsprechend bei Problemen wegzuschauen. Im begleitenden Chat unterstützte eine Zuhörerin diese Forderung. Das aktuelle Infektionsschutzgesetz, schrieb sie, „fördert eher Nachbarschaftskontrolle als Nachbarschaftshilfe“. Auftrag der Kirche sei, „den Schwerpunkt auf das Wohl des Menschen zu setzen“.
Volker Weber sagte, die Kirche solle sich durch die wegen Corona leeren Kirchen „positiv provozieren“ lassen und bekam dafür viel Zustimmung. Jeder Mensch brauche Halt, betonte er: „Manche hoffen aufs Impfen, andere aufs Testen und andere darauf, dass der Frühling kommt.“
Einen Überblick über das Gesamtprogramm gibt‘s unter static.oekt.de/fileadmin/2021/pdf/programmuebersicht-zeitschema.pdf