Coronavirus

Coronavirus schafft Verunsicherung

Krankheit Heute beginnt im ganzen Land wieder die Schule nach den Faschingsferien. Das Coronavirus könnte dafür sorgen, dass in den Klassen Lücken klaffen und auch Lehrer fehlen. Von Irene Strifler und Uwe Gottwald

Manche setzen in Zeiten des Coronavirus auf Mundschutz.Foto: Jörg Bächle
Manche setzen in Zeiten des Coronavirus auf Mundschutz. Foto: Jörg Bächle

Die Verunsicherung wächst täglich, seit das Coronavirus seinen Siegeszug auch in Europa angetreten hat. Zwar ist unbekannt, wie stark sich das Virus wirklich ausbreitet, dennoch ist das soziale Leben in Deutschland und der Region gewaltig beeinträchtigt. Zahlreiche Großveranstaltungen wie die Internationale Tourismusbörse in Berlin wurden gestrichen, allen wirtschaftlichen Folgen zum Trotz. In Esslingen wurde beispielsweise die Vesperkirche abgesagt, die ab Sonntag Menschen gemeinsam an einem Tisch versammeln wollte.

Spannend dürfte es heute in den Schulen und Kindergarten werden, am ersten Tag nach den Faschingsferien. Viele Familien haben die Ferien in Südtirol verbracht. Die benachbarte Lombardei gilt als Hochrisikogebiet für Coronainfektionen. In einem Schreiben des Kultusministerium des Landes heißt es, Personen, die innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet waren, sollten vorläufig zu Hause bleiben, und zwar unabhängig davon, ob sie Symptome aufweisen. Wer Kontakt mit einem Erkrankten hatte, müsse sich ans Gesundheitsamt wenden.

Dort jedoch lief - zumindest bisher - auch nicht alles rund. So ist durch einen pensionierten Arzt der Fall einer jungen Frau in Nürtingen bekannt geworden, die sich nach einer Italienreise auf das Virus testen lassen wollte. Ihr Hausarzt war im Urlaub, bei Kollegen erhielt sie keinen Termin, und von der Kirchheimer Medius-Klinik wurde sie telefonisch an die Tübinger Uni-Klinik verwiesen. Das Gesundheitsamt des Landkreises in Esslingen verwies darauf, dass der Urlaubsort der Frau nicht zu den Risikogebieten zähle, und sah keinen Anlass für einen Test. Nachdem zwischenzeitlich der Fall des erkrankten 25-jährigen Göppingers bekannt geworden war, fand die Frau schließlich eine Praxis, in der sie krankgeschrieben wurde mit dem Hinweis, sie solle die nächsten 14 Tage zu Hause bleiben.

Norbert Nadler, Direktor der landkreiseigenen Medius-Kliniken Nürtingen-Kirchheim, bestätigt: „Wir bekommen immer mehr Anfragen von Leuten, die nicht vom Hausarzt untersucht wurden.“ Auf der Homepage des Esslinger Gesundheitsamtes werden sowohl das Amt als auch die Hausarztpraxen als Anlaufstelle für Ratsuchende genannt.

Norbert Nadler kann sich auch vorstellen, dass der medizinische Notfalldienst der Kassenärztlichen Vereinigung, organisiert von den Maltesern und dem DRK, rund um die Uhr zur Verfügung stehen könnte, um zu beraten oder auch bei Patienten zu Hause Untersuchungen und gegebenenfalls Tests vorzunehmen. Das werde derzeit erörtert. Bis jetzt stehe dieser Dienst lediglich außerhalb der Praxissprechzeiten unter der Telefonnummer 0 70 21/116 117 zur Verfügung. Für die Aufnahme einer gewissen Anzahl von Patienten sei man gerüstet.

Im Übrigen weist der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg in Absprache mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg und unter Verweis auf die Regelungen des Robert-Koch-Instituts aktuell auf seiner Homepage darauf hin, dass Abstriche zur Diagnose einer Infektion mit dem Corona-Virus überhaupt nur dann erforderlich sind, wenn der Patient aus einem der offiziellen Risikogebiete kommt beziehungsweise Kontakt mit einer infizierten Person gehabt hat und Symptome aufweist. Die Landes­ärztekammer wiederum verweist die Bürger an die Hotline des Landesgesundheitsamtes zum Thema Corona.

Ratsuchende können sich werktags von 9 bis 16 Uhr in Sachen Coronavirus an die Hotline des Landesgesundheitsamtes wenden unter 07 11/9 04-3 95 55

Kommentar: Schwarzer Peter

Aushang am Gesundheitsamt in Göppingen.Foto: pr
Aushang am Gesundheitsamt in Göppingen. Foto: pr

Kommentar: Wohin soll sich der Bürger wenden, der möglicherweise von Corona infiziert oder aber einfach nur besorgt ist? Arztpraxen scheuen den direkten Kontakt mit möglichen Infizierten. Das ist kein Wunder, ihre Furcht ist: Fällt ein Abstrich positiv aus, muss vielleicht die ganze Praxis dichtmachen und fällt somit für die weitere Patientenversorgung komplett aus. Das gleiche Risiko gilt für Notfallambulanzen der Krankenhäuser. Ärzte verweisen deshalb meist ans Gesundheitsamt. Doch auch dort fühlt man sich nicht unbedingt zuständig, siehe abgebildeter Aushang am Gesundheitsamt in Göppingen. Hilfesuchende werden von dort wieder an Praxen oder Kliniken verwiesen. Kurzum: Der ratlose Patient wird alleingelassen. Was ihm bleibt, ist eine angebliche „Hotline“, die gerade mal zu den üblichen Bürozeiten wochentags von 9 bis 16 Uhr kontaktiert werden kann. Professionelles Krisenmanagement sieht anders aus. Das Handeln von Behörden und Fachleuten erinnert eher an „Schwarzer Peter“. Von Irene Strifler