Kirchheim

Das literarische Baby reifte zwei Jahre

Buch Das Kirchheimer Ehepaar Friederike Leisener und Daniel Seidel hat in seiner Elternzeit ein philosophisches Kinderbuch geschrieben und gestaltet. Von Thomas Zapp

Leicht schräg: Dieses Atelier im Schlafzimmer war für das Paar der Arbeitsplatz in den vergangenen zwei Jahren.Fotos: Carsten Ri
Leicht schräg: Dieses Atelier im Schlafzimmer war für das Paar der Arbeitsplatz in den vergangenen zwei Jahren. Foto: Carsten Riedl
Eugen der Wal ist erkältet, Arthur will helfen: Kirchheimer KinderbuchAutorin: Friederike Leisener und Mann Daniel Seidel.
Eugen der Wal ist erkältet, Arthur will helfen: Kirchheimer Kinderbuch Autorin: Friederike Leisener und Mann Daniel Seidel. Foto: Carsten Riedl

Mit der Geburt ihrer Tochter war für Friederike Leisener und Daniel Seidel vor zweieinhalb Jahren ein Traum in Erfüllung gegangen. Einen weiteren Traum haben sie in der gemeinsamen Elternzeit verwirklicht. „Das ist eine goldene Zeit. Man kann Dinge umsetzen, zu denen man sonst keine Zeit hat“, sagt die 40-Jährige. Friederike und Daniel, die beide philosophie Studierten, haben in etwas mehr als zwei Jahren ein Kinderbuch mit einem philosophischen Hintergrund geschrieben und jede Figur bis ins letzte Detail gestaltet - und natürlich viel Zeit mit ihrer Tochter verbracht. Denn die „Familienwerdung“ stand als übergeordnetes Ziel über ihrem Projekt.

Auf der Internetplattform startnext.com sind mithilfe von 58 Unterstützern bis jetzt fast 3000 Euro zusammengekommen. Damit sind bereits die Kosten für einen Digitaldruck gedeckt. 50 Exemplare spenden sie an Kirchheimer Vereine und Einrichtungen wie die Stadtbibliothek, „Starkes Kirchheim“ oder das Brückenhaus.

„Verletze niemanden. Vielmehr hilf allen, soweit du kannst“, erklärt Friederike Leisener den roten Faden ihres Buches, der von Arthur Schopenhauer stammt. Und so heißt auch das Seepferdchen, die Hauptfigur ihrer Geschichte, die im Mini-Atelier des Schlafzimmers ihres Hauses in Kirchheim Wirklichkeit wurde. Stehen können sie dort nicht, aber mit Hingabe malen und an den Bildern tüfteln. Das hat viel Zeit gekostet, weil beide keine Profis sind: Friederike arbeitet im E-Learning, ihr Mann als Informatiker.

Und darum geht es in ihrem Werk: Eugen der Wal ist erkältet. Wenn er niest, bringt er das ganze Korallenriff mit seinen Bewohnern durcheinander. Seepferdchen Arthur, „zufällig“ Namensvetter von Schopenhauer, will helfen, aber natürlich nicht allein, sondern mit vielen anderen Seepferdchen, die aus ihren kleinen Körpern einen Schal für den großen Eugen bilden. Es geht um die „Wirkmächtigkeit einer Gemeinschaft“, erklärt Friederike Leisener. Aber auch um die Grenzen der Hilfe. Denn das philosophische Motto lautet ausdrücklich: Hilf nur, soweit du kannst. „Damit steht Schopenhauer im Gegensatz zu Kant, der glaubte, dass der Mensch eine moralische Verpflichtung hat“, sagt sie.

In ihrer Geschichte liest sich das so: Als der wieder genesene Eugen zum Polarmeer aufbrechen will, sind die Seepferdchen raus. Die Schlussfolgerungen für sein persönliches Leben muss aber jeder selbst ziehen. „Der Mensch muss helfen, aber wo liegt die Grenze, wie weit kann man gehen?“, stellt die Kirchheimerin die zentrale Frage. Parallelen zur Corona- oder Flüchtlingskrise liegen auf der Hand. Moralisieren oder gar politisieren will das philosophische Paar aber nicht, dafür umso mehr zum Denken anregen. Für die Erwachsenen gibt es auch noch einen Epilog im Buch. „Gedankenfutter für die großen Leser, die einen Überblick über Schopenhauers Philosophie bekommen wollen“, nennt es die Autorin.

Die beiden sind glücklich mit ihrem Buch, freuen sich aber nun auch über die Rückkehr in ihre Berufe und den Alltag mit der „gewordenen“ Kleinfamilie. „Das Buch war ein Hobby, deswegen konnten wir so viel Zeit dafür aufwenden“, ordnet Friederike Leisener die Erfahrung realistisch ein. Auch mussten sie damit kein Geld verdienen, daher gab es keinen Druck, der den Spaß empfindlich gemindert hätte. Ein weiteres Projekt würde sie durchaus reizen, wenn ein Verlag Interesse hätte. „Aber wahrscheinlich nicht mehr in dieser Opulenz“, sagt sie.

1 Mit 18 Euro kann man bis zum 15. Juni ein Exemplar erwerben und Arthur beim Helfen helfen: Auf www.startnext.com/arthurwillhelfen