Kirchheim
Den Feuerwerkern geht das Pulver aus

Wirtschaft Das Verkaufsverbot für Silvesterknaller nimmt den Pyrotechnikern die Hoffnung auf ein versöhnliches Jahresende. „Die Branche stirbt“, befürchtet Feuerwerker Tony Zeccola. Von Thomas Krytzner

Einige wollten das Coronajahr mit einem Jahrhundertfeuerwerk verabschieden, andere das neue Jahr mit bunten Himmelsfarben empfangen. Die Landesregierung von Baden-Württemberg machte der lauten und leisen Knallerei in der Neujahrsnacht einen Strich durch die Rechnung und verbot den Verkauf von Feuerwerk.

„Die Situation ist sehr verwirrend“, ärgert sich der Kirchheimer Pyrotechniker Tony Zeccola, „vor knapp vier Wochen war man sich nach einer Debatte noch einig, dass es kein Verkaufsverbot gibt.“. Aus diesem Grund haben die Feuerwerksherstelle entsprechende Werbung veröffentlicht und die Lieferkette für die Raketen, Batterien und Böller anlaufen lassen. „Jetzt darf man plötzlich nichts mehr verkaufen, aber die Regierung erlaubt den Menschen trotzdem Feuerwerk zu schießen.“

Das Jahr 2020 wurde noch kräftig mit bunt leuchtenden Raketen und lauten Böllern begrüßt. Beim jetzigen Jahreswechsel dürfte dur
Das Jahr 2020 wurde noch kräftig mit bunt leuchtenden Raketen und lauten Böllern begrüßt. Beim jetzigen Jahreswechsel dürfte durch das Verkaufsverbot das Feuerwerk spärlicher, wenn nicht ganz ausfallen. Foto: Markus Brändli

Tony Zeccola ist enttäuscht von dieser Entscheidung und zeitgleich besorgt. „Feuerwerk vom Balkon aus abzufeuern ist hochgradig gefährlich, weil da die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können. Bei Böllern braucht es mindestens acht Meter Abstand.“ Bei Raketen und Batterien droht Brandgefahr, wie Zeccola bestätigt. „Diese müssen ungehindert nach oben starten können.“

Er begrüßt, dass auf belebten Flächen, in der Altstadt oder in der Nähe von Heuballen und Tankstellen kein Feuerwerk gezündet wird. Dennoch ist für den Pyrotechniker das Verkaufsverbot eine finanzielle Katastrophe: „Rund 50 Prozent des Jahresumsatzes generieren wir mit dem Verkauf von Silvesterfeuerwerk. Die dringend benötigten Einnahmen fallen aber weg, wenn das Verkaufsverbot nicht noch aufgehoben wird.“

Tony Zeccola ließ das Verbot jedoch nicht auf sich sitzen, sondern hat mehrere Klagen, darunter eine Sammelklage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. „Das Verbot ist eine Verzerrung des Wettbewerbs, weil man im Ausland sehr wohl Feuerwerk einkaufen kann“, ärgert sich der Feuerwerkshändler. Dazu komme, dass viele wieder die sogenannten „Polenböller“ im Internet bestellen. „Da steigt die Gefahr von Verletzungen enorm und die Begründung der Regierung, Rettungsdienste und Kliniken zu entlasten löst sich damit in Luft auf.“

Auch für Karlheinz Walker, Pyrotechniker aus Schlaitdorf ist das Verbot wie ein „Schlag ins Gesicht“. Für den Veranstalter von Großfeuerwerken war das Jahr 2020 eine glatte Nullnummer. Für das kommende Jahr sieht Karlheinz Walker auch keinen Stern am Himmel: „Alles, was von Mai bis August stattfinden soll, muss am Anfang des Jahres geplant werden. Aber aufgrund der fehlenden Sicherheit, will niemand im Voraus einkaufen.“

Kein Verfallsdatum

Am wenigsten Sorgen bereitet es dem Pyrotechniker, wenn zu Silvester übrig gebliebenes Feuerwerk aus dem Keller geholt wird. „Feuerwerk hat kein Verfallsdatum. Bei trockener Lagerung kann es jahrelang aufgehoben werden“, versichert Tony Zeccola.

Im Laden, den der Pyrotechniker in der Paracelsus-Straße eröffnet hat, ist es durch das coronabedingte Verkaufsverbot entsprechend leer. „Viele Kunden, die vorbestellt haben, bekommen ihr Geld zurück oder geben sich aus Solidarität mit Gutscheinen fürs kommende Jahr zufrieden“, beschreibt Zeccola den Verkaufsstillstand kurz vor Silvester. „Müssten wir allen Kunden das Geld zurückgeben, wären wir finanziell am Ende“, stellt er ernüchtert fest.

Das Verkaufsverbot zieht nämlich gewaltige Kreise. Der Pyrotechniker erklärt die Misere: „Wir produzieren immer ein Jahr im Voraus. Das heißt, wir haben seit Herbst schon alles am Lager für Silvester 2021. Die ganze Versorgungskette hängt da mit dran, wenn wir nicht mehr produzieren, weil die Lager voll sind.“

Dabei hat die Branche in den vergangenen Jahren auf die ständige Kritik reagiert. „Das Umdenken zugunsten der Umwelt fand statt: Wir verzichten auf Plastikteile bei Raketen und ersetzen sie durch Maisstärke. Auch die Verpackung besteht mehr und mehr aus Pappe“, erläutert Tony Zeccola. Bei den Kanonenschlägen verzichte die Branche ganz auf schädliches Material und setze dafür auf recycelte Verpackungsmaterialien. Eine Neuheit sei auch das Mehrwegsystem bei Feuertöpfen. „Der Zylinder ist aus Kunststoff und kann nach Gebrauch an uns zurückgegeben werden. Es ist aber kein Pfandsystem.“

Selbst für Haustierbesitzer gebe es gute Neuigkeiten. „Das hundefreundliche Feuerwerk kommt ohne Knall aus und wir bieten leise Feuerwerksbatterien an“, freut sich Zeccola. Und wie verbringen die Pyrotechniker Silvester? Tony Zeccola: „Wie jedes Jahr daheim mit der Familie sowie Hund, Katze und Siebenschläfer - und viel Feuerwerk.“