Kirchheim

Der Ausschuss zankt um Zeilen und Zahlen

Diskussion Die Änderung der Öffnungszeiten des Literarischen Museums löst eine Grundsatzdebatte um Kosten und Nutzen von Kunst aus. Von Andreas Volz

Ab Mai gelten neue Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr sowie samstags, sonn- und feie
Ab Mai gelten neue Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr sowie samstags, sonn- und feiertags von 10 bis 15 Uhr. Derzeit aber ist das Literarische Museum im Kirchheimer Max-Eyth-Haus ohnehin wegen der Pandemie geschlossen. Fotos: Markus Brändli

Literatur ist nichts für Jedermann. Im Gegenteil: Manche machen schon in der Schule so schlechte Erfahrungen damit, dass sie für den Rest ihres Lebens bedient sind. Dieses Schicksal teilt die Literatur allerdings mit dem Schulfach Mathematik - so gegensätzlich Literatur und Rechnen sonst auch sein mögen. Im Kirchheimer Ausschuss für Bildung, Soziales und Bürgerdienste wurde nun das Verhältnis von Zeilen und Zahlen neu durchgerechnet und durchdekliniert.

Es ging eigentlich nur um die künftigen Öffnungszeiten des Literarischen Museums im Max-Eyth-Haus, die Jedermanns Zustimmung hätten finden können. Schließlich ist den Verantwortlichen dabei die sprichwörtliche Quadratur des Kreises gelungen: Aus 30 Stunden, die das Museum bislang geöffnet hat, werden ab dem 1. Mai 34 Stunden pro Woche, und aus fünf Tagen werden sechs, während sich die Einsatzstunden des Aufsichtspersonals von 47 auf 45 Stunden pro Woche verringern. Die Feiertage sind dabei nicht eingerechnet.

Ein weiterer Vorteil: Es geht nicht darum, vorhandenes Personal einzusparen. Vielmehr wird eine 25-Prozent-Stelle, die derzeit ruhestandshalber ohnehin nicht besetzt ist, künftig einge­spart. Das hilft der Stadt auch dabei, Kosten zu sparen: Bei 11 100 Euro liegt der Gesamtaufwand pro Jahr. Mit dieser Regelung müssten eigentlich die Kaufleute ebenso zufrieden sein wie die Freunde der gepflegten Dichtkunst - die sich in Kirchheim mit Max Eyth, Hermann Kurz, Hans Bethge und Hermann Hesse befassen wollen.

Stadtrat Ralf Gerber (Freie Wähler) hat sich nun zwar nicht als Kulturbanause erwiesen. Aber es war ihm in der Diskussion wichtig, die vorgelegten Zahlen etwas genauer in den Blick zu nehmen, um vielleicht noch mehr Optimierungsmöglichkeiten zu finden. „Warum braucht es an Sonn- und Feiertagen zwei Personen gleichzeitig - aus Sicherheitsgründen? Wäre es nicht günstiger, stattdessen einen Hausnotruf zu installieren?“ Auch sonst blieben für ihn noch zu viele Fragen offen. „In den Monaten Juni, Juli und August gehen insgesamt keine 250 Leute in das Museum. Da stellt sich die Frage, ob wir uns das weiterhin so leis­ten können. Vielleicht sollten wir da auch geringere Zeiten anbieten - oder über Besuche nach Voranmeldung nachdenken.“ Er schlug auch vor, die Aufsicht gegebenenfalls durch eine Video­überwachung zu ersetzen.

Diese klare Positionierung in Richtung Kosten rief Gegenstimmen hervor. „Kunst, Kultur, Poesie, Schönheit - für viele Menschen ist das Nahrung für die Seele. Deshalb ist da eine Kosten-Nutzen-Rechnung fehl am Platz“, stellte Wilfried Veeser (CDU) fest. Nach Synergien zu suchen - etwa mit der Kirchheim-Info, die sich ebenfalls im Max-Eyth-Haus befindet, oder auch mit dem Kornhaus -, hält er für sinnvoll. „Aber eine Schließung des Literarischen Museums sollte nicht zur Debatte stehen.“

Grünen-Stadträtin Lena Weithofer schlug vor, in ein paar Jahren noch einmal auf die Entwicklung der Besucherzahlen zu schauen. Grundsätzlich konstatierte sie: „Kunst und Kultur dürfen wir uns schon was kosten lassen. Das Literarische Museum in Kirchheim ist wichtig, weil es da auch um die Identität unserer Stadt geht.“

Marianne Gmelin (SPD) griff diesen Punkt auf und erinnerte daran, dass die Dichter, die im Museum vorgestellt werden, allesamt einen persönlichen Bezug zu Kirchheim hatten. Generell sagte sie: „Kultur ist für viele Menschen ein wichtiger Ausgleich.“

Auf seine Art ausgleichend wirkte Tobias Öhrlich (CIK): „Eine Kosten-Nutzen-Rechnung passt zwar nicht zur Kultur. Aber trotzdem müssen wir auch bei der Kultur auf die Kosten achten und uns weitere Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen lassen.“

„Eine wichtige Anlaufstelle“

Ebenfalls auf seine Art fasste Oberbürgermeister Pascal Bader die Diskussion zusammen: „Das Literarische Museum ist eine wichtige Anlaufstelle für Besucher, die nach Kirchheim kommen - auch wenn es nicht gerade das meistbesuchte Museum in der Region ist.“

Nach dem Ende der „Literarischen Erörterung“ ließ der Ausschuss ganz andere Zahlen sprechen: Mit großer Mehrheit sprachen sich die Mitglieder für die geänderten Öffnungszeiten aus - bei nur drei Gegenstimmen.

Max-Eyth-Haus, Literarisches Museum
Max-Eyth-Haus, Literarisches Museum
Max-Eyth-Haus, Literarisches Museum
Max-Eyth-Haus, Literarisches Museum