Kirchheim

Der Kunde entwickelt bei AMK mit

Industrie 4.0 Die Kirchheimer Firma hat ihr Customer-Center mit Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker eingeweiht. Ein Rundgang durch den für seine Elektromotoren bekannten Betrieb schloss sich an. Von Iris Häfner

In die akustische Messkabine dringt kein Laut von außen. Ulrich Viethen erklärt Angelika Matt-Heidecker den Aufbau des Elektromo
In die akustische Messkabine dringt kein Laut von außen. Ulrich Viethen erklärt Angelika Matt-Heidecker den Aufbau des Elektromotors, und mithilfe des Smartphones lassen sich Roboter steuern. Fotos: Carsten Riedl

Das Rennauto, das kurz nach dem Eingangsbereich der Kirchheimer Firma AMK steht, zeigt anschaulich, was an diesem Standort schon entwickelt wurde und was bei entsprechenden Ideen entstehen kann - wenngleich die AMK-Produkte meist irgendwo versteckt verbaut worden sind oder eine schicke Karosserie drumherumgebaut wurde.

Dr. Ulrich Viethen steht seit geraumer Zeit an der Spitze des Unternehmens und hat Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker zu einem informativen Rundgang durch die weitläufigen und räumlich getrennten Hallen eingeladen. Gleich mehrere Gründe gibt es für den Besuch: Die Einweihung des Customer-Centers und die Expansionswünsche der Firma.

AMK wächst und braucht aus Produktionsgründen 3,5 Hektar ebene Gewerbefläche. Das ist ein Statement der Firma zum Standort Kirchheim. Vor zwei Jahren verkaufte die Unternehmerfamilie Müller - AMK steht für den Firmengründer Arnold Müller Kirchheim - an einen chinesischen Investor. Der gibt sich traditionsbewusst, weshalb unter der Teck auch weiterhin geforscht, getüftelt und mit neuen Ansätzen entwickelt sowie produziert wird.

Künftig kann der Kunde mit Mitarbeitern von AMK gemeinsam an seinen Fragestellungen und Wünschen arbeiten. „Im Team geht es dann in den Entwicklungsdialog“, beschreibt Ulrich Viethen den Prozess. Physiker, Programmierer, Ingenieure und andere Spezialisten können selbstorganisiert an der Lösung arbeiten. „Die eigene Gestaltungshoheit zieht die Leute an - und zwar altersunabhängig“, ist der Chef sichtlich stolz auf seine Mannschaft. „Starke Denker“, sagt er über sie. Der Kunde kann bei den Experimenten mitmachen und so sein speziell auf ihn abgestimmtes Produkt mitentwickeln. Nahe Wege zwischen Büro, Labor und Prüffeld sind für einen optimalen Prozess unabdingbar. Zur Zeit muss AMK aber mit den Tücken von drei Standorten in Kirchheim zurechtkommen: Produktionsstätten rechts und links der Gaußstraße sowie in der Klosterstraße.

Vorbei geht es mit der Oberbürgermeisterin an einem Cloud-gesteuerten Automaten. Dank der Cloud braucht er keinen Speicher. Mit einer App auf dem Smartphone kann dieser Roboter gesteuert werden. „Wir machen die Bewegung, also Steuerung und Motor samt Software für das Smartphone“, erklärt Ulrich Viethen. Eingesetzt werden kann der Roboter beispielsweise für die Sortierung von Suppentüten-Sortimenten für Supermärkte oder den Inhalt von Pralinen-Schachteln. „Ich glaube, das ist das kommende Produkt“, orakelt der Chef.

Schließlich sind Ulrich Viethen und Angelika Matt-Heidecker im neuen Herzstück der Firma angekommen: dem Customer-Center. Hier warten die Mitarbeiter schon in Feierlaune auf den Gast, denn die Räume werden offiziell ihrer Bestimmung übergeben. „Wir freuen uns, dass wir sie in Kirchheim realisieren konnten“, sagt Ulrich Viethen. Rund 25 Arbeitsplätze gibt es in der oberen, lichtdurchfluteten Etage, wo künftig die neuen Produkte mit den Kunden entwickelt werden. „More Drive“ lautet das Motto von AMK. Mehr Schwung und Antrieb gilt auch für die Schreibtische. An ihnen lässt sich im Stehen oder Sitzen arbeiten.

Beeindruckt von der Produktpalette und den dahintersteckenden Ideen zeigte sich Angelika Matt-Heidecker. „Ich bin froh, dass AMK in der Stadt bleibt“, sagt sie und gratuliert der gesamten Mannschaft. „Sie sind mit dieser Investition einen großen Schritt in die Zukunft gegangen“, so das Stadtoberhaupt. Mit dem Customer-Center habe sich AMK auf die neue Zeit eingestellt. Dass hier tolle Ideen entstehen und der richtige Weg eingeschlagen wurde, davon ist sie überzeugt.

Die Besichtigung ist noch nicht zu Ende. Es geht über die Straße. Ziel ist eine kleine, unscheinbare Halle. Darin befindet sich eine akustische Messkabine, die erschütterungsfrei auf einem speziellen Fundament steht. Sind alle Türen zu, dringt kein Laut ins Innere, was schnell für ein beklemmendes Gefühl sorgt. Hier geht es um das „Management Geräusche“. Luftfederkompressoren für SUVs werden hier auf ihren Lärmpegel untersucht und entsprechend optimiert. „Schließlich soll man die Kompressoren im Fahrzeug nicht mehr hören“, sagt Ulrich Viethen.

AMK Einweihung neues Labor bei AMK, Gaussstraße in Kirchheim, ist Anlass für Wirtschaftsreportage über die Zukunft und die gepla
AMK Einweihung neues Labor bei AMK, Gaussstraße in Kirchheim, ist Anlass für Wirtschaftsreportage über die Zukunft und die geplanten Neuerungen der Firma unter chinesischer Flagge, Matt-Heidecker
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AMK Einweihung neues Labor bei AMK, Gaussstraße in Kirchheim, ist Anlass für Wirtschaftsreportage über die Zukunft und die geplanten Neuerungen der Firma unter chinesischer Flagge, Matt-Heidecker

Flotte Flitzer und Luftfederkompressoren

Das Rennauto haben Studenten entwickelt und damit einen Geschwindigkeitsrekord 2015 aufgestellt: von 0 auf 100 in 1,779 Sekunden - schneller als der freie Fall. Die Power dafür lieferte ein AMK-Elektromotor. „Solche Dinge sind Ansporn für junge Leute, die sich engagieren. Die haben tolle Ideen“, ist Ulrich Viethen begeistert vom Nachwuchs. Der tüftelt gerade an einer Maschine, die Müll frisst. „Die sammelt Müll ein, verbrennt ihn und fährt mit dieser Energie weiter, um wieder Müll zu schlucken“, beschreibt er das Konzept, das möglicherweise um Solarmodule erweitert wird. „Das ist dann grün und smart“, so Viethen.

Nicht nur bei der Entwicklung von schnellen Flitzern ist AMK im Automobilbereich tätig, sondern auch bei der Entwicklung von Federungen für Super-SUVs. Luftfederkompressoren heißt hier das Zauberwort. Was einst Citroën mit seiner hydropneumatische Federung entwickelte, nämlich ein „weich“ fahrendes Fahrzeug wie die DS - „Die Göttin“ -, können jetzt diese Kompressoren auch. Die unscheinbar länglich-rund ummantelte Form zwischen Radaufhängung und Karosserie beinhaltet eine Menge Technik. „Damit kann man verschiedene Funktionen einstellen, je nachdem, wie man fahren will“,erklärt Ulrich Viethen. Das heißt, von sportlich hart bis zur bandscheibenfreundlichen Variante - hier neigt sich der Wagen nicht in der Kurve und auch das Schlagloch ist gefühlt nicht vorhanden - ist alles einstellbar. ih