Kirchheim

Der Trauer einen Raum geben

Begleitung Ulrike Graf war jahrelang das Gesicht der Arbeitsgemeinschaft Hospiz und mitverantwortlich für das Café T, den Treffpunkt für Trauernde. Von Iris Häfner

Ulrike Graf mit ihrem Tränenlicht. Foto: Carsten Riedl
Ulrike Graf mit ihrem Tränenlicht. Foto: Carsten Riedl

Das Thema Trauer zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Ulrike Graf. Sie hat die Arbeitsgemeinschaft Hospiz in Kirchheim verlassen. Doch statt sich ein bisschen Ruhe und Abstand zu gönnen, beginnt sie eine Weiterbildung auf dem gleichen Feld.

„Jede Tätigkeit war immer wieder ein kompletter Neuanfang“, erinnert sich Ulrike Graf, die am 2. Januar 2001 ihren ersten Arbeitstag als Diakoniebeauftragte hatte - eine neue Projektstelle. Ihre Aufgabe: mehr Vernetzung in und zwischen den einzelnen Kirchenbezirks-Gemeinden, deren Ansprechpartnerin sie war. Dazu zählte aber auch, die „ganze Diakonie-Landschaft“ nach außen zu kommunizieren und zu repräsentieren. So musste Ulrike Graf beispielsweise einen Messestand für einen Kongress entwickeln. „Das war eine Herausforderung. Wir haben Füße gebacken als Symbol: bewegen oder bewegen lassen“, erzählt die Pfarrfrau, deren Mann damals in Oberlenningen seinen Dienst versah. Heute ist das Pfarrhaus in Zizishausen der Lebensmittelpunkt des Ehepaars.

Parallel dazu war Ulrike Graf in der AG Hospiz aktiv. In Abgrenzung zum stationären Hospiz hat sie den ambulanten Hospizdienst aufgebaut. „Fördergelder gab es aber nur, wenn ein Hauptamtlicher da war“, sagt Ulrike Graf. Und so bekam sie zum 1. Januar 2006 die Einsatzleitung übertragen. „Voller Elan habe ich angefangen und zweieinhalb Jahre später konnten wir landesweit den ersten Kurs für Einsatzleiter für ambulante Hospizeinrichtungen anbieten“, so Ulrike Graf. Schon 2002 hat sie in Zusammenarbeit mit der AG Hospiz begonnen, Ehrenamtliche als Trauerbegleiter auszubilden.

Den Impuls, trauernde Menschen zu begleiten, hatte sie schon während des Studiums. Trauer war ihr Schwerpunkt, ihre Diplomarbeit schrieb sie über die entsprechenden Rituale. Dazu kamen Beobachtungen in der eigenen Gemeinde. „Plötzlich waren manche Menschen nicht mehr präsent, nicht mehr im Blickfeld. Trauer kann lange anhalten“, ist ihre Erfahrung. Ihr wurde klar, dass sie etwas anbieten wollte. „Das musste aber ein Stück weit anonym sein, nicht im eigenen Ort. Trauer ist ein langer Prozess“, sagt sie. 14 Jahre lang hat sie mit zwei weiteren Mitstreiterinnen den Gesprächskreis für Trauernde geleitet. Er war begrenzt auf Frauen, die ihre Männer verloren haben. Das inhaltliche Konzept dafür hat sie entwickelt. Begonnen hat alles mit einem Referat und einem Kaffeenachmittag. „Ich war immer offen, wenn Impulse vonseiten der Teilnehmerinnen kamen. Das Thema habe ich dann aufgegriffen.“ Fester Bestandteil war das Tränenlicht, ein in Tränenform gearbeitetes Holzstück, das gleichzeitig als Halter für ein Teelicht dient. „Wenn geballte Trauer in einem Raum herrscht, muss man sich sehr konzentrieren und bei sich bleiben. Trauer ist ein Thema, das total verbindet“, sagt Ulrike Graf. Das Schönste am Gesprächskreis ist für sie, dass Freundschaften unter den Frauen entstanden sind. „Die haben sich jahrelang getroffen, es ist eine Art Stammtisch entstanden. Das motiviert“, sagt sie. Aus dieser Arbeit hat sich das Café T entwickelt. „Das ist eine andere Zielgruppe. Zu diesem monatlichen Angebot heißen wir alle willkommen“, sagt Ulrike Graf. Im Moment findet jedoch keines statt, da die Fachkraft fehlt.

Zur Zeit hat die AG Hospiz rund 30 ehrenamtliche Helfer, es waren auch schon 40. Sieben beziehungsweise acht gehören zum Stamm des Café T, die übrigen sind bei der Sterbebegleitung. „Selten rufen Betroffene selber an und bitten um eine Begleitung. Es geht bei den Besuchen in der Regel um die Entlastung der Angehörigen - dass sie mal kurz Pause haben oder was erledigen können“, beschreibt Ulrike Graf die Arbeit der Ehrenamtlichen. Für sie gab es auch Impulse vonseiten der Hauptamtlichen: beispielsweise „Stille Tage“ mit der Bildhauerin Monika Majer, „Texte und Lieder der Hoffnung“ sowie Kreativ-Angebote, bei den Grabgestecke hergestellt wurden. Auf dem Programm standen aber auch „intensive Wochenenden und Abende“, die Ulrike Graf vorbereitet hat.