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Die Angst vor dem Volk - Stimmen aus dem Volk

Im Jahr 1946 gab es in Sachsen eine Volksabstimmung über die Vergesellschaftung der Betriebe von Nazi-Verbrechern. 93 Prozent nahmen daran teil, 77 Prozent stimmten mit Ja. Das Ergebnis hätte im Westen die Angst vor Volksabstimmungen befördert. Paul Schreyer präsentierte ein Wahlplakat der CDU aus dem Jahr 1953, in dem diese versprach, vor möglichen Enteignungen zu schützen.

Heute geht die Angst in eine andere Richtung: Ob Volksentscheide nicht der AfD in die Hände spielten, fragte ein Zuhörer nach. Für Paul Schreyer ist das ein ganz wichtiger Einwand. „Die Menschen sind geprägt durch die Jahrzehnte, dumpfe Vorurteile können gepusht werden.“ Deshalb sei die Höhe des Quorums eine wichtige Detailfrage. Wichtig sei auch, wer bestimme, über welche Frage genau abgestimmt werde. „Beim Brexit hat die Regierung entschieden, über was abgestimmt wird. Solche Abstimmungen, bei der die Regierung entschieden hat, gab es in der Nazizeit auch.“ Ein Vorteil der Volksabstimmungen: „Heute muss eine Lobbygruppe nur wenige Leute in der Tasche haben. In einer direkten Demokratie ist eine Manipulation ebenfalls möglich, aber teurer und aufwendiger.“

Wenn Menschen politisch gehört würden, hole sie das vom rechten Rand zurück, hofft eine Zuhörerin. Eine andere betonte, eine lebendige Demokratie mit Beteiligung aller gebe es nicht einfach so. „Das kriegen wir nicht geschenkt. Das müssen wir uns nehmen.“ pd

 

Info: Paul Schreyers Buch „Die Angst der Eliten: Wer fürchtet die Demokratie?“ ist bei Westend erschienen.