Lokale Wirtschaft

„Die besten Ideen kommen mir beim Rasieren“

Fritz Güttler aus Weilheim erhält Anerkennungsurkunde bei Artur-Fischer-Erfinderpreis des Landes

Baden-Württemberg versteht sich als Land der Tüftler und Erfinder. Fritz Güttler aus Weilheim ist einer von ihnen. Ges­tern bekam der 87-Jährige zum Abschluss der sechsten Runde des Artur-Fischer-Erfinderpreises in Stuttgart eine Anerkennungsurkunde verliehen.

Anerkennung zollte die Jury des Artur-Fischer-Erfinderpreises Baden-Württemberg Fritz Güttlers Säschar-Modul für Direktsaat. Der
Anerkennung zollte die Jury des Artur-Fischer-Erfinderpreises Baden-Württemberg Fritz Güttlers Säschar-Modul für Direktsaat. Der Weilheimer bekam dafür gestern im Haus der Wirtschaft in Stuttgart eine Urkunde überreicht.Foto: Jean-Luc Jacques

Weilheim. „Es ist wie eine Krankheit“, sagt Fritz Güttler schmunzelnd über seinen Hang, ständig über Ideen zu brüten, die die Landtechnik voranbringen. Der Weilheimer ist im Besitz von mehr als 70 Patenten. 10 2009 004 767 B4 lautet die Nummer für das jetzt ausgezeichnete Säschar-Modul für Direktsaat. Die Kennzeichnung kommt dem 87-Jährigen genauso leicht über die Lippen wie die Patentnummer des Vorgängermodells. Nach wie vor lebt der Hochbetagte seinen Beruf. Abgesehen vom Sonntag verbringt er täglich acht bis neun Stunden im Keller an seinem Schreibtisch oder am Reißbrett. Einen Computer sucht man in dem Büro vergebens. Gearbeitet wird mit Blei- oder Tuschestift. „Die besten Idee kommen mir aber nicht hier, sondern im Bad – vor allem beim Rasieren“, sagt der Weilheimer in fränkischem Dialekt, der seine Wurzeln verrät.

Im Wettbewerb für private Erfinder zählte Güttler unter 47 Einsendern zu den zehn Nominierten. Am Mittwochabend erfuhren die Teilnehmer im Haus der Wirtschaft in Stuttgart, wer zu den drei Gewinnern der mit insgesamt 32 000 Euro dotierten Hauptpreise gehört. Der Artur-Fischer-Erfinderpreis wird seit 2001 alle zwei Jahre verliehen. „Ohne die richtigen Erfindungen können wir unsere Probleme nicht lösen“, bekräftigte Namensgeber und Mitstifter Professor Artur Fischer, der gemeinsam mit Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung, die Preise und Anerkennungen überreichte, nachdem Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid über Innovation und Erfindergeist gesprochen hatte. Der Bogen der eingereich­ten Ideen spannte sich von einer neuartigen Zahnspange über effektive, ökologische Energiegewinnung und Verpackungslösungen bis zur computergesteuerten Katzenklappe.

„Stolz ist nicht das richtige Wort. Nein, ich freue mich einfach über die Anerkennung“, so Fritz Güttler. Das von ihm erfundene Säschar-Modul für Direktsaat bietet unter anderem den Vorteil, dass man damit auf Pflügen und Eggen verzichten kann, erklärt der Tüftler. Weitere Pluspunkte sind eine verminderte Bodenerosion, das Einsparen von Kraftstoff und die damit verbundene Reduzierung des CO2-Ausstoßes. „Bisher gab es nur neuseeländische Modelle als Schlepperanhänger, die mehr als fünf Tonnen wiegen und Investitionen von rund 350 000 Euro voraussetzen“, weiß Güttler. „Mein Modul eignet sich auch für kleinere Betriebe.“ Der Trick: Konventionelle Sämaschinen und Düngeeinrichtungen können mit geringem Aufwand mit den Modulen ausgestattet werden. Derzeit wird der Prototyp gebaut.

Während die Säschar-Module unabhängig voneinander arbeiten, sind die Erfindungen Güttlers eng verzahnt mit der in der Kirchheimer Bohnau ansässigen gleichnamigen Firma. 1981 von Fritz Güttler gegründet, liegt die Geschäftsführung des Betriebes längst in den Händen seines Sohnes Hans Güttler.

Bevor Fritz Güttler den Sprung in die Selbstständigkeit wagte, arbeitete er erst im Außendienst der Baywa und kurbelte den Absatz von Melkmaschinen an. Ebenso erfolgreich war er im Anschluss als Verkaufsförderer und später als Verkaufsleiter für die Weilheimer Firma Landmaschinen Rau tätig. Jahre als freischaffender „Künstler“ folgten, in denen der Agraringenieur technische Entwicklungen vorantrieb. In diese Zeit fällt auch die Erfindung der Prismenwalze. „Sie ist heute noch ein Kernprodukt der Güttler GmbH“, sagt der Senior, der zwei Vorzüge seiner den Boden auflockernden „Duplex“ in dürren Worten anpreist: „Unten fein, oben grob.“ Die an große Kronkorken erinnernden Scheiben bewähren sich auch bei feuchten, klebrigen Böden.

Der Hang zur Landtechnik war Fritz Güttler in die Wiege gelegt. 1781 hatte ein Vorfahre den Hof in Untermelsendorf bei Bamberg gekauft, auf dem Fritz Güttler 1924 das Licht der Welt erblickte. „Ich habe noch mit Pferden gepflügt, geeggt und gesät“, erzählt er aus Kindertagen. Früh hatte der Vater schon mit Sämaschinen gearbeitet, was den achtjährigen Sohn darauf brachte, einen Pflug zu bauen, mit dem sich der Sandhaufen im Garten prächtig bearbeiten ließ.

Die Ideen gingen dem Tüftler auch später nicht aus: „Auf Geschäftsreisen habe ich mich immer geärgert, dass die Handtücher so schmutzig waren“, sagt Fritz Güttler. Kurzerhand erfand er einen Handtuchwaschautomat, der mit Ultraschall arbeitete. Doch leider fand sich kein Produzent für das Gerät. „Zwei Jahre später hing ein ähnliches Modell im Hotel in Paris“, so der Erfinder. „Gefertigt hatten es Japaner.“