Kirchheim
„Die Inzidenz ist der erste Wert“

Interview mit Michael Hennrich, CDU-Abgeordneter im Bundestag und Mitglied im Ausschuss für Gesundheit. Von Bernd Köble

 

 

Herr Hennrich, muss sich die Politik bei ihren Pandemieplänen breiter aufstellen?

Michael Hennrich: Das machen wir schon die ganze Zeit, auch wenn das nicht offensiv kommuniziert wurde. Wir betrachten immer das Gesamtbild. Wieviele freie Intensivbetten gibt es, Wer ist besonders stark betroffen, wie ist der R-Wert, wie hoch die Sterblichkeit? Das sind alles wichtige Faktoren. Im neuen Entwurf zum Infektionsschutzgesetz ist das jetzt explizit verankert und das ist auch gut so.

 

 

Warum richten sich Stufenpläne dann bisher ausschließlich an der Inzidenz aus?

Hennrich: Die Inzidenz ist zeitlich immer der erste Wert, den wir bekommen, um ein Infektionsgeschehen zu beurteilen. Erst zwei Wochen später schlägt sich dieser Wert dann auf die Belegungen der Intensivstationen nieder. Wieder 14 Tage später äußert er sich in Todeszahlen. Im November und Dezember konnte man das gut beobachten. Da war der Inzidenzwert relativ hoch. Zum Jahresende stießen dann wie erwartet Krankenhäuser an ihre Grenzen. Dass sich das wieder entspannt hat, lag am Rückgang der Inzidenzwerte. Jetzt haben wir aber die Situation, dass die Zahlen wegen der Mutationen drastisch steigen. Deshalb spielt dieser Wert in der Kommunikation nach außen eine so große Rolle.

 

Reicht die Sieben-Tage-Inzidenz als alleinige Richtschnur in der Pandemiebekämpfung noch aus?

Die Mehrheit in der Politik ist überzeugt, dass es zusätzliche Paramenter wie den Reproduktionswert in der Infektionskette oder die Auslastung der Kliniken braucht. Ein entsprechender Entwurf zum Infektionsschutzgesetz muss am Freitag noch durch den Bundesrat. Der Gesundheitspolitiker der CDU im Bundestag, Michael Hennrich, erklärt, weshalb die Inzidenz ein entscheidender Wert bleiben muss.

 

 

Inzwischen ist aber ein Großteil der besonders gefährdeten Älteren geimpft?

Wir gehen tatsächlich davon aus, dass die Seniorenheime bei der künftigen Belegung der Intensivstationen keine große Rolle mehr spielen werden. Die Todeszahlen, die wir heute verzeichnen, gehen in der Regel auf Infektionen im Januar zurück.

 

 

Das heißt, Sie gehen davon aus, dass künftig Jüngere auf den Intensivstationen liegen?

Das wird befürchtet. Die Wissenschaft geht bei den neuen Virusvarianten von schwereren Krankheitsverläufen auch bei Jüngeren aus. Zudem erwarten Mediziner, dass die Behandlungsdauer bei schweren Verläufen sich bei Jüngeren verlängert.