Kirchheim

Die „Marienvesper“ zur Abendstund’

Weihnachtschor In der Martinskirche hat der Kirchheimer Kammerchor unter der Leitung von Bezirkskantor Ralf Sach drei Komponenten in Monteverdis Sakralwerk souverän zusammengeführt. Von Ulrich Kernen

Komplizierte Mehrstimmigkeit und viele rhythmische Wechsel unterstreichen die „Marienvesper“.Foto: Markus Brändli
Komplizierte Mehrstimmigkeit und viele rhythmische Wechsel unterstreichen die „Marienvesper“.Foto: Markus Brändli

Der erste musikalische Gipfel in der europäischen Geschichte ist am zweiten Adventssonntag in der Kirchheimer Martinskirche erklungen: die „Marienvesper“ von Claudio Monteverdi. In diesem vielfältigen Werk spielt der Meisterkomponist auf höchstem Niveau alle Ausdrucksmöglichkeiten des Frühbarocks durch. Das bedeutet vor allem: komplizierteste Mehrstimmigkeit und dauernd rhythmische Wechsel. Nicht jeder Chor traut sich das zu. Der Kirchheimer Kammerchor aber in jedem Fall. Er besteht aus erfahrenen und begabten Sängerinnen und Sängern, die bei der aufwendigen Probenarbeit entsprechend viel Flexibilität und Geduld aufbrachten.

Der Lenker des Ganzen, Bezirkskantor Ralf Sach, brachte die drei Komponenten der Aufführung souverän zusammen. Das Orchester „Alte Musik-Abteilung Basel“, die vier Solisten Maria Gabaldon Martinez, Baika Urka, Dino Lüthy und Daniel Schmid, sowie den Chor. Präzise und bis zum Schluss konzentriert führte er durch alle Wechsel und sonstige Untiefen. Zugleich spürte das Publikum aber auch, wie sehr er mit dieser Musik verbunden war - und das übertrug sich auf alle Mitwirkenden. Da sich durch das Werk kein roter Faden zieht, hoben sich einige charakteristische Stellen und Aspekte ab: Das Orchester trat in Minimalbesetzung an, was dem Chor angenehmen Freiraum ließ. Außerdem trumpften die Bläser nicht über Gebühr auf, sondern musizierten einfühlsam mit den anderen. Lediglich der aparte Klang der Theorbe kam nur an wenigen Stellen zur Geltung, sonst war sie zur Pantomime verurteilt.

Die beiden Sopranistinnen verfügten über klare, helle und wendige Stimmen. Auch die zwei Tenöre meisterten ihre Koloraturen bravourös. Die Choristinnen und Choristen bewältigten mit bewundernswertem Dauereinsatz ein Meisterwerk nach dem anderen. Dabei war aber bei aller noch so würdiger Leistung eines unüberhörbar: Aufgrund des tückisch langen Nachhalls der Kirche, in dem der Gesang regelrecht verschwimmt, verstand das Publikum den lateinischen Text kaum. Die Zuhörer wussten jedoch damit umzugehen: Sie legten die Textblätter einfach zur Seite und hörten dem Chor zu.

Es war ein mitreißendes Schwingen in den Hymnen, rasche und sichere Wechsel der rhythmischen Muster, und darüber hinaus noch stimmliche Qualität in den Teilen, die stimmlichen Fluss in hervorgehobenen Textpartien verlangten.

Immer wieder entstanden emotionale Augenblicke unwirklicher Schönheit, auch wenn Glockengeläut und Weihnachtsmarkt dann doch noch arg von dieser Welt waren.