Mit Sonderregelungen und Hilfen statt mit Verboten will die SPD-Gemeinderatsfraktion den Kirchheimern das Leben in Pandemie- und Lockdown-Zeiten leichter machen. Der Fraktionsvorsitzende Marc Eisenmann hat dem Oberbürgermeister Pascal Bader fünf Anträge übermittelt, die aus seiner Sicht das Leben mit den Einschränkungen verbessern könnten. Insbesondere die „vulnerablen“, also die verwundbaren Gruppen sollten dadurch besser geschützt werden: Menschen ab 60 Jahren sowie Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen.
Konkret ging es in den fünf Anträgen Marc Eisenmanns, die sich am Vorbild der Stadt Tübingen orientieren, darum, Konzepte für die Personenbeförderung aufzuzeigen: Angehörige der Risikogruppe sollten innerhalb der Stadtgrenzen nicht in vollen Bussen sitzen, sondern zum selben Preis alternative Beförderungsangebote erhalten.
Antrag zwei nimmt ebenfalls die Risikogruppen in den Blick und fordert die Verwaltung zu Gesprächen mit dem Einzelhandel auf, um einen bestimmten Zeitkorridor einzurichten, in dem das Einkaufen ausschließlich Älteren oder Vorerkrankten erlaubt wäre. Als Beispiel nennt der Antrag die Zeit von 9 bis 11 Uhr. Außerdem sei zu prüfen, ob eine Verlängerung der Marktzeiten möglich ist.
Schnelltests und Masken für alle
Von den nächsten beiden Anträgen würden alle Einwohner profitieren: Es geht um Konzepte für einen kostenlosen Schnelltest für alle sowie um die Bereitstellung von „adäquaten Mundschutzmasken“ - zunächst vorwiegend für „Lehr- und Betreuungspersonal an Kirchheimer Bildungseinrichtungen“. Grundsätzlich aber sollten möglichst alle FFP2-Masken erhalten, und zwar „kostenfrei und ohne Bedürftigkeitsprüfung“.Der fünfte Antrag bezieht sich auf ein allgemeines Problem in Krisenzeiten, das auch auf Länder- und Bundesebene kritisiert wird: Die Exekutive trifft ihre Entscheidungen zum Umgang mit der Pandemie meistens alleine, ohne die gewählten Volksvertretungen zur Beratung hinzuzuziehen. Deswegen solle die Verwaltung den Gemeinderat wöchentlich über die Entwicklung der Fallzahlen in Kirchheim und über die Entscheidungen des „Corona-Verwaltungsstabs“ informieren.
Im Gemeinderat standen diese Anträge der SPD-Fraktion erstmals zur Diskussion, wenn auch noch kein Beschluss gefallen ist. Vor allem ging es um die Einkaufszeit, die der Risikogruppe exklusiv zur Verfügung gestellt werden solle. Ohne auf praktische Probleme der Umsetzung wie Kontrollen, Berechtigungsnachweis oder den damit zusammenhängenden Datenschutz einzugehen, berichtete der Oberbürgermeister von Gesprächen mit der Kirchheimer Händlergemeinschaft City Ring. Die lehne den Vorschlag ab und verweise unter anderem auf die bestehenden Bring- und Lieferdienste in Kirchheim. Gleiches gelte für die Marktbeschicker: „Da gibt es keine Bereitschaft zur Verlängerung der Zeiten.“
Auf den Einwand von FDP-Stadträtin Renata Alt, dass es reservierte Zeiten für Risikogruppen auch in anderen Ländern Europas gebe und dass diese vor allem für den Einkauf von Lebensmitteln gedacht seien, antwortete Pascal Bader: „Mit dem Lebensmitteleinzelhandel werde ich sicher noch Gespräche führen. Aber es dürfte schwierig werden, die großen Einzelhandelsketten dazu zu bewegen, dass sie sich auf eine solche Regelung einlassen.“
Stadtrat Ralf Gerber (Freie Wähler) sprach den grundlegenden Unterschied zwischen einer freiwilligen Regelung in einer einzelnen Kommune und der Anordnung in einem ganzen Staat an: „In anderen Ländern wurde so etwas von oben vorgegeben. Wenn das klar definiert ist, müssten wir uns auch in Kirchheim daran halten.“ Aber grundsätzlich hätte er große Bedenken, wenn jemand in einem bestimmten Zeitraum Kunden wegschicken müsste, nur weil diese nicht zur bevorzugten Gruppe gehören. Ohne den Verweis auf eine von höherer Stelle vorgegebene Gesetzeslage wäre ein solches Verhalten für die Händler geschäftsschädigend.