Kirchheim

Die Rikscha sorgt für gute Laune

Projekt Seit Dezember fährt in Kirchheim eine zweite Rikscha. Die Fahrgäste genießen die Ausfahrten. Was jetzt noch fehlt, sind ein paar Fahrer. Von Melissa Seitz

Wer gerne Fahrrad fährt und Senioren sowie Menschen mit Behinderung ein Lächeln ins Gesicht zaubern will, ist auf dem Sattel ein
Wer gerne Fahrrad fährt und Senioren sowie Menschen mit Behinderung ein Lächeln ins Gesicht zaubern will, ist auf dem Sattel einer Rikscha genau richtig.Foto: Jean-Luc Jacques

Eigentlich sollte Bernd Cremer eine ältere Dame mit der Rikscha nur kurz zum Kirchheimer Postplatz fahren. „Sie wollte sehen, was sich dort verändert hat“, erzählt er. Die kurze Ausfahrt wurde dann zu einer kleinen Shopping-Tour. Auf der Rückfahrt zum Seniorenheim war der Platz neben der Seniorin nicht mehr leer: Neben der strahlenden Seniorin lag ein Karton mit Schuhen. „Wir haben einen kurzen Stopp bei einem Schuhladen eingelegt“, berichtet Bernd Cremer. „Dort hat sich die Dame Schuhe gekauft, die sie sich schon lange gewünscht hat.“ - Es sind genau solche Erlebnisse, die dem Rikscha-Fahrer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Deswegen schwingt er sich immer wieder auf den Sattel des roten Gefährts.

„Da muss ich mitmachen“

Bernd Cremer ist Rikscha-Fahrer der ersten Stunde. Seitdem das „Rikscha-Kirchheim“-Projekt in die Tat umgesetzt wurde und die erste Rikscha durch Crowdfunding finanziert wurde, fährt er Senioren und Menschen mit Behinderung oder Einschränkungen zu ihren Lieblingsplätzen in Kirchheim. Das Fahrradfahren liegt ihm im Blut. „Als ich von dem Projekt gehört habe, war mir klar, dass ich da mitmachen muss“, erzählt er.

Ähnlich ging es Annette Langen- han. „Ich habe nach einem sinnvollen Ehrenamt gesucht. Ich fahre Fahrrad und bin gerne an der frischen Luft“, erzählt sie. Das passt doch wie die Faust aufs Auge, dachte sie. Seit mehr als einem Jahr ist sie jetzt dabei - und damit die einzige Frau unter insgesamt zwölf Fahrern.

„Als das erste Rikscha-Fahrer-Treffen stattfand und ich gesehen habe, dass ich die einzige Frau bin, habe ich mich erst einmal gefragt: Kann ich das überhaupt?“, erzählt Annette Langenhan. Ihre ersten Fahrversuche mit der Rikscha haben ihre Zweifel nicht gerade aus dem Weg geräumt. „Ich hatte eine Riesenangst. Das ist ein ganz anderes Fahren als mit dem Fahrrad.“ Ein Versuchskaninchen musste her: „Ich habe Freunde gebeten mit mir zu fahren und es hat sofort geklappt“, sagt die Rikscha-Fahrerin. Die Ängste waren aus dem Weg geschafft. Einer Karriere als Rikscha-Fahrerin stand nichts mehr im Weg. Zum Glück: „Es ist einfach schön zu sehen, dass bei einer Tour sowohl die Gäste als auch die Menschen, die dir entgegenkommen, ein Lächeln haben“, erzählt Annette Langenhan.

Seit Dezember fährt in Kirchheim eine zweite Rikscha. Die Nachfragen nach einer Fahrt zur ehemaligen Schule, zur ICE-Baustelle oder einfach durch die Kirchheimer Innenstadt steigen. Was fehlt, sind Rikscha-Fahrer. Besondere Kenntnisse müssen die künftigen Fahrer nicht mitbringen. „Die Landschaft hier in der Umgebung ist relativ flach. Das ist von Vorteil“, erklärt Bernd Cremer. Und die Rikschas haben alle einen kleinen Motor, der beim Fahren unterstützt. Wer wann fährt, das machen die 16 ehrenamtlichen Fahrer unter sich aus. „Wir treffen uns regelmäßig und sprechen uns ab, wer welche Fahrten übernehmen kann“, berichtet Annette Langenhan.

Wichtig ist aber eins: Man muss Spaß an der Sache haben. Und das haben die jetzigen Fahrer auf jeden Fall. „Wenn ich von einer Rikscha-Tour nach Hause komme, habe ich grundsätzlich gute Laune“, erzählt Bernd Cremer. „Bei normalen Radtouren ist das nicht so.“

Info Wer jetzt auch Rikscha-Fahrer werden möchte, kann sich direkt bei Andrea Albig im Quartierbüro „Wir-Rauner“ unter der Telefonnummer 0 70 21/9 56 51 54 melden. Weitere Informationen gibt es im Internet auf der Homepage www.wir-rauner.de.

Ungebremster Fahrspaß mit zwei Rikschas

Seit Dezember gehören zwei Rikschas zum Gemeinschaftsprojekt „Rikscha Kirchheim“ von der Heinrich-Sanwald-Stiftung, dem Seniorenzentrum St. Hedwig, der Lokalen Agenda 21, dem Verein „buefet“ und dem Quartiermanagement „Wir-Rauner“.

Die IT-Firma „Die Netzwerker“ aus Jesingen haben die neue Rikscha gespendet. „Sie fanden unsere Idee so super, dass sie uns unterstützen wollten“, berichtet Anne-Katrin Stuth, Besuchsdienstleiterin der Heinrich-Sanwald-Stiftung. Außerdem sei die erste Rikscha sehr gefragt. Mit der zweiten könne man der Nachfrage gerecht werden.

Die neue Rikscha mit dem Namen „Trio-Bike“ ist komfortabler als die erste. Einen Teil der Fußstütze kann man entfernen. „Das ist für ältere Fahrgäste hilfreich“, sagt Bernd Cremer. „Es erleichtert das Einsteigen.“ Die Sitzfläche ist außerdem ein wenig breiter, und es gibt zwei Gurte zum Anschnallen. „Wer in dem älteren Modell fährt, muss sich mögen“, scherzt Anne-Katrin Stuth. „Man sitzt ziemlich aufeinander.“sei