Kirchheim

Diesmal geht es um Vertrauen

Der Kreisetat baut auf Verlässlichkeit in Bund und Land – Umlage steigt auf 34 Prozentpunkte

Der Landkreis nimmt seine Städte und Gemeinden in die Pflicht. Für den Erhalt der Schullandschaft soll erstmals seit Jahren die Kreisumlage steigen.

Esslingen. Das größte Chaos scheint überstanden. Die Zahl neuer Flüchtlinge ist drastisch gesunken, die Zusammenarbeit mit Bauträgern und Kommunen funktioniert, zum Jahresende sollen alle Sporthallen, die bisher Notquartiere waren, geräumt sein. Ein Stück näher an der Normalität, das spiegelt sich auch im Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr wider.

Im Vorjahr noch hatte sich der Esslinger Landrat geweigert, die finanziellen Risiken bei der Flüchtlingsunterbringung im Etat auszuklammern solange nicht geklärt sei, in welchem Umfang sich das Land an den Kosten beteilige. Dafür musste er viel Kritik aus Rathäusern und Fraktionen im Kreistag einstecken. Am Ende hieß es zurückrudern. Diesmal legt Heinz Eininger einen Haushaltsplan vor, der auf Vertrauen fußt. Das gilt für die Kostenerstattung beim Bau neuer Flüchtlingsquartiere in Höhe von 20 Millionen Euro wie auch bei der nach wie vor ungeklärten Frage, wie das Land den Finanzausgleich ab 2017 neu regeln wird.

Der Planentwurf, den der Esslinger Landrat gestern im Kreistag vorstellte, stimmt die Verwaltung trotzdem zuversichtlich. Trotz Sozialausgaben in Rekordhöhe erwirtschaftet der Landkreis im kommenden Jahr dank nach wie vor guter Konjunkturlage einen Überschuss von 6,8 Millionen Euro. Auch neuer Schuldenabbau ist geplant, vorausgesetzt das Land übernimmt die Kosten für den Bau neuer Flüchtlingsquartiere wie zugesagt. Der Schuldenstand wäre dann mit knapp 178 Millionen Euro der niedrigste seit drei Jahren.

Die Kosten für Sozialleistungen, die im Landkreis mit seinem dichten Netz sozialer Hilfen seit Jahren steigen, sind der größte Posten im Etat. Der Anstieg um 7,3 Prozent auf inzwischen 230 Millionen Euro das eigentlich Besorgniserregende aus Einingers Sicht. „Eine Größenordnung, die wir in den letzten Jahren noch nie hatten.“ Der größte Teil davon fließt mit 64 Millionen Euro in die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, wo für 2017 mit einem weiteren Kostenanstieg von 3,3 Millionen Euro gerechnet wird. Nicht berücksichtigt sind dabei die Auswirkungen des neuen Bundesteilhabegesetzes, das der Bundestag im Dezember beschließen will und das bereits im kommenden Jahr umgesetzt werden soll. Durch einen neuen Behindertenbegriff würden mehr Bürokratie und neue Leistungsansprüche geschaffen, befürchtet Eininger. Auch die Behindertenverbände äußern sich kritisch.

Bei aller Unsicherheit bietet der Haushalt Spielraum für dringend notwendige Investitionen in Planung und Bau neuer Schulen und Sporthallen wie der Albert-Schäffle-Schule in Nürtingen oder der baufälligen Halle in Esslingen-Zell. Weiter warten muss hingegen ein möglicher Neubau als Ersatz für das in die Jahre gekommene Landratsamt in Esslingen. Ein Mammutprojekt, für das bisher kein Geld im Finanzplan enthalten ist. Insgesamt stehen knapp 48 Millionen Euro für Investitionen im Finanzhaushalt, darunter mehr als acht Millionen für Kreisstraßen und öffentlichen Nahverkehr. Besonders im Blick steht dabei die Verlängerung der Stadtbahn U6 und der S-Bahn-Linie 2 auf den Fildern.

Für die 44 Städte und Gemeinden im Landkreis könnte das bedeuten, dass sie erstmals seit Langem wieder tiefer in die Tasche greifen müssen, um sich über die Kreisumlage am Investitionsprogramm zu beteiligen. „Die vorgeschlagene Erhöhung um eineinhalb auf 34 Prozentpunkte ist uns nicht leicht gefallen“, betonte Eininger gestern mit Blick auf die zahlreichen Rathauschefs im Kreistag. Er halte diese Erhöhung jedoch für vertretbar. Der Landkreis habe sich in den vergangenen Jahren zurückhaltend gezeigt, obwohl die Steuerkraft in den Kommunen seit 2011 um rund 55 Prozent gestiegen sei. Eininger: „Wir nehmen uns nur das, was wir unbedingt zur Erfüllung unserer Aufgaben brauchen.“

Rund 14 Millionen Euro für die Schulen im Kreis

Investitionen Generalsanierung Rohräckerschule in Esslingen4,3 Mio. Rate Neubau Albert-Schäffle-Schule in Nürtingen8,0 Mio. Bodelschwingh-Schule Nürtingen2,0 Mio. Sporthalle in Zell0,6 Mio. Verwaltungsgebäude2,9 Mio. Kreisstraßen3,1 Mio. Nahverkehr5,0 Mio. Asylunterkünfte (Erstattung durch das Land)20 Mio. Haushaltsvolumen Der Kreishaushalt 2017 weist Gesamterträge in Höhe von 594 Millionen Euro auf. Dem gegenüber stehen Aufwendungen in Höhe von 587,3 Millionen. Der Haushaltsplanentwurf sieht einen Überschuss von 6,8 Millionen Euro vor. Auf Rekordhoch befindet sich die Steuerkraftsumme im Kreis: mit 714 Millionen Euro liegt sie um 43 Prozent über dem Wert von 2012. Kreisumlage Der Etatentwurf sieht nach Jahren sinkender Hebesätze erstmals wieder eine Erhöhung um 1,5 auf jetzt 34 Prozentpunkte vor. Die 44 Städte und Gemeinden im Landkreis müssen demnach 243 Millionen Euro an das Landratsamt überweisen, 27 Millionen mehr als im Vorjahr. Erklärt wird die Erhöhung in erster Linie mit Investitionen im Schulwesen und einem Anstieg der Sozialkosten. Finanzplanung bis 2020 Der Kreis rechnet nach Jahren des Schuldenabbaus ab 2018 wieder mit einem leichten Anstieg von derzeit 183 auf 185 Millionen Euro. Auch bei der Kreisumlage ist bis 2020 eine schrittweise Anhebung geplant. Der Hebesatz soll von derzeit 32,5 auf 36,2 Prozentpunkte steigen. Dies entspräche Mehreinnahmen durch die Kommunen von rund 80 Millionen Euro.bk