Infoartikel

„Ein Trainer muss Zusammenhalt und harte Arbeit fördern“

Interview Der Sportpsychologe Henning Thrien weiß, wie der TSV Weilheim seine Aufholjagd fortsetzen kann.

Weilheim. Nach dem lange ersehnten zweiten Saisonsieg vergangenen Samstag in Blaustein hoffen die Landesligakicker des TSV Weilheim im morgigen Heimspiel gegen Bad Boll auf den nächsten Befreiungsschlag - zumal der Glaube an die erfolgreiche Aufholjagd zurückgekehrt sein dürfte, wie der Leipziger Sportpsychologe Henning Thrien im Interview erläutert.

Der TSV Weilheim war 202 Tage ohne Sieg. Was kann ein Erfolg nach einer so langen Durststrecke psychologisch bewirken?

Henning Thrien: Ein Sieg im Sport ist häufig die Bestätigung und die Belohnung für gute Arbeit, die im Vorfeld geleistet worden ist. Man kann auch sagen, „die Vorbereitung“ hat sich ausgezahlt. Ein Erfolgserlebnis nach einer langen Durststrecke verbuchen zu können, kann den Glauben an sich selbst steigern lassen. Niederlagen nagen an uns Menschen und können Einfluss auf unsere Selbstwirksamkeit haben. Damit ist unser Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gemeint und der Glauben daran, Herausforderungen und vor sich liegende Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Dazu ist es aber wichtig, ein Erfolgserlebnis auf die eigene Anstrengung und die eigenen Fähigkeiten zurückführen zu können. Ist das der Fall, kann daraus Motivation für kommende Ereignisse gezogen werden.

Welchen Einfluss haben Erfolgserlebnisse generell auf Motivation und Leistung?

Thrien: Erfolg ist ein netter Begleiter, um die optimale Leistung abrufen zu können. Allerdings kommt es ganz auf den Menschen an, ob ihn Erfolg antreibt, dieses Siegesgefühl wiedererleben zu wollen, oder ob „das Ausruhen auf dem Erfolg“ die Folge ist. Daher ist es sehr wichtig, unabhängig vom Ergebnis die eigene Leistung umfangreich zu analysieren und zu bewerten. So ist es möglich, einzelne Facetten des Spiels weiter zu optimieren und auch in einem Sieg viele Bereiche zu erkennen, die es weiter zu optimieren gilt.

Wie können Spieler und Trainer eine Aufholjagd im Abstiegskampf positiv beeinflussen?

Thrien: Positive Energie ist der Sprit, den wir tanken müssen, um erfolgreich zu sein. Wenn ich mich mit positiver Stimmung und guter Laune meinen Aufgaben widme, erhöhe ich die Chance, diese erfolgreich zu bewältigen. Als Trainer ist es mein Job, ein Umfeld zu schaffen, das diese Stimmung generieren kann. „Was brauchen die Jungs heute von mir?“ ist eine Frage, die Trainer sich immer wieder stellen sollten. So kann er durch die Gestaltung der Übungseinheiten die Stimmung und das Miteinander massiv beeinflussen. Dabei kann es durchaus passieren, dass Trainer Abstriche machen müssen in puncto Inhalt und Taktik, um dem Gemeinschaftsgefühl und der positiven Stimmung Platz zu machen. Le Bron James sagte einst: „Wir brauchen Zusammenhalt und harte Arbeit, um erfolgreich zu sein.“ Genau diese Attribute gilt es immer wieder zu fördern.Peter Eidemüller

Zur Person: Henning Thrien hat einen Masterabschluss in Angewandter Sportpsychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er seit 2015 lehrt und forscht. Gemeinsam mit Nils Gatzmaga betreibt er unter www.psychologie-fussball.de eine Website für Spieler und Trainer.