Kirchheim

Enormer Reichtum musikalischer Ausdrucksformen

Konzert Jochen Feucht feiert mit seiner Band nicht nur in, sondern auch mit der Bastion.

Jochen Feucht mit Band: Uli Möck, Fauzia Maria Beg, Markus Bodenseh, Hans Fickelscher und Boris Kischkat Foto: Bernhard Fischer
Jochen Feucht mit Band: Uli Möck, Fauzia Maria Beg, Markus Bodenseh, Hans Fickelscher und Boris Kischkat Foto: Bernhard Fischer

Kirchheim. Im Jubiläumsjahr hat sich der Club Bastion vorgenommen, vor allem Künstler einzuladen, die langjährig mit dem Club verbunden sind. Dass Jochen Feucht das diesjährige Herbstprogramm eröffnen kann, ist ein Glücksfall, wird er doch ebenso wie der Club in diesem September 50 Jahre alt. Es ist auch ein Glücksfall, dass schon mit diesem Konzert der Reichtum musikalischer Ausdrucksformen umrissen wurde. Das Konzert führt ausgehend von hiesigen Regionen über England nach Indien, weiter nach Brasilien und zu den Indianern Nordamerikas. Jochen Feucht nutzt die Einladung des Clubs, langjährige musikalische Wegbegleiter erstmalig zu einer Band zusammenzubringen, einer Band, deren Mitspieler sich wunderbar ergänzen.

Feucht beginnt den Auftritt am Sopransaxofon im intimen Rahmen eines pianolosen Trios mit seiner Komposition „Tune for the Moon“ mit Markus Bodenseh am Kontrabass und Hans Fickelscher am Schlagzeug. Stück für Stück erweitert sich die Band um die Mitspieler Uli Möck und Boris Kischkat, bis letztlich noch die indischstämmige Sängerin Fauzia Maria Beg die Band vervollständigt. “Was ganz anderes, leider nicht von mir“, kündigt Feucht die Komposition „Within You Without You“ aus dem Sergeant Pepper‘s-Album der Beatles an, ein Song, in welchem die Sängerin die indische Stimmung und die Atmosphäre der 60er-Jahre meisterlich umsetzt, getragen von der gesamten Band mit Jochen Feucht an der Altflöte, gestrichenem Kontrabass, Fickelscher an einer Mini-Tanpura und später auch auf der für indische Musik ebenfalls typischen „Ghatam“, ein an bauchige Blumenvasen erinnerndes Perkussionsinstrument.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends ist der Chick Corea Song „500 miles high“ mit Elementen des Bossa-Nova und des Rock-Jazz. Hier glänzt Fauzia Maria Beg mit einer sehr dynamisch-vollen Stimme, ebenso wie Kischkat mit einem stimmigen Solo auf der Gitarre und Fickelscher mit eindrucksvollem Spiel am Schlagzeug über einem treibenden Thema von Bass, Piano und Stimme.

Der zweite Teil des Konzertes beginnt ruhig im Trio mit Flöte, Gitarre und Bass. „Agua e Vinho“, Brot und Wein ist der anspruchsvolle Titel des brasilianischen Gitarristen und Komponisten Egberto Gismondi aus dem Jahr 1972. Seinem im Konzert anwesenden Sohn widmet Feucht die Komposition „Naoki“. „Die entscheidende Frage ist, schläft er oder schläft er nicht“, so Feucht. Entsprechend ruhig stellen Altflöte und Gitarre das Thema vor. Fickelscher steuert perkussiven Klangmalereien bei, immer wieder brechen kurze Dissonanzen durch, doch das Stück findet ein friedliches und harmonisches Ende. Der entspannte Rahmen der Bastion lädt ein zu Experimenten. So hat an diesem Abend auch die indisch beeinflusste Komposition „Kardamom“ in der Version mit Gesang seine Premiere.

Gestrichener Bass, Stimme und das von Feucht in diesem Stück gespielte Bassetthorn schaffen eine spannende Stimmung. Das Bassetthorn ist ein Instrument der Klarinettenfamilie in Tenorstimmung, das zarter, weicher und wärmer klingt als die Klarinette. Feucht ist der erste Jazzer, der es mit diesem Instrument zu einem Eintrag in Wikipedia geschafft hat. Warme Klangfarben entsprechen seinem Klangideal, so verwendet er anstelle der üblichen Querflöte auch in diesem Konzert die wesentlich weicher klingende Altflöte.

Und auch das Sopransaxofon klingt bei Feucht ungewöhnlich weich, warm und rund. Zu diesem Klangbild passt natürlich besonders die von Kischkat sehr melodisch gespielte Gitarre mit Nylonsaiten, ebenso wie der runde, volltönende Bass von Markus Bodenseh. Fickelscher wiederum setzt am Schlagzeug einfühlsam zarte Akzente. Uli Möck am Piano lässt die Töne wie Perlenketten tanzen und Fauzia Maria Beg begeistert mit ihrer Bühnenpräsenz bei den anspruchsvollen indisch oder südamerikanisch geprägten Stücken.

Mit der Ballade des Österreichers Joe Zawinul „A Remark I Made“ als Zugabe tritt Feucht kongenial in die Fußstapfen des großen Saxofonisten Wayne Shorter, ein würdiger Abschluss eines gelungenen Konzertabends.Bernhard Fischer