Kirchheim

Entstanden aus Schmutzblättern

Ausstellung In vielen Kirchheimer Häusern hängen Bilder des Zeichners Konrad Raum. Wer sich aber einen größeren Überblick über seine Werke verschaffen möchte, sollte ins Kornhaus gehen. Von Peter Dietrich

Im Kirchheimer Kornhaus sind derzeit Werke von Konrad Raum zu sehen.Foto: Markus Brändli
Im Kirchheimer Kornhaus sind derzeit Werke von Konrad Raum zu sehen.Foto: Markus Brändli

Konrad Raum wurde 1917 in Bayreuth geboren. Doch von 1945 bis zu seinem Tod im Jahr 2008 wohnte er in Kirchheim. Er hat sich auch künstlerisch intensiv mit seiner neuen Heimat beschäftigt. Immer wieder durch die Jahrzehnte hindurch: sei es nun das Aquarell der Kirchheimer Ziegelstraße aus dem Jahr 1949, die Kreidezeichnung mit dem alten Kirchheimer Bahnhof aus dem Jahr 1967 oder das Aquarell „Tecklandschaft“ von 1992.

Zu Raums 100. Geburtstag sind in der Retrospektive im Kornhaus 130 Werke zu sehen, sie wurden aus einem großen Fundus ausgewählt. Matthias Raum, der Sohn des Künstlers, ermöglichte dem Kurator Wolfgang Dick Zugang zu den noch in Kirchheim liegenden Arbeiten. Das Spektrum reicht von Bleistiftzeichnungen aus der Studienzeit Raums über detaillierte Aquarelle aus den 50er-Jahren bis zu abstrakten Kompositionen von 1997. Letztere entstanden wohl zum Teil aus nachbearbeiten Schmutzblättern, auf denen die Pinsel ausgestrichen wurden. In seinen späteren Werken hat sich der Künstler generell von seinen Motiven emanzipiert, seine tanzenden Linien waren ihm nun genauso wichtig.

Das Wesentliche erfassen

Auch im Esszimmer der Eltern von Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker hing ein Werk von Konrad Raum. Er habe die Landschaft geliebt, so die Oberbürgermeisterin bei der Ausstellungseröffnung. Sein Ideal sei gewesen, in einem Kürzel von Linien alles Wesentliche einer Landschaft zusammenzufassen. Um seinen ganz Eigenes zu entwickeln, habe er Vorbilder wie Rembrandt und Courbet genutzt. Seine romantischen Landschaftszeichnungen seien auch der künstlerische Versuch gewesen, den Widrigkeiten des Krieges zu entfliehen. Als Besatzungssoldat in Frankreich lernte er die dortige Landschaft und die Menschen kennen und lieben. Er kehrte nach dem Krieg immer wieder zurück. Zahlreiche Werke in der Ausstellung zeugen davon, ob nun aus Paris oder La Rochelle. Konrad Raum reiste auch quer durch Deutschland, brach in die Schweiz und nach Italien auf.

Eine derartige Ausstellung habe es noch nie gegeben, sagte die Tübinger Kunstwissenschaftlerin und Konrad-Raum-Kennerin Dr. Barbara Lipps-Kant. Konrad Raum sei ein sensibler Beobachter gewesen, habe sich selbst vor allem als Zeichner verstanden. Sei Interesse galt dabei genauso Landschaften wie Städten, Industrieanlagen und Brücken. Schon mit 15 Jahren arbeitete das künstlerisch hochbegabte Kind an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Später studierte er dort, war unter den Kommilitonen sehr beliebt. 1943 bekam er den Albrecht-Dürer-Preis der Stadt Nürnberg verliehen.

Schon kurz nach dem ersten Kontakt bei der Ausstellung zum 70. Geburtstag des Künstlers war Dr. Barbara Lipps-Kant zu Gast bei ihm in Kirchheim. „Er führte mich vor Türme von Zeichnungen. Aus dem gemeinsamen Interesse an diesen wurde eine Freundschaft.“ Schließlich bekam sie von Raum den Auftrag, gemeinsam mit seinem Sohn einen Ausstellungskatalog zu erarbeiten. Zu ihren Lieblingswerken von Konrad Raum gehören die Waldstücke, auf denen kein Haus oder sonst etwas außer Wald und Wegen zu sehen ist.

Werke sind verkäuflich

Für die Ausstellung wurden die Kunstwerke neu und einheitlich gerahmt, außer den Werken in den Vitrinen. Fast alle Werke in der Ausstellung sind verkäuflich, die Preise reichen von 100 bis 2 600 Euro. Bei der sehr gut besuchten Eröffnung sahen manche Besucher auch ohne Kaufabsicht ganz genau hin. „Dieses Haus da steht noch!“, stellte ein Besucher beim Aquarell der Kirchheimer Ziegelstraße von 1949 fest. Ein anderer Betrachter rätselte beim Aquarell von Stuttgart, für das „50er-Jahre“ angegeben ist, über die genaue Jahreszahl, er tat es anhand der Türme von Stiftskirche und Rathaus. Auch bei den neueren, abstrakteren Werken bleibt das Motiv trotzdem unverkennbar, sei es nun Avignon mit dem Papstpalast oder die Burg Teck.

Die Ausstellung

Die Arbeiten von Konrad Raum sind bis 7. Januar 2018 im Kornhaus zu sehen. Die Ausstellung ist dienstags von 14 bis 17 Uhr, mittwochs bis freitags von 10 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Am 24., 25. und 31. Dezember sowie am 1. Januar 2018 ist sie geschlossen.

Ein Konzert mit der Pianistin Sabine Sauer und dem Lotus String Quartett unter dem Motto „Linie - Bewegung - Ausdruck“ gibt es am Freitag, 1. Dezember, um 19 Uhr im Kornhaus. Passend zu den ausgestellten Werken von Konrad Raum, erklingen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Henri Dutilleux und Robert Schumann. Der Eintritt ist frei.pd