Kirchheim

Erstmals mehr Genesene als Kranke

Pandemie Vor Ostern zeichnet sich im Landkreis ein sachter Trend ab. Die Zahl der Infizierten steigt trotzdem weiter. Vor allem die Situation in den Pflegeheimen ist nach wie vor beunruhigend. Von Bernd Köble

Ein Bild, das auch an Ostern allgegenwärtig sein wird: Die Polizei kontrolliert die Einhaltung der Corona-Regeln.Foto: dpa
Ein Bild, das auch an Ostern allgegenwärtig sein wird: Die Polizei kontrolliert die Einhaltung der Corona-Regeln. Foto: dpa

An der Dringlichkeit des Appells hat sich nichts geändert: Distanz halten, Regeln beachten - darum geht es für offizielle Stellen im Landratsamt und in den Rathäusern, vor allem aber für das Personal in Kliniken und Pflegeheimen auch über die Osterfeiertage. Zwar setzt sich der Trend, der in der Region Anlass zu Hoffnung gibt, auch in der Karwoche fort. „Entwarnung bedeutet das aber noch lange nicht“, macht der Esslinger Landrat Heinz Eininger in seinem wöchentlichen Lagebericht deutlich. Immerhin: Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie halten sich am Virus Erkrankte und wieder Genesene in etwa die Waage. Die Zahl der Menschen, die inzwischen wieder gesund sind, übersteigt mit 631 sogar die der Erkrankten (626) erstmals leicht. Das ändert jedoch nichts daran, dass sich weiterhin Menschen mit Covid-19 infizieren. Stand Donnerstag waren es kreisweit 1298 Fälle. 41 Menschen sind an den Folgen einer Virusinfektion inzwischen verstorben. Damit hat sich die Zahl der Todesfälle innerhalb einer Woche fast verdoppelt.

In den Krankenhäusern hofft man weiter, dass es nicht zum Äußersten kommt. Die Zahl der Beatmungsgeräte wurde inzwischen verdreifacht. Von den 121 Plätzen in den drei Medius-Kliniken, der Filderklinik und im Klinikum Esslingen waren bis Donnerstag etwa 80 Prozent belegt. Auch freie Betten für Coronapatienten außerhalb der Intensivstationen gibt es noch genügend. „Die Entwicklung ist sehr dynamisch“, warnt Eininger vor dem Umgang mit solchen Zahlen. „Was heute ist, kann morgen schon ganz anders sein.“

Nachdem der Mangel an Schutzausrüstung längst zum Alltag in den Krankenhäusern gehört, werden inzwischen auch Medikamente knapp. Präparate, die bei der Beatmung flankierend zum Einsatz kommen, reichen Eininger zufolge noch für eine knappe Woche. Auch medizinisches Personal wird weiter gesucht. Vor allem für die Notklinik in der Messehalle auf den Fildern, die der Kreis als letztes Mittel in der Hinterhand behält. Die technischen Voraussetzungen für die Aufnahme von bis zu 300 Patienten sind dort bereits geschaffen. Binnen fünf Tagen könnte das Provisorium für Covid-19-Patienten, die noch nicht beatmet werden müssen, in Betrieb gehen. Technik und Betten sind das eine, Mediziner und Pfleger das andere. Der Aufruf an alle Freiwilligen, auch aus artverwandten Berufen, gilt deshalb weiterhin sich per Mail an bewerbung@covid19-klinik-es.de zu melden.

56 Infizierte in Heimen

Unverändert kritisch ist auch die Situation in den knapp hundert Pflegeheimen mit ihren etwa 5500 Bewohnern im Landkreis. In einem Dutzend Einrichtungen gibt es bereits Infizierte. 32 Bewohner und 24 Mitarbeiter hatten sich bis Donnerstag angesteckt. Wo Fälle bekannt würden, werde das gesamte Personal und alle Bewohner der betroffenen Station getestet, versichert der Landrat und betont: Es gebe kein Heim, das einen Brennpunkt darstelle. Abgesehen von der Begrenztheit der Mittel hält Eininger und sein Krisenstab nichts von flächendeckenden Tests. „Egal, wieviel man testet“, sagt er. „Das ist immer nur eine Momentaufnahme.“

Mehr als hundert Bußgeldverfahren

Das schöne Wetter vor Ostern hat dafür gesorgt, dass sich längst nicht alle an die zurzeit geltenden Kontaktbeschränkungen wegen des Coronavirus halten. Mehr als hundert Bußgeldverfahren mit Strafen zwischen hundert und 2500 Euro haben Polizei und Ordnungsämter im Kreis wegen Verstößen gegen die Auflagen verhängt. Der überwiegende Teil sind Ordnungswidrigkeiten. Vor allem Jugendliche setzen sich noch immer häufig über das Versammlungsverbot hinweg. Teurer dürfte die Ignoranz zwei Shisha-Bars im Kreis zu stehen kommen, die den Betrieb hinter verschlossenen Türen fortführten. Gegen beide Betriebe wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. bk