Kirchheim

„Es bewegt sich was, ich bin glücklich“

Sexualität Der Urologe Professor Serdar Deger erklärte seinen überwiegend männlichen Zuhörern, wie Sex im Alter glücklich machen kann: durch Kommunikation. Am Ende wurde es aber eine Sprechstunde. Von Thomas Zapp

Professor Serdar Deger
Professor Serdar Deger

Geplant hatte Professor Serdar Deger den Abend nicht als Vortrag, sondern als Dialog, bei dem auch „frau“ zu Wort kommen sollte. Denn: „Zum Sex gehören immer zwei.“ Am Ende wurde „Anders schön. Über Sexualität in der zweiten Lebenshälfte“ mehr eine unterhaltsame Sprechstunde, bei der es vor allem um Prostata-Operationen und Potenzpillen ging. Das lag nicht am Vortragenden und auch nicht am fehlenden Interesse des weiblichen Publikums. Rund ein Drittel der 30 Besucher stellten die Frauen.

Serdar Deger sprach sowohl als Urologe über Sex als Akt, für den bestimmte medizinische Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit der „Puller“ (O-Ton) funktioniert. Er sprach aber auch als Philosoph und Psychologe zum Thema Sexualität. „Das ist deutlich komplexer“, betonte er.

Für den 50-jährigen Mediziner von der Medius-Klinik in Ostfildern-Ruit geht es gerade für den Mann ab 50 darum, sein Alter zu verstehen und zu akzeptieren. „Alt sein heißt ja nicht, kaputt zu sein.“ Früher sei man mit 70 alt gewesen. „Heute kann ein 70-Jähriger fitter sein als ich“, sagt Deger. Er selber finde sich eher jung, gerade in der Runde, wie er mit einem Augenzwinkern feststellt. Seine 18-jährige Tochter findet ihn dagegen alt.

Vorstellung von Alter können unterschiedlich sein, ebenso wie Vorstellungen zu Sex und Sexualität im Alter. „Sex ist mehr als Geschlechtsverkehr, das ist auch Masturbation und Austausch von Zärtlichkeiten. Für manche ist Sex, wenn sie nebeneinander liegen“, sagt Serdar Deger. Denn dass die Leistungskraft nachlässt, die Blutzirkulation und die Muskelkraft, ist eine unumstößliche Tatsache. Sein ehemaliger Chef, mittlerweile 80 Jahre alt, habe ihm nach einem Eingriff gesagt: „Es bewegt sich was. Ich bin glücklich.“

Wichtig sei, darauf kam Serdar Deger immer wieder zurück, die Kommunikation mit dem Partner, ihn einzubeziehen, Sexualität sei Kommunikation. Über Sex zu reden sei aber gerade in der Nachkriegsgeneration keine Selbstverständlichkeit. „Ältere Menschen haben nie gelernt, über sexuelle Bedürfnisse zu reden“, erklärte der Mediziner. Sexualität war Schmuddelkram, der irgendwie dazugehörte.

Männer müssen herausfinden, was ihnen gut tut und Druck vermeiden. Es gebe Menschen, die sich wegen Inkontinenz genierten, das beeinflusse natürlich die Sexualität, schließt sie aber auch nicht aus, sagte Serdar Deger. Niemand dürfe im Alter eine zu hohe „Leistungserwartung“ an sich stellen. „Es ist einfach eine andere Phase. Sexualität soll Zufriedenheit bringen.“

Dem Urologen ging es um die Auslotung der eigenen Bedürfnisse. „Das ist wie mit allem: Wollen Sie sich zwingen, gesund zu leben? Wenn sie mit 70 anfangen, werden sie keine 80.“ Er selbst hat vor fünf Jahren mit dem Laufen angefangen und dabei 25 Kilo verloren. Weil er aufgrund eines persönlichen Erlebnisses wollte, nicht weil jemand Zwang ausgeübt hat. Serdar Deger ist weit davon entfernt, den Anwesenden zu sagen, was sie tun sollen. Auch wenn eine Teilnehmerin als einzige Frau die Frage stellt, die sie bewegt: Wie er die Kilos abgenommen hat. „Ich hab mit einem Hometrainer angefangen, den ich immer nur von einer Wohnung zur nächsten mitgeschleppt habe“. Heute laufe er drei Halbmarathons pro Jahr - stresst sich aber auch nicht, wenn er drei Kilo zunimmt.

Die anwesenden Männer stellen ihre Fragen, aber sie interessiert weniger das „miteinander reden“, dafür mehr, wie viel Testosteron ein Mann ab 50 pro Jahr verliert (ein Prozent) und was Potenzmittel bringen. „Sie erweitern die Blutgefäße im Puller. Stimuliert werden müssen sie aber trotzdem“, sagt Serdar Deger und meint damit die Stimulation im Kopf. Er warnt ausdrücklich vor zu langen Erektionen, die zu irreversiblen Schäden führen können. „Einen kaputten Puller kann man nicht reparieren.“ Auf großes Interesse stößt auch das Thema Prostata-Operationen und dass danach das Sexualleben einwandfrei funktioniert. Es ging ein bisschen am Thema vorbei, so empfand es auch eine weibliche Zuhörerin. Aber zumindest erfuhr sie aus erster Hand, was Männer bewegt.

Weitere Termine der Reihe „Was Männer bewegt...“

3. Juli, 19 Uhr: Männerstammtisch mit Andreas Kenner, MdL, in der Stiftscheuer, Widerholtstraße 6-8, Kirchheim.

13. Juli, 9 bis 13 Uhr: Männergesundheitstag am Rathaus, Kirchheim.

8. August, 19 Uhr: Filmabend im Sommernachtskino .

18. September, 19 Uhr: Podiumsdiskussion „Warum wir nicht davon ausgehen können, dass im Leben alles glatt geht“ mit Dr. Clemens Christ, Waltraud Lenhart, Kreissparkasse, Alleenstraße 116.

24. September,18 Uhr: „Was Männer brutzeln - Genuss vom Grill“, Indra Pietsch, AOK-Kochstudio, Schöllkopfstr. 61.

18. Oktober, 20 Uhr: Theaterstück „Illusionen einer Ehe“, Zehntscheuer Nabern, Alte Kirchheimer Straße 1.

21. Oktober, 19 Uhr: „Damit im Krankheitsfall alles geregelt ist…“ Vortragssaal der Stadtbücherei.zap