Kirchheim
Faszinierende „Haustiere“ in schillernden Farben

Passion Silke Kadynski hat ihre Leidenschaft mit „TeckCorals“ zum Beruf gemacht: Sie züchtet Korallen. In ihrer Unterwasserwelt in Kirchheim steckt viel Wissen und Liebe. Von Sabine Ackermann

Von Büchern, Schuhen, altem Spielzeug über Reifen, Getränkekisten bis hin zu Kartons voller Erinnerungen - im Keller bewahrt der Großteil für gewöhnlich das auf, was gerade nicht gebraucht wird. Verliert unsereins irgendwann den Überblick, welche „Schätze“ in den dunkelsten Ecken ihr Dasein fristen, kann das Silke Kadynski ganz sicher nicht passieren. Sie muss nämlich täglich ins Untergeschoss. Dort kümmert sie sich um ihre Schützlinge, sorgt dafür, dass sie optimal versorgt sind, um zu wachsen. Betritt man als ­Außenstehender ihre ins bläuliche Licht getauchte Unterwasserwelt, ist man freilich erst einmal geplättet. Unzählige Korallen in unterschiedlichen Größen, die man für gewöhnlich nicht zu Gesicht bekommt und die fälschlicherweise oft für Pflanzen gehalten werden. Eine schillernde Fundgrube, aus der man, was Farbenpracht, Mus­ter und Formen angeht, aus dem Vollen schöpfen kann - quasi die Miniaturausgabe des Great Barrier Reefs am versteinerten Jurameer.

„Damals war’s um mich geschehen“, erinnert sich Silke Kadynski, als sie 2009 auf einer Segeltour mit Freunden an der Küs­te von Queensland in Australien beim Schnorcheln die Schönheit der Korallen entdeckte. „Es ist da unten so ruhig, ganz anders als in unserer lauten Welt.“ Wieder zurück im Schwabenland, schafften sich Silke und Dominic Kadynski ihr erstes Meerwasseraquarium an. Bereits da legte sie den Fokus auf diese eher unbekannte Tierart. Peu à peu hat die 36-Jährige seitdem ihre Unterwasserwelt ausgebaut, jeden Zentimeter ihres Kellerraums genutzt, um die Korallenzucht voranzubringen.

Alles, was die ehemalige Krankenschwester über die Tiere weiß, hat sie sich selbst beigebracht. Und ihr vielfacher Nachwuchs spricht für sich. „Circa 90 ­Prozent unserer Korallen sind aus eigener Nachzucht, die wir in Kirchheim betreiben“, berichtet Silke Kadynski stolz. Die lebenden Tiere werden in einer Styroporbox und je nach Wetterlage mit Heatpack - Wärmeschutz für Tiere und Pflanzen - nach ganz Europa ­versendet. Man staune: Seltene Arten, wie beispielsweise die Cycloseris aus der Familie der Fungidae haben im Albvorland das Licht der Welt erblickt. Unterstützt wird die zweifache Mutter von ihrem Mann ­Dominik, der als Softwareentwickler tätig ist.

Aufwendiges Equipment

Damit sich die Korallen auch in ihrem „Zuhause“ wohlfühlen, benötigen sie eine relativ ­konstante Luft- und Wassertemperatur von etwa 26 Grad sowie einen Tag-und-Nacht-Rhythmus, der durch ein Led-Beleuchtungssystem hergestellt wird. Aber das ist längst nicht alles - das Equipment an Technik benötigt insgesamt 90 Steckdosen. Acht Becken links und rechts aneinandergereiht brauchen für ihren wertvollen Inhalt Abschäumer zur Entfernung der Eiweißrückstände, Strömungs- und Dosier-Pumpen, Messgeräte zur Salzdichte, Heizstäbe, eine Umkehr-Osmoseanlage sowie diverse Zusatzfilteranlagen. Silke Kadynski verrät: „Unsere Zehn-Meter-Zuchtanlage im Kellerraum schluckt doppelt so viel Strom wie der Rest der Wohnung.“

Zwischen Clavularia viridis, Discosoma Iced Blue, Montipora Appleberry oder Sinularia brassica - nur vier Namen der sortenreichen Korallen - sorgen ­kleine Fische für Bewegung und laden noch mehr zum Staunen und Verweilen ein. Beeindruckend, wie „Nemo“ in Symbiose mit der leuchtend grünen Pilzlederkoralle lebt und fast verschmitzt den menschlichen Störenfried im Blick hat. Während das solitär lebende Blumentier dem Fisch Schutz vor Angreifern bietet, verteidigen die Clownfische die Seeanemone vor Eindringlingen und versorgen sie durch Nahrungsreste und Ausscheidungen mit Futter.

So schön die unterschiedlichen Zierfische auch sind - unangefochtene Stars sind bei Silke Kadynski die Korallen.