Heute bleibt die Küche kalt - dieser einstige Werbespruch hat seit Montag die umgekehrte Bedeutung: Statt in den Häusern und Wohnungen bleiben die Küchen in den Gaststätten kalt, es sei denn, sie bieten ihre Gerichte zur Mitnahme an. Die steigenden Corona-Fallzahlen haben zum bundesweiten Teil-Lockdown geführt. Drei Kirchheimer Gastronomen, die der Teckbote befragt hat, geben die Stimmungslage wieder. Sie hoffen, dass sie im Dezember wieder öffnen dürfen und dass sie die vier Wochen bis dahin einigermaßen überstehen. Was sie fürchten, ist das genaue Gegenteil: dass der Lockdown verlängert wird.
Noch ist Claudia Suerdieck vom „Panorama“ zuversichtlich: „Im Mai habe ich gesagt, dass ich nach einem zweiten Lockdown gar nicht mehr aufmache. Das stimmt so nicht.“ Gerne will sie Anfang Dezember wieder öffnen. „Ich befürchte nur, dass es dann noch nicht erledigt ist und dass wir um alles kommen, was uns ein gutes Geschäft bringt.“ Ostern, Muttertag, Pfingsten - für die Gastronomie ist im Corona-Jahr 2020 alles ausgefallen. „Mit den Gänsen geht es uns jetzt wie im Frühjahr mit dem Spargel.“ Das hat Auswirkungen bis hin zu den Produzenten: Viele Leute essen Gans oder Spargel in der Wirtschaft, weil sie die Zubereitung in der eigenen Küche scheuen. Wenn nun also die Gaststätten ausfallen, geht der gesamte Absatz zurück.
Im Dezember stehen Weihnachtsfeiern an. Nun ist davon auszugehen, dass die meisten Feiern abgesagt werden - selbst wenn die Wirtschaften wieder öffnen dürften. Wie es wirklich kommt, weiß keiner. Die Erfahrung aus dem Frühjahr lehrt: Es kann länger dauern. „Ich hatte zehn Wochen lang zu“, stellt Claudia Suerdieck fest. „Wenn ich eine Woche Urlaub mache, ist das meine Entscheidung. Aber hier kann ich gar nichts machen - auch nicht länger und härter arbeiten.“ Trotzdem bleibt sie beim Prinzip Hoffnung: „Zähne zusammenbeißen und hoffen, dass wir es überstehen.“
Die Pacht in Lockdown-Zeiten
Dirk Storm, der am Marktplatz sein Pub betreibt, sieht die Fixkosten als großes Problem: „Was einen wirklich beunruhigen kann, ist die Pacht. Da müsste eine gesetzliche Regelung her, dass die Eigentümer im Fall eines Lockdowns keinen Anspruch auf die volle Pacht haben.“ Was ihn außerdem um den Schlaf bringt, ist die Ungewissheit: „Das ist ein Gefühlstanz zwischen der Ungreifbarkeit der Situation als solcher und kompletter Hilflosigkeit.“
Schon im Sommer hätte er gerne einen Außenausschank gehabt: „Einen kleinen Schankwagen hätte ich mir draußen gut vorstellen können. Aber das wurde uns nicht erlaubt.“ Jetzt überlegt er sich, an Markttagen einen Imbiss anzubieten: „Vielleicht baue ich den Grill auf und verkaufe Rote Wurst.“ Für die Zeit nach dem Lockdown hofft er auf das obere Stockwerk, das er jetzt ausbauen möchte: „Nur mit dem Erdgeschoss hole ich den verlorenen Umsatz nicht rein.“
Michael Holz baut ebenfalls um: im Stadtkino. Essen to go kann er im „3K“ nicht anbieten. Für Mitte oder Ende November rechnet er aber, dass er im Eiscafé am Rossmarkt Essen verkaufen kann. Wie seine Kollegen sähe er es gerne, wenn die Bundeshilfe in Höhe von 75 Prozent des Umsatzes vom November 2019 auch wirklich wie versprochen ausgezahlt werden würde. Allerdings sollen andere Hilfen damit verrechnet werden.
Am Sonntag gab es im „3K“ einen „emotionalen Abschied“. Auf einen ähnlich emotionalen Neuanfang setzt Michael Holz schon jetzt - wann auch immer es dazu kommen mag: „Am ersten Tag machen wir wieder um 6 Uhr morgens auf - mit Live-Musik.“ Und in der Zwischenzeit? Er will sich mit Lüftungsgeräten befassen und Gesprächsrunden mit Gastronomen, Politikern und der Stadtverwaltung mitinitiieren. „Was soll ich denn sonst machen? Prozessieren? Gegen wen? Gegen das Virus?“