OB-Wahl 2019

Gemeinderat fühlt sich teils heftig kritisiert

OB-Wahl Vertreter der Fraktionen und Gruppierungen im Ratsrund warten gespannt ab, wie sich die Zusammenarbeit mit Pascal Bader entwickelt. Von Andreas Volz

Am Sonntag feierte Dr. Pascal Bader (Zweiter von rechts) in Kirchheim den Wahlsieg mit seinem Chef, Umweltminister Franz Unterst
Am Sonntag feierte Dr. Pascal Bader (Zweiter von rechts) in Kirchheim den Wahlsieg mit seinem Chef, Umweltminister Franz Untersteller (ganz rechts). Wenn er im März seine neue Arbeit aufnimmt, geht es mit dem Gemeinderat erst einmal in Klausur. Foto: Jörg Bächle

Der König ist tot, es lebe der König: Mit diesem Satz hat man im monarchischen Frank­reich betont, dass es beim Thronwechsel kein Machtvakuum gibt, sondern eine Kontinuität der legitimen Herrschaft. Bei der Kirchheimer Oberbürgermeisterwahl war es am Sonntag zwar weder um Könige gegangen noch um Leben und Tod, aber der Wahlausgang hat dafür gesorgt, dass Anfang März dennoch ein „Herrscherwechsel“ ansteht. Davon unbeeindruckt, setzen die Gemeinderatsfraktionen für ihre eigene Arbeit vor allem auf Kontinuität - in den kommenden drei Monaten wie auch nach der Amtsübergabe im März.

„Der Haushalt liegt vor, die Handlungsfelder liegen vor, und wir haben unser Arbeitsprogramm“, sagt Dr. Christoph Miller, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. „Wir werden dann schauen, wie sich Pascal Bader in die Strukturen einarbeitet und wie sein neuer Führungsstil greift.“ Mit leicht skeptischer Ironie fügt er hinzu: „Und wir werden sehen, ob er gleich mit dem Umsetzen anfangen will, zum Beispiel mit dem Hallenbad und den furchtbar verrotteten Schulen.“ Christoph Miller geht davon aus, dass der neue Oberbürgermeister auf den Gemeinderat zugehen muss, dessen Entscheidungen er im Wahlkampf teilweise heftig kritisiert habe.

„Für uns geht die Arbeit normal weiter“, bestätigt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Sabine Bur am Orde-Käß: „Im März haben wir gleich unsere Klausurtagung, schon mit Herrn Bader, und da werden wir sehen, welche Vorstellungen er hat und wie die Zusammenarbeit aussieht.“ Auch sie hatte den Eindruck, dass bei Pascal Bader außer der Oberbürgermeisterin der gesamte Gemeinderat in der Kritik stand: „Er hat sehr viele Angebote für Menschen gemacht, die einfach unzufrieden sind.“ Bei der Gemeinderatswahl im Frühjahr sei von einer Wechselstimmung noch nichts zu spüren gewesen. „Das hat uns jetzt im OB-Wahlkampf völlig überrascht, dass da so viel aufgebauscht worden ist.“ Trotzdem seien die Grünen offen für eine Zusammenarbeit: „Wir werden Pascal Bader auf keinen Fall blockieren.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzen­de Dr. Thilo Rose setzt auf thematische Kontinuität: „Wir werden demnächst den Haushaltsplan verabschieden, und damit sind dann auch viele Projekte für die nächs­ten beiden Jahre schon festgelegt.“ Er selbst habe dem künftigen Oberbürgermeister noch am Wahlabend die Zusammenarbeit angeboten, stellt aber zugleich fest: „Er hat ja im Gemeinderat nur eine von 38 Stimmen und muss sich deswegen seine Mehrheiten suchen. Wenn wir seinen Vorschlägen zustimmen können, soll es an uns nicht scheitern.“

Aus Sicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Marc Eisenmann sind die nächsten drei Monate mit Angelika Matt-Heidecker bereits vorgegeben: „Da haben wir Themen wie den Haushalt, aber auch Berg-Ost und das Güterbahnhofs­areal in Ötlingen. Das wird also ganz normal und routiniert weitergehen.“ Ab März werde sich dann zeigen, welche Schwerpunkte der neue Oberbürgermeister setzen will: „Auf die Klausurtagung sind wir schon sehr gespannt. Uns wäre es lieb, wenn wir mehr über Inhalte als über Strukturen sprechen könnten.“ Auf jeden Fall aber werde der Gemeinderat auch weiterhin „interfraktionell und konstruktiv zusammenarbeiten“.

Ulrich Kreyscher von der FDP/KiBü-Fraktion hat keinerlei Bedenken wegen der kommenden drei Monate: „Angelika Matt-Heidecker wird als alter Hase nichts auf sich kommen lassen und ihre Arbeit wie gehabt zu Ende bringen.“ Zu Pascal Bader könne seine Fraktion noch nicht viel sagen: „Wir wissen nicht, ob es tatsächlich eine effektivere Arbeitsweise geben wird. Da müssen wir einfach noch abwarten.“

Auch Hans Kiefer (CIK) kann noch nicht einschätzen, wie sich die Zusammenarbeit mit Pascal Bader entwickelt, „aber die Erwartungen an ihn werden hoch sein“. Im Wahlausgang sieht er in erster Linie eine Abwahl der Amtsinhaberin und noch keine „echte Wahl“ des Herausforderers. Von der Abwahl fühlt sich auch Hans Kiefer mitbetroffen: „Der Gemeinderat ist eigentlich mit abgewählt worden. Wir haben die Dinge 16 Jahre lang gemeinsam entschieden, aber die Oberbürgermeisterin musste jetzt den Kopf dafür hinhalten.“ Ihm wäre es lieber, die Bürger würden sich öfter direkt im Gemeinderat informieren.

Um Bürgerbeteiligung und Quartiersmanagement geht es Heinrich Brinker (Linke). Unter Bürgerbeteiligung versteht er, dass die Bürger nicht nur reden und zuhören, sondern auch entscheiden können. „Ich habe den Eindruck, dass Pascal Bader eher bereit ist, unsere Themen auch aufzugreifen. Bei Angelika Matt-Heidecker stand immer nur die schwarze Null im Vordergrund.“

Umfrage zur OB-Wahl in Kirchheim

Rathaus Kirchheim
Rathaus Kirchheim. Foto: Carsten Riedl

Kirchheim. Reaktionen der Kirchheimer Bürger auf das Ergebnis der OB-Wahl einen Tag nach der Wahl. Von Iris Häfner/Fotos: Thomas Zapp