Kirchheim

„Gut aus den Startlöchern gekommen“

Breitband In einem Jahr haben zwei Prozent der Haushalte im Landkreis einen Anschluss ans Glasfasernetz bekommen. Bis Ende 2021 sollen es 25 Prozent sein. Von Thomas Zapp

Die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser ist ein Thema, für das sich Ralph Kittl einsetzt. Foto: Jean-Luc Jacques
Die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser ist ein Thema, für das sich Ralph Kittl einsetzt. Foto: Jean-Luc Jacques

Nicht nur wegen Home-Schooling und Home-Office hat es die Corona-Krise auch im Landkreis Esslingen noch einmal verdeutlicht: Ein schnelles Internet wird immer wichtiger, und da gibt es reichlich Nachholbedarf. Glasfaserkabel ermöglichen Download-Geschwindigkeiten von bis zu 1000 Mbit, deswegen steht der Breitbandausbau mit Glasfaserkabelnetz bei Landrat Heinz Eininger ganz oben auf der Prioritätenliste. Mit der Gründung des Zweckverbands Breitbandversorgung im Landkreis Esslingen wurde im Februar 2019 der erste Schritt getan. Ein gutes Jahr später ist die Startphase beendet und Zeit für eine erste Zwischenbilanz: Mehr als 280 Kilometer Glasfaserkabel wurden verlegt, 70 Netzverteiler und 4700 Anschlüsse geschaffen. „Wir sind gut aus den Startlöchern gekommen“, freut sich Heinz Eininger. Auf dem Papier liest sich der aktuelle Stand zum 31. März dennoch ernüchternd: Zwei Prozent aller 225 000 Haushalte und Gewerbetreibenden im Landkreis Esslingen sind an das Glasfasernetz angeschlossen.

Doch der Landrat und Zweckverbands-Geschäftsführer Markus Grupp sowie Hans-Jürgen Bahde von den Wirtschaftsförderern der Gigabit Region Stuttgart wollen auf die Tube drücken. Bis Ende 2021 sollen bis zu 53 000 Glasfaseranschlüsse für Haushalte und Gewerbe in 29 Kommunen gelegt sein. Das entspräche dann einer Abdeckung von 25 Prozent, bis 2030 dann 90 Prozent. Schon bis Ende 2025 sollen alle Gewerbegebiete sowie alle Schulen einen Anschluss ans Glasfasernetz haben. Stand jetzt sind in Kirchheim, Esslingen, Dettingen und Neuhausen bereits Gewerbegebiete komplett angeschlossen.

Zwar gehört Esslingen innerhalb der Region Stuttgart noch zu den besser versorgten Landkreisen, aber der Status-Quo in Baden-Württemberg ist generell sehr niedrig und selbst Deutschland liegt in der OECD auf Platz 32 von 37. Warum das so ist, erklärt der Geschäftsführer der Gigabit Region Stuttgart, Hans-Jürgen Bahde: „Die Hauptursache ist, dass wir eins der weltbesten Kupfernetze haben“, sagt er. Das habe man sehr lange optimiert, um es bestmöglich zu nutzen anstatt auf neue Netze zu setzen. Nur sei es jetzt an die Grenzen gelangt. Aber viele Anschlüsse lägen noch über der Eingriffsschwelle von 30 Mbit und werden nicht gefördert.

Außerdem habe man in Deutschland lange auf den freiwilligen Ausbau durch die Wirtschaft gesetzt. Doch die hat an gewissen Gebieten mit langen Entfernungen zwischen den Häusern und hohen Erschließungskosten kein Interesse. „In Deutschland darf eine Infrastrukturförderung nicht technologiegebunden sein“, erklärt Bahde. Gezielt für die Verlegung von Glasfaser gibt es also keine Fördergelder, nur für unterversorgte Gebiete. Der flächen- deckenden Glasfaserversorung stehen auch behördliche Hürden im Weg.

Optimismus herrscht vor

Doch es herrscht Optimismus: Bereits für 20 Kommunen hat der Zweckverband Fördergelder über zehn Millionen Euro für die Anbindung von Schulen beantragt. Außerdem habe er mit der Telekom einen Partner gefunden, der in der Region Stuttgart mindestens 600 Millionen Euro investiert und noch einmal 500 Millionen Euro, wenn die Kommunen ebenfalls 500 Millionen „leistungsäquivalent“ zuschießen, also durch Synergieeffekte, wenn man manche Tiefbauarbeiten ohnehin geplant hatte, erklärt Bahde. Außerdem sei das Netz der Telekom „diskriminierungsfrei“: Nach einer Bindung von zwei Jahren darf der Kunde den Anbieter wechseln. Was Landrat Heinz Eininger ebenfalls positiv stimmt ist die Tatsache, dass „alle 44 Gemeinden im Landkreis im Zweckverband dabei“ sind. Und die Gemeinschaft mit vier weiteren Zweckverbänden und der Landeshauptstadt Stuttgart unter der Koordination der Gigabit Region Stuttgart sei einzigartig in Deutschland“, ergänzt Hans-Jürgen Bahde. „Andere Landkreise hätten liebend gerne mitgemacht“, bestätigt der Landrat.