Kirchheim

Im Wahn Patient geschlagen

Prozess Der Mann, der in einer Klinik auf einen Demenzkranken eingeschlagen hatte, muss in die Psychiatrie.

Symbolbild

Kirchheim. Mit einem körperlichen und folgenschweren Angriff vom 2. Mai letzten Jahres in der Kirchheimer Medius-Klinik auf einen demenzkranken Patienten hatte sich jetzt das Stuttgarter Landgericht befasst. Der Täter, ein 25-jähriger Mann, der wegen seiner jahrelangen Psychose in der Klinik war, hatte das Opfer durch Schläge schwer verletzt - und wurde vom Gericht jetzt in eine Psychiatrie eingewiesen. Allerdings ist diese „Unterbringung“ zur Bewährung ausgesetzt worden.

Er habe Stimmen gehört, fürchtete, dass seine Mutter in sein Essen spuckt und hatte deshalb sogar einmal den Topf mit dem Essen aus dem Fenster geworfen, sagte der Angeklagte vor der 14. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts. An jenem 2. Mai letzten Jahres glaubte er, der betagte und demenzkranke Patient sei in sein Zimmer gekommen und habe ihn vergewaltigt. Das habe der Mann mehrfach schon getan. „Da musste ich Grenzen ziehen“, erklärte der Angeklagte.

Immer wieder Stimmen gehört

Mit einem Schlag habe er den Mann zu Boden geworfen, dann ihm Fausthiebe an den Kopf versetzt. Die Folge: multiple Frakturen des Kiefers, der Nase und des Jochbeins. Die Tat selbst hat der Angeklagte im Zustand einer paranoiden Psychose begangen, stellten jetzt die Stuttgarter Richter fest und folgten damit dem psychiatrischen Sachverständigen. An dieser paranoiden Psychose leidet der 25-Jährige seit seiner Kindheit. Er selbst sagte, dass er immer wieder fremde Stimmen höre, obwohl er derzeit mit Medikamenten gut eingestellt sei. Sein Vater habe sich vor sechs Jahren ebenfalls wegen einer Psychose das Leben genommen. Gegen seine eigene Mutter sei er laut Klinik-Protokollen schon mehrfach aggressiv gewesen.

Sein Kirchheimer Opfer war aufgrund einer schweren Demenz nicht vernehmungsfähig. Die Richter vernahmen seinen Sohn. Die fast tödliche Attacke habe der Vater gut überstanden, und er lebe jetzt wieder zu Hause.

Die Richter entschieden, dass der Angeklagte zur Tatzeit in Folge der psychischen Krankheit schuldunfähig war, aber eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Allerdings könne man diese Allgemeinheits-Gefährlichkeit medikamentös hemmen. Der Angeklagte selbst bestätigte, dass er die Medikamente zuverlässig einnehme. Sein Betreuer bestätigte, dass er mit allen Ärzten kooperiere. Daher wurde die Einweisung in eine psychiatrische Klinik gestern per Urteil zwar ausgesprochen, diese Maßnahme aber zur Bewährung ausgesetzt. Der Mann muss sich als Bewährungsauflage ambulant behandeln lassen. Ob eine Heilung möglich ist, ließ der Sachverständige offen. Bernd Winckler