Kirchheim

Immer mehr Menschen lassen putzen

Hausarbeit Für schwäbische Hausfrauen war es früher Ehrensache alles selbst zu erledigten. Heute holen sich mittlerweile viele Unterstützung. Das bestätigen Reinigungskräfte aus der Region. Von Heike Siegemund

Maria Luisa Calicchio ist Reinigungskraft beim Unternehmen „Picobello“ und ist mit den besten Mitteln gegen Schmutz ausgestattet
Maria Luisa Calicchio ist Reinigungskraft beim Unternehmen „Picobello“ und ist mit den besten Mitteln gegen Schmutz ausgestattet. Foto: jean-Luc Jacques

Ihre Arbeit ist enorm wichtig - deshalb sollte ihnen generell mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. Nicht nur am „Internationalen Tag der Putzfrau“, der am morgigen Sonntag ist. Angesprochen sind mit diesem Aktionstag allerdings nicht nur „Putzfrauen“, sondern auch männliche Reinigungskräfte. Zwar handelt es sich noch immer um einen Beruf, den vorwiegend Frauen ausüben. Trotzdem sind in den Reinigungsunternehmen auch in der Region längst nicht mehr nur Frauen angestellt.

Dass dies noch nicht überall angekommen ist - auch nicht bei den Kindern -, kann Dunit Hulaj, Gebäudereinigermeister der Firma „DMH Gebäudereinigung“ in Dettingen, bestätigen. „Wir putzen sowohl in Privathaushalten als auch in Firmen, Schulen, Kindergärten und Sporthallen.“ Von manchen Schülern werde man als Mann, der putzt, schon auch mal verwundert angeguckt, weiß er.

Trotzdem geht er seinem Beruf mit viel Freude nach. Und die Nachfrage nach dieser Dienstleistung nimmt immer mehr zu, erzählt er. Dies habe im privaten Bereich vor allem zwei Gründe: Zum einen lassen viele ältere Menschen bei sich zu Hause putzen, weil sie körperlich nicht mehr fit genug sind, um sich selbst um den kompletten Haushalt zu kümmern; zum anderen setzen viele Jüngere auf die Unterstützung einer Reinigungskraft, weil sie „viel arbeiten und deshalb wenig Zeit haben“, sagt Dunit Hulaj.

„Wir hatten schon mal einen Kunden, der ein größeres Haus besaß und deshalb drei Mal wöchentlich putzen ließ“, erzählt der Gebäudereinigermeister. Solche Fälle seien aber eher die Ausnahme. In der Regel gehe man ein Mal pro Woche in die Haushalte, um Staub zu saugen, die Böden zu wischen, die Oberflächen zu entstauben sowie die Sanitärräume und Küchen zu reinigen. Was ebenfalls immer mehr zunimmt, sind sogenannte Spezialreinigungen, ergänzt er. Sprich: Putzen von Fenstern, die Grundreinigung von Böden und der Winterdienst, also Schneeräumen und Salz streuen in den kalten Monaten. Letzteres werde sowohl von Privathaushalten und Hausverwaltungen als auch von Firmen nachgefragt. Die Mitarbeiter von DMH übernehmen auch „Baureinigungen“ - auch hier steige die Nachfrage, fügt der Gebäudereinigermeister hinzu. „Jüngere Leute, die eine Immobilie kaufen und renovieren, rufen uns zur Baureinigung, bevor sie einziehen.“

Früher nur bei Firmen geputzt

Mit einer Aussage, die in manchen Köpfen verankert ist, kann Dunit Hulaj übrigens aufräumen: „Ich habe noch nie erlebt, dass Leute, die viel Geld haben und selbst zu faul zum Putzen sind, bei sich zu Hause putzen lassen.“ Die meisten seien schlichtweg beruflich eingespannt und hätten zu wenig Zeit.

Das kann Giuseppina Kuske bestätigen, die mit ihrem Mann das Gebäudereinigungsunternehmen „Picobello“ in Kirchheim betreibt. Und sie weiß: Früher war es ein Tabu, dass man sich Unterstützung für den Haushalt holte - die Schwäbin putzte selbst. „Das hat sich komplett gewandelt“, verdeutlicht sie. Dieser Trend sei verstärkt seit zwei, drei Jahren zu spüren. „Früher haben wir wenig im privaten Bereich gemacht, nur Fenster geputzt und ab und zu den Frühjahrsputz übernommen“, erzählt Kuske. Damals habe sich ihr Unternehmen hauptsächlich auf die Reinigung in Firmen konzentriert. Mittlerweile nehme der private Bereich mehr und mehr zu.

Das Alter der Kunden liege in der Regel zwischen 35 und 80. Viele nehmen die Dienstleistung ein Mal wöchentlich in Anspruch; andere nur zwei Mal im Jahr zum Fensterputzen. Wenn man bei Menschen zu Hause putzt, dringe man in deren Privatsphäre ein, weiß Giuseppina Kuske. „Das ist eine sehr sensible Geschichte, zu der viel Vertrauen gehört. Wir achten deshalb darauf, dass die Chemie zwischen dem Kunden und der Reinigungskraft stimmt.“ Das funktioniere bislang sehr gut: „Die Kunden sind zufrieden“, freut sie sich. Büros zu reinigen, sei im Vergleich zu Privathaushalten anonymer. Doch auch hier gelte es, auf Dinge zu achten; zum Beispiel darauf, dass nach dem Reinigen alles abgeschlossen ist und die Lichter ausgeschaltet sind.

Fast ausschließlich in Firmen, Schulen, Kindergärten und Sporthallen ist indes der Dienstleistungs- und Gebäudeservice Liha in Unterlenningen im Einsatz. Die Mitarbeiter dort übernehmen in Privathaushalten nur den Fensterputz - auch, weil sie mit den Firmenkunden gut ausgelastet sind, wie Geschäftsführer Peter Austen betont.

„Mir macht das Putzen Spaß“

Seit zehn Jahren ist Maria Luisa Calicchio aus Kirchheim als Reinigungskraft tätig - und sie geht ihrem Beruf überaus gerne nach, wie sie betont. „Zum einen macht mir das Reinigen Spaß. Zum anderen kann ich diesen Beruf gut mit meinen Kindern und dem eigenen Haushalt unter einen Hut bringen“, sagt die 36-jährige Mutter zweier Kinder, die beim Reinigungsunternehmen „Picobello“ in Kirchheim angestellt ist. Dass es den „Internationalen Tag der Putzfrau“ gibt, wusste Maria Luisa Calicchio bislang nicht. Sie begrüßt es aber generell, dass ein solcher Tag initiiert wurde, an dem die Arbeit von Reinigungskräften hervorgehoben werden soll.

„Es gibt viele Leute, die diesen Beruf als letzte Arbeit ansehen, die sie machen würden“, weiß die Kirchheimerin. Deshalb sei es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit von Reinigungskräften unverzichtbar für die Gesellschaft ist - auch und gerade in Zeiten einer Pandemie. Maria Luisa Calicchio selbst ist jedenfalls stolz auf das, was sie täglich leistet. Deshalb stört es sie auch nicht, wenn sie jemand als „Putzfrau“ bezeichnet - obwohl es eigentlich „Reinigungskraft“ heißt, verdeut-licht die Kirchheimerin.

Aktuell reinigt die 36-Jährige ausschließlich in Firmen, hat aber auch schon in Privathaushalten für Sauberkeit gesorgt. „Mir macht beides Spaß, egal wo. Ich arbeite gerne“, betont sie. Wenn man den Unterschied vor und nach dem Putzen sehe, verschaffe einem das eine gewisse Genugtuung. „Das geht mir auch bei mir zu Hause so.“ Wichtig sei, freundlich zu den Menschen zu sein und die Arbeit gewissenhaft zu erledigen. Wohl auch durch diese Einstellung hat Maria Luisa Calicchio bisher nur positives Feedback von den Kunden erhalten und keine abschätzigen Äußerungen oder Blicke geerntet. Im Gegenteil:

„Die Leute sind richtig dankbar. Ich habe keine schlechten Erfahrungen gesammelt.“ Auch, was die Arbeitsbedingungen anbelangt, kann sich die 36-Jährige „überhaupt nicht beschweren“. Durch die Corona-Krise hat Maria Luisa Calicchio nicht weniger Arbeit als zuvor.

Weitere Tätigkeiten sind noch hinzugekommen: So muss sie nun an den Computern Tastatur und Maus desinfizieren - ebenso die Türgriffe. Dass viele Beschäftigte der Firmen jetzt wieder ins Homeoffice wechseln, habe keine großen Auswirkungen auf ihre Tätigkeit. „Es gibt trotzdem immer noch genug Arbeit für uns.“ hei