Kirchheim

„Kämpfe, Kanzler und Kolumnen“

Lesung In der literarischen Matinee sprach Sibylle Krause-Burger über ihre berufliche Karriere und ihr neues Buch.

Kirchheim. Bemerkungen wie „Gehen Sie nach Hause in Ihre Küche“, „Da bringen Sie mir nur die Männer durcheinander“ oder „Ihre soziale Sicherheit ist Ihr Mann“ musste sich Sibylle Krause-Burger zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn in den Sechziger- und Siebzigerjahren von männlichen Kollegen oder Vorgesetzten anhören.

In der Matinee im Kornhaus beschrieb Sibylle Krause-Burger, wie sehr sie sich zu Beginn ihrer Karriere als politische Journalistin durchsetzen musste, denn immer hatte sie gegen männliche Vorurteile zu kämpfen. Trotzdem gelangen ihr bald Erfolge, vor allem als Reporterin und Porträtistin der Mächtigen aus Politik und Wirtschaft.

Sie wurde zu einer gefragten Journalistin, die in allen Medien unterwegs war - in der Presse, im Rundfunk und im Fernsehen. Ihre alle drei Wochen erscheinende Kolumne hat in der Stuttgarter Zeitung seit vielen Jahren einen festen Platz.

Das neue Buch „Kämpfe, Kanzler und Kolumnen“ von Sibylle Krause-Burger, geboren 1935, umfasst Erinnerungen an Kindheit und Studienzeit und erzählt von unvergesslichen Begegnungen mit bedeutenden Persönlichkeiten. Die Journalistin bezeichnet es als „autobiografische Skizzen“, als „Spotlights“, die sowohl die Geschichte der BRD als auch den weiblichen Blick darauf wiedergeben. Die Lesung begann sie mit dem ersten Kapitel „Der Schulgott“, in dem sie ihren Lehrer beschreibt, der allzu gerne die Schülerinnen der Klasse übersah und sich als mächtiger Herrscher aufspielte. Sibylle Krause-Burger wollte zunächst Balletttänzerin werden, doch ihr musischer Vater empfahl ihr dann doch, das Wirtschaftsgymnasium zu besuchen, um in der Lage zu sein, das Lebensnotwendigste zu verdienen - „wenn du gerade mal als Zweite von links in der dritten Reihe des Corps de Ballet tanzen darfst“. Dieser Satz prägte sich ihr ein, sie setzte lieber „auf den Kopf“ und begann das Studium der Politischen Wissenschaften in Tübingen. Nach ihrem Abschluss wurde das Schreiben zur Leidenschaft. Nach einem Kurzvolontariat beim Zuffenhausener Blättle (1956), dessen Redakteur sie als „schwäbischen Saudi“ bezeichnet, begann sie bei der Stuttgarter Zeitung und beim Süddeutschen Rundfunk zu arbeiten. Lange war sie dort freie Mitarbeiterin, da man ihr die absolute Eigenständigkeit neben Familie und Ehemann nicht zugestehen wollte.

Während der Studentenrevolte 1968 hatte sie Gelegenheit, Rudi Dutschke zu interviewen. Später begann sie, Porträts zu verfassen, zunächst über Ministerfrauen, dann über Helmut Schmidt, mit dem sie auf Wahlkampfreise war, und über viele andere Mächtige aus Politik und Wirtschaft. Seit 1997 schrieb und schreibt sie Kolumnen für die Stuttgarter Zeitung. Außerdem arbeitete sie für die Süddeutsche Zeitung, die Zeit, den Tagesspiegel und das Manager-Magazin. Sie verfasste mehrere Bücher, darunter „Herr Wolle lässt noch einmal grüßen“, das die Geschichte ihrer deutsch-jüdischen Familie schildert.

Am Ende ihrer Lesung bekannte sich Sibylle Krause-Burger zu ihrem schönen Beruf, wenn auch etwas wehmütig, da das Alleinstellungsmerkmal des Berufs genommen worden sei, das Renommee gelitten habe. Jeder könne sich heute in den verschiedenen Medien äußern, ob seriös oder nicht. Trotzdem sei es für jeden möglich, sich umfassend zu informieren.Marlies Fitzner