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Kommentar: Fluchtwege statt Florian

Heiliger Sankt Florian! Wenn auf dich und auf dein oberstes Prinzip Verlass wäre, könnte sich die Stadt Kirchheim viel Geld sparen. So aber kommt eine Schule nach der anderen dran: Jedes einzelne Schulgebäude, sogar jeder einzelne Gebäudeteil muss für horrende Summen nachgerüstet werden. Da braucht es Brandschutzabschnitte mit Zwischenverglasung und Brandschutztüren, es braucht Verbindungsstege und Fluchttreppen für alle Etagen.

Das bringt Kirchheims Gemeinderatsmitglieder in schöner Regelmäßigkeit in Rage, wo sie doch an so vielen anderen Stellen Gelder streichen und Projekte verschieben müssen. Geld für Brandschutz ausgeben zu müssen, ist für die Stadträte ungefähr so schön wie für die Privatperson der Totalschaden am Auto - bei fehlendem Vollkasko-Schutz.

Gerade das Vollkasko-Denken ist es aber, das den Brandschutz und seine Anforderungen immer weitere Blüten treiben lässt: Sollte auch nur ein einziger Mensch an einer Kirchheimer Schule durch einen Brandfall lebensbedrohliche Verletzungen davontragen, dann weiß hinterher jeder besser, was man vorher versäumt hat. Dann wird nicht nur nach Schuldigen gesucht, dann werden auch Schuldige gefunden - ob sie wirklich etwas dafür können oder nicht.

Verständlich also, dass die Verantwortlichen der Feuerwehr bei einer Brandschau auf jeden noch so kleinen Missstand hinweisen: Im Zweifelsfall müssten sie als Experten den Kopf dafür hinhalten, wenn an einem öffentlichen Gebäude der zweite Fluchtweg fehlt. Und wenn sie den Hinweis darauf geben, sollte der Bau so schnell wie möglich erfolgen. Feuer und Rauch warten ja nicht, bis die Stadt genügend Geld angespart hat.

Was bleibt den Ratsmitgliedern also übrig? Sie können sich täglich vom Murmeltier grüßen lassen und zuschauen, wie einer über das Kuckucksnest fliegt. Wenn sie zu diesem Zweck allerdings ins Kino gehen wollen, sollten sie sich dort nach dem zweiten Fluchtweg erkundigen. Andreas Volz