Seit Anfang des Jahres wird für den Landkreis Esslingen ein Integriertes Klimaschutzkonzept erstellt. Mit ihm sollen künftig Energieverbrauch und CO2-Emissionen deutlich gesenkt, Potenziale für erneuerbare Energien stärker genutzt sowie bereits bestehende Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt und langfristig möglichst vernetzt werden. Deshalb wird für jede beteiligte Stadt und Gemeinde eine Energie- und CO2-Bilanz erstellt, wie Dr. Marion Leuze-Mohr vom Landratsamt Esslingen berichtet.
Dazu wird lokal beispielsweise ermittelt, wie hoch die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch pro Kopf und privatem Haushalt ausfällt oder der Anteil von Fern- und Nahwärme am Gesamtwärmeverbrauch ist. Das Gutachten soll auch klären, in welchem Umfang erneuerbare Energien bereits genutzt werden und wo in den Kommunen weitere Potenziale für Solarthermie, Photovoltaik oder Windkraft liegen. Die Analyse wird also zeigen, welche lokalen Ressourcen vorhanden sind, um die landes- und bundespolitischen Klimaschutzziele bis 2025 und 2050 zu erreichen, wie Leuze-Mohr erklärt.
In den vergangenen Monaten haben Fachleute aus den 26 Kommunen in Workshops zu unterschiedlichen Themenfeldern, wie Ernährung und Konsum, Mobilität und Verkehr, Energieversorgung und erneuerbare Energien, Ideen gesammelt, die in das Konzept einfließen. Zentrales Thema ist dabei auch die Stadt- und Siedlungsentwicklung. Denn Böden sind CO2-Speicher. „Bodenschutz ist deshalb ein wichtiges Thema. Gerade in einem dicht besiedelten Raum wie dem Landkreis Esslingen“, sagt Marion Leuze-Mohr.
Das Kreisgebiet umfasst neben 534 127 Einwohnern über 641,54 Quadratkilometer Fläche. Davon entfallen 152,83 Quadratkilometer auf Siedlungs- und Verkehrsflächen, während rund 50 Prozent der Gesamtfläche Schutzgebiete sind. Leuze-Mohr räumt ein, dass die Schaffung von Gewerbeflächen und dringend benötigtem Wohnraum daher eine komplexe Aufgabe ist. Aber die Kommunen im Kreisgebiet seien bestrebt, den zukünftigen Flächenbedarf weitgehend durch die Nutzung von innerörtlichen, bereits erschlossenen Grundstücken und Gebäuden zu decken. Ein Beispiel dafür ist Owen, das beim Klimaschutzkonzept mitmacht und sich davon weitere Impulse für den lokalen Klimaschutz verspricht.
In der Stadt wird laut Bürgermeisterin Verena Grötzinger im Rahmen der Binnenentwicklung versucht, etwa durch die Ansiedlung von Gewerbe in der Kerngemeinde den Flächenverbrauch zu reduzieren. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass das Gewerbe dafür geeignet sei. Auch die Mehrfachnutzung von Gebäuden soll in Owen laut Grötzinger die Inanspruchnahme von Flächen und Ressourcen minimieren. Beispiel dafür ist das alte Notariat. Das Haus, das aktuell von der Schulkindbetreuung und Schulbücherei genutzt wird, wurde so umgebaut, dass sich bei einer möglichen Umstellung auf einen ganztägigen Grundschulbetrieb problemlos eine Mensa einrichten lässt.
Mit der Revitalisierung von Leer- und Altbeständen, in denen Rohstoffe und Energie stecken, werden gegenüber einem Neubau Ressourcen gespart und der CO2-Ausstoß reduziert, findet Claus-Peter Hutter. Die Nachverdichtung durch Nutzungsverdichtung innerhalb von Stadt- und Gemeindegrenzen ist für den Präsidenten der Umweltstiftung NatureLife International ein sinnvoller Beitrag zum lokalen Klimaschutz. Er betont aber, dass lokale Maßnahmen nur nachhaltig sind, wenn sie großräumig vernetzt werden. Integrierte Klimakonzepte allein genügten dazu nicht, wie Erfahrungen im Land zeigen würden: „Siedlungs- und Infrastrukturprojekte sollten daher nur noch bewilligt und bezuschusst werden, wenn ihnen Kreis- und Kommunalverwaltungen ein Konzept zugrunde legen, das Nachhaltigkeitsaspekte umfassend einbezieht.“ Marion Leuze-Mohr jedenfalls ist sich sicher, dass das Gutachten interkommunale Kooperationsmöglichkeiten eröffnet, mit denen sich Maßnahmeneffekte potenzieren lassen.