Kirchheim
Kontakt heißt nicht gleich Quarantäne

Corona Im Landkreis Esslingen steigt die Zahl der Infektionen an Schulen seit den Sommerferien langsam an. In den größeren Kommunen rund um die Teck gibt es zurzeit aber nur wenige Fälle. Von Bianca Lütz-Holoch

Die steigende Zahl von Corona-Fällen an Schulen sorgt deutschlandweit für Diskussionen - auch im Kreis Esslingen. „Seit Beginn der Sommerferien hat die Anzahl infizierter Schüler langsam zugenommen“, geht Andrea Wangner, Sprecherin des Landratsamts in Esslingen, auf die Entwicklung ein. Aber: „Kitas und Schulen gelten im Landkreis bisher nicht als Schwerpunkte des Infektionsgeschehens.“ Wie viele Schüler oder Klassen kreisweit in Quarantäne sind, lässt sich schwer sagen: Das Gesundheitsamt führt sie nicht mehr gesondert auf, sondern registriert lediglich gesammelt aktive Corona-Fälle in Schulen, Kindertagesstätten und ähnlichen Einrichtungen. Insgesamt waren das am Donnerstag 126.

Vergleichsweise ruhig ist es im Moment in Kirchheim, Weilheim und Lenningen. „Uns sind aktuell nur drei Fälle am Schlossgymnasium bekannt“, sagt Robert Berndt, Pressesprecher der Stadt Kirchheim. Drei Klassen wurden dort in Quarantäne geschickt . An den Weilheimer und Lenninger Schulen gibt es derzeit gar keine Corona-Fälle und somit auch keine Schüler in Quarantäne.

Insbesondere nach den Sommerferien waren der Stadt Kirchheim immer wieder einzelne positiv getestete Schüler gemeldet worden - an der Alleenschule, der Freihof-Grundschule, der Grundschule Nabern sowie der Eduard-Mörike-Schule in Ötlingen. „Die betroffenen Kinder sind mittlerweile aber alle wieder im Unterricht“, sagt Robert Berndt.

Seit die Maskenpflicht im Unterricht eingeführt wurde, gelten zudem neue Regeln in punkto Quarantäne. So wird nicht mehr automatisch eine ganze Klasse in Quarantäne geschickt, wenn ein Corona-Fall auftaucht. Dabei gilt grob gesagt: Je jünger die Kinder, desto größer wird der Kreis gezogen. „In Kindertageseinrichtungen und Grundschulen gehen in der Regel ganze Klassen in Quarantäne“, so Andrea Wangner. Ab der fünften Klasse werden Infizierte und Kontaktpersonen der Kategorie eins - also mit engem oder ungeschütztem Kontakt - nach individueller Bewertung in Quarantäne gestellt. „In oberen Klassenstufen können das zum Teil nur noch wenige Schüler sein, etwa Freunde oder Nebensitzer“, so Wangner. Der Rest, der nur kurz Kontakt hatte, im gut gelüfteten Klassenzimmer weit genug entfernt saß und - ebenso wie der Infizierte - immer eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen hat, fällt dann in die Kategorie zwei.

Schwammige Empfehlungen

Während die Anweisung für die erste Kategorie klar ist - nämlich Quarantäne - bleiben die Empfehlungen für die zweite Gruppe schwammig. Andrea Wangner stellt klar: Kinder, die vom Gesundheitsamt als Kontaktpersonen der Kategorie zwei eingestuft wurden, dürfen nicht nur weiter zur Schule gehen, sondern sich auch mit Freunden treffen und ihren Hobbys nachgehen.

Dem Kreisverband Esslingen-Nürtingen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gehen die Schutzmaßnahmen nicht weit genug. „Seit dem Schulstart nach den Herbstferien gelten massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens - nur die Schulen und Schulkindergärten sollen weiter arbeiten wie bisher“, kritisiert der GEW-Kreisvorsitzende David Warneck. „Verunsicherung und Ärger bei den Lehrkräften und Schulleitungen sind groß.“ Das habe sich deutlich in Online-Gesprächsangeboten der GEW mit den Lehrkräften im Kreisverband Esslingen-Nürtingen gezeigt. „Deshalb fordert die GEW: Abstand in den Unterrichtsräumen ermöglichen und auf Wechselunterricht umstellen“, so Warneck. Das sei die vordringlichste und wirksamste Schutzmaßnahme. „Und das sieht auch die aktuelle Empfehlung des RKI für die Pandemiestufe 3 vor.“

Der Vorschlag der GEW lautet: Spätestens ab Klasse sieben sollte der Unterricht mit halben Klassen, etwa im tageweisen Wechsel, vor Ort stattfinden. Die andere Hälfte erhält Aufgaben für den Zwischentag zu Hause. „Das Lernen mit kleinen Gruppen ist deutlich effektiver, die Mehrarbeit für die Lehrkräfte begrenzt“, legt Warneck die Vorteile dar. Bei älteren Schülern sei die Berufstätigkeit von Eltern nicht gefährdet. Wo es die digitale Ausstattung erlaube, so Warneck, sollte die halbe Klasse in der Schule und die andere Hälfte zu Hause an den digitalen Geräten am Unterricht teilnehmen. „Das RKI schlägt auch für Grundschulen Wechselunterricht vor“, stellt der Kreisvorsitzende klar. Dabei müsse der Betreuungsbedarf berücksichtigt werden.