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Kreistag streitet ums „Scool-Abo“

ÖPNV Der Kreis erhöht seinen Zuschuss im Schülerverkehr, will sich bei der Einführung eines Jahrestickets aber nicht festlegen. Freie Wähler, Grüne und SPD erzwingenTeilnahme an Förderprogramm. Von Bernd Köble

Die gute Nachricht für viele Eltern vorweg: Der Landkreis wird seinen Zuschuss zur Schülermonatskarte ab dem neuen Schuljahr um 3,50 Euro auf dann 15 Euro pro Ticket erhöhen. Dadurch sinkt der Eigenanteil der Eltern für das sogenannte Scool-Abo, das für Bus und Bahn im gesamten VVS-Netz gültig ist, von derzeit 43,20 Euro auf 41,15 Euro pro Monat. Ein längst überfälliger Schritt, so auch die einhellige Meinung im Esslinger Kreistag, der die Erhöhung am Donnerstag mit großer Mehrheit beschlossen hat. Schließlich ist der Kostenanteil des Landkreises im Schülerverkehr seit September 2014 unverändert.

Politisch Frieden herrscht beim Thema trotzdem nicht. Die Verwaltung sieht die Erhöhung des Zuschusses zwar nur als Zwischenschritt auf dem Weg zu einem 365-Euro-Jahresticket, wie es die Stadt Stuttgart bereits zu Beginn dieses Schuljahres eingeführt hat (siehe Info). Wie der Weg dorthin aussehen und - vor allem - wie lang er sein soll, darüber gehen die Meinungen der Fraktionen im Kreistag weit auseinander.

Die Verwaltung will in den kommenden drei Jahren entscheiden. Wenn in Stuttgart Praxiserfahrung gesammelt wurde und klar ist, welche langfristigen finanziellen Auswirkungen die Corona-Krise im Nahverkehr hat. CDU, FDP und AfD stützen den Kurs der Verwaltung. Anderen geht das alles nicht schnell genug. Die SPD hatte die sofortige Einführung des Tickets bereits im Dezember als Haushaltsantrag formuliert und dabei nur bei der Linken Unterstützung gefunden. Am Donnerstag fiel der Antrag im Kreistag erneut durch. „Wer den Umstieg will, muss den ÖPNV attraktiv machen, unterstreicht SPD-Fraktionschef Michael Medla die Forderung. Die Verwaltung, die einen solchen Schritt nur im Schulterschluss mit den Verbundpartnern für bezahlbar hält, kontert mit Zahlen: Ein Alleingang beim Jahresticket würde den Kreis dauerhaft knapp 2,4 Millionen Euro kosten. Für Landrat Heinz Eininger ist klar: „In der augenblicklichen Situation ist das völlig unvertretbar.“ Das sieht auch die CDU so. Nur ein einheitliches Vorgehen entfalte die erhoffte Netzwirkung, betont ihr Vorsitzender Sieghart Friz. Am Ende müsse es auch bezahlbar sein. Mit Blick auf die unklaren Folgekosten der Pandemie prophezeit er: „Corona wird der Euphorie Grenzen setzen.“

Bleibt noch ein anderer Weg, doch auch der sorgt für Ärger: Der Bund unterstützt Modellprojekte im ÖPNV mit 250 Millionen Euro, darunter auch Tarifmodelle wie das 365-Euro-Jahresticket. Verbundpartner wie der Rems-Murr-Kreis und der Kreis Böblingen hatten sich wegen der unklaren finanziellen Lage und aus Furcht vor den dauerhaften Folgekosten bereits gegen eine Bewerbung ausgesprochen. Im Esslinger Landratsamt sieht man es ähnlich, zumal das Förderprogramm „vielfach überzeichnet sei“, wie Landrat Heinz Eininger betont. Eine Aufnahme werde dadurch ohnehin sehr unwahrscheinlich.

Freie Wähler, Grüne und SPD sehen das anders. Als Chance, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Ihr gemeinsamer Antrag für eine Bewerbung fand im Kreistag eine knappe Mehrheit. Ein Schulterschluss auf die Schnelle, denn die Zeit drängt: Die Frist für die Bewerbung endet bereits am 29. März. FW-Fraktionschef Bernhard Richter nahm dies zum Anlass, eine Breitseite in Richtung Verwaltung abzufeuern. Weil man das Thema dort schleppend kommuniziert habe, seien mögliche Fördergelder aufs Spiel gesetzt worden. Ein Vorwurf, auf den Eininger empört reagierte. Das ganze Programm sei eine Mogelpackung. Eininger: „Ich bin nicht so dumm, dass ich Zuschüsse ausgehen lasse.“ Der Frust bei den Freien Wählern sitzt tief: Ihr bereits zuvor gestellter Antrag, Eltern die Ticketkosten für einen zusätzlichen Monat wegen der Pandemie freiwillig zurückzuerstatten, wurde zur Entscheidung zunächst zurück in den Ausschuss verwiesen.